Ansichten eines Informatikers

Hubertus Heils Mindestlohnmilchmädchenrechnung

Hadmut
9.9.2024 17:26

Ein Personalvermittler und Zeitarbeitsdienstleister, also jemand, der sich mit Löhnen auskennt, schreibt mir zum Mindestlohnartikel von vorhin

Ja, ich kenne den Ruf unserer Branche, tw. zurecht, tw. nicht. Fakt ist: ohne uns würde es viel Wertschöpfung in Deutschland nicht mehr geben, weil nicht jedes Unternehmen über unsere Recruitingmöglichkeiten verfügt.

Spezifisch zum Artikel… ein einfacher Merksatz in unserer Branche ist: Stundenverrechnungssatz = Tarifentgelt * Faktor 2 (mindestens Faktor 1,7, darunter “kaufen” sie Marktanteile oder sind mega-effizient oder bescheißen ihre Mitarbeiter) + ggf. Nebenkosten wie Auslösen…

Aber unabhängig von unserer Branche… aus meiner Sicht gilt für alle Branchen:

Die dahinter stehende Kalkulation ist recht einfach… Als Arbeitgeber bezahlen sie immer 260 Tage im Jahr. Davon ab Urlaubstage (30), Kranktage (im Schnitt 20 lt. DAK Studie, aber das ist ein eigener Artikel), Feiertage (10), Fortbildung (5) bleiben 195 Produktivtage… dass die nicht alle 100% produktiv sein können, ist wohl auch klar.

D.h., um einen ungelernten Mitarbeiter 15,27 Euro/Stunde zahlen zu können, muss Ihnen die Produktivstunde (bei 100% Produktivität) schonmal 24,84 Euro “wert” sein – nur Lohn und Sozialversicherung. Dazu dann noch: Unfallversicherung, Schwerbehindertenabgabe (und wenn sie gar keinen beschäftigen, dann natürlich doppelt), Versicherungen, Arbeitskleidung, Umlage Gemeinkosten (Personalverwaltung, Abrechnung,…), ggf. Nebenkosten.

Sie dürfen also davon ausgehen, dass sie in einer Vollkostenrechnung ganz locker auf deutlich über 30 Euro / Stunde kommen… Da ist dann die Branche auch egal.

Wenn sie dann gut sind, schaffen sie es sogar noch, einen Gewinnanteil mit reinzupacken, bevor die Kunden sich beschweren, wie teuer alles ist.

Deshalb kostet heute auch die Gesellenstunde ca. Faktor drei bis sechs auf das Gesellengehalt, d.h. damit sich ein Mitarbeiter eine Stunde “Fremdleistung” privat einkaufen kann, muss er vorher drei bis sechs
Stunden arbeiten.

Und dass es den Politikern schon lange nicht mehr um “muss vom Mindestlohn leben können” geht, hat ein sächsischer Gewerkschafter mal verlautbaren lassen… der wollte die Erhöhung für Sozialabgaben und Steuern… (muss mal das Zitat suchen)

Ja.

Eigentlich nämlich heißt das alles nichts anderes, dass die Löhne völlig von der Leistung abgekoppelt werden und wir ein sozialistisches Einheitsgehalt bekommen, das bei Unterschreitung aufgefüllt und bei Überschreitung abgegriffen wird.

Unsere Staatsquote, also der Anteil, der von Leistungen dann an den Staat fällt, ist einfach viel zu hoch.