Aoi Matsuri
Nicht so toll, wie erwartet.
Wie schon angesprochen, ich hatte mir von diesem Festival mehr erwartet. Da war ein riesiger Publikumsandrang, scharenweise sind Reisebusse angekommen, der ganze Park voll mit reservierten Sitzplätzen und Absperrungen, und dann war relativ wenig geboten, die sind da in alten Kostümen, die Frauen auch historisch geschminkt, an einem vorbei gelaufen, aber sonst ist nichts passiert. Fast tonlos, die meisten haben nur starr nach vorne geschaut, keine Musik, kein gar nichts, außer im Kaiserpark noch ein paar wenige Erklärungen, sogar auch auf englisch (die Ansagen vorher, was man alles nicht tun darf und was verboten ist, waren umfangreicher), mit einer Ausnahme: Es fuhren zwei entsetzlich quietschende große Wagen vorbei, deren Quietschen man im Park sogar über Lautsprecher übertrug. Ich glaube, ich habe die auf Video, muss ich aber erst suchen. Und wenn ich das richtig verstanden habe (worin ich mir nicht sicher bin), nahm man dieses Quietschen (was eigentlich nur von schlecht geschmierten, archaischen Achsen kam, also eigentlich ein technischer Mangel ist) als Zeichen dafür, dass jetzt die Hoheit vorbei kommt, was gegenüber dem Schweigen der anderen natürlich herausstach und erklärte, warum man das Quietschen sogar über die Lautsprecher übertragen hat.
Letztlich kam man im Park gar nicht zum Fotografieren, weil alles zugestellt mit Sitzplätzen. Ich hatte mir an einem Durchgang eine wunderbare Stele herausgesucht, an der ich unverbaut ganz vorne dran gewesen wäre, kurze Distanz, perfekt für Aufnahmen, mir das aber durch das Malheur mit der Speicherkarte selbst vermurkst.
Ich habe mich dann gerettet, indem ich auf einen kleinen Hügel gestiegen bin, der so steil war, dass da niemand hin wollte, und habe mich auf eine Baumwurzel gesetzt, aber dafür war dann das Objektiv nicht tele genug. Ich hätte ein anderes Objektiv mitnehmen sollen, aber hinterher ist man immer schlauer. Im Prinzip hätte man gar nicht fotografieren sollen, sondern das ganze Ding erst mal beobachten und ausbaldowern, wo man sich aufbaut und hinstellt, um die beste Position zu bekommen. Vielleicht gibt es später oder bei den Ziel-Schreinen eine besser Gelegenheit, und beim nächsten Mal weiß man es dann. Dann setzt man sich rechtzeitig mit Klappstuhl, Sonnenschirm und Wasserflasche rechtzeitig irgendwohin und macht es dann. Das ist halt das Problem, wenn man vorher nicht genau genug weiß, was einen da eigentlich erwartet.
Letztlich aber ist das so wie Faschingsumzug fotografieren: Eigentlich ist es für die Katz’. Das sind so Erinnerungsbilder, die man nie wieder anschaut, und die über etwas aktuelle Berichterstattung hinaus eigentlich wertlos sind. Um die Bilder überhaupt verwenden zu können, müsste ich sie – das Objektiv war dafür zu kurz, ich hatte mir das anders vorgestellt und lieber das mit der großen Blende mitgenommen statt das Tele, andererseits habe ich für Videos die kurze Brennweite auch gebraucht – erst noch zurechtschneiden, was ich jetzt aus Zeitgründen unterwegs auch nicht kann. Und weil man als Hintergrund entweder Besucher auf Stühlen und als Vordergrund Köpfe mit Hüten hat, oder in der Stadt als Hintergrund Stadtbusse, Rettungswagen, Passanten, bekommt man da auch überhaupt keine schönen, sondern höchsten dokumentarische Fotos hin. Hätte man die Leute vor dem Hintergrund der Palastmauer oder mit dem Palast im Hintergrund fotografieren können, wäre das ein Brüller geworden. Das einzige Foto, was mir da wirklich gefällt, ist das erste von den drei Frauen – die aber gehörten nicht zum Umzug, sondern waren drei Zuschauerinnen, die sich eben auch klassisch verkleidet hatten und sich auf Anfrage auch fotogafieren ließen. Die hatten da offenbar Übung, denn die (vor allem die Grauhaarige) haben ihren Kimono so richtig schön und mit Würde getragen, hatten die richtige Haltung dazu, und gaben – leider auch im Getümmel und beschäftigt – eigentlich ein besseres Motiv als der ganze Umzug ab. Beim Umzug machte es nämlich den Eindruck, als hätten die gar nicht alle Lust dazu, so mürrisch und starr wie einige dreinblickten. Und das, obwohl man – sicherlich historisch nicht ganz korrekt – die Körbe, die man auf der Schulter zu tragen hatte, leer waren, und man unter einige Dinge, die nicht leichter zu machen waren und von zwei Trägern auf der Schulter zu tragen gewesen wären, unauffällig Rollen gemacht hatte, sie sie also rollten statt trugen. Vielleicht gehört das historisch aber auch einfach dazu, nur mürrisch geradeaus zu blicken, wenn der Hofstaat vorbei kommt.
Ich hatte mir das anders vorgestellt und mir davon auch mehr versprochen.