Ansichten eines Informatikers

Negative Schaltsekunden durch Klimaerwärmung

Hadmut
29.3.2024 0:20

Noch ein Fundamentalproblem.

Wir haben ja immer wieder mal Schalttage, gerade ist ja wieder Schaltjahr und neulich hatten wir den 29. Februar, aber nur wenige haben verstanden, warum wir den Schalttag überhaupt brauchen, nämlich weil die Umlaufzeit der Erde um die Sonne kein exaktes ganzzahliges Vielfaches der Erdrotation um sich selbst (=1 Tag) ist, sondern nahezu 365 und ein viertel Tag. Deshalb kommt man nahe dran, wenn man jedes vierte Jahr einen Tag zugibt.

Das ist aber dann zuviel des Guten, denn die Umlaufzeit ist nicht 365 Tage und 6 Stunden, sondern 365 Tage, 5 Stunden, 48 Minuten und 46 Sekunden. Deshalb wäre es etwas zuviel. Deshalb lässt man den Schalttag aus, wenn das Jahr durch Hundert teilbar ist, aber nicht, wenn es auch durch Vierhundert teilbar ist. Deshalb war 1900 kein Schaltjahr, und wird auch 2100 keines sein, aber 2000 war eines. Das ist im Prinzip so ein Kettenbruch, mit dem man sich der tatsächlichen Umlaufzeit annähert, damit sich die Jahreszeiten nicht gegenüber dem Kalender verschieben. Das hatte man nämlich mit den ersten Kalendern, die noch keinen Schalttag kannten.

So ähnlich ist das mit der Schaltsekunde, weil die Erdrotation um sich selbst nicht exakt 24*60*60 =86.400 Sekunden lang ist. Das mag verblüffen, denn eigentlich war doch die Sekunden genau so definiert, weil der Tag 24 Stunden und die Stunde 3600 Sekunden hat, also müsste doch die Umdrehung genau 86.400 Sekunden lang sein, weil die Sekunde so definiert ist, und nicht wie bei Tag-Jahr vorgegeben ist. Das Problem ist, dass die Erdrotation nicht konstant ist. Die eiert etwas.

Außerdem ist die Sekunde inzwischen nicht mehr als Bruchteil des Tages definiert, sondern anhand der Atomuhr, und deshalb geht die Erde gegenüber der nun willkürlichen Definition der Sekunde falsch.

Während aber der Schalttag einen guten Grund hat, nämlich zu verhindern , dass der Winter in den April rutscht, wie man das schon mal hatte, gibt es für die Schaltsekunde keinen so ernsthaften Grund außer der Haarspalterei, denn es wäre schnurzpiepegal, wenn die Uhrzeit gegenüber der Rotation um 5 oder 10 Sekunden falsch ginge. Zwar wäre dann Mitternacht auch irgendwann um 8 Uhr morgens, aber das ist so gering, dass es sehr lange dauert und es einfacher wäre, irgendwann mal eine Schaltminute einzulegen.

Das Problem ist nämlich, dass – im Gegensatz zum Schalttag – die Korrektur nicht lange vorhersagbar ist, und man dann relativ kurzfristig alle Computersysteme aktualisieren müsste, weil Computer die schon lange in Sekunden zählen, und die bei Bedarf in Datum, Stunde, Minute umrechnen. Wenn die also mal wieder entscheiden, dass man jetzt eine Schaltsekunde bräuchte, müsste man alle Software aktualisieren, was effektiv nicht geht. Besser wäre es, zu beschließen, dass man in 100 Jahren eine Schaltminute einlegt, und den Fehler bis dahin aushält, weil man bis dahin sowieso alle Software neu schreibt und das dann berücksichtigen kann.

Aber nein, sie haben festgestellt, dass die Klimaerwärmung über das Abschmelzen von Gletschern die Rotation verändert.

Der Standard:

Doch nun könnte ein neues Problem auftreten, wie eine Studie im Fachjournal “Nature” nahelegt. Eigentlich wäre im Jahr 2026 eine weitere Schaltsekunde fällig gewesen. Diesmal hätte es eine negative Schaltsekunde sein sollen, dadurch verursacht, dass der Erdkern gegenüber den festen äußeren Schichten inklusive der Kruste schneller rotiert und die Rotation des von außen sichtbaren Teils der Erde beschleunigt. Damit verlangsamt sich die Erdrotation zwar insgesamt weiterhin, doch diese Verlangsamung wird schwächer, was im bisher gewählten Maß für die Sekunde nicht berücksichtigt ist.

So weit, so komplex. Die Modellrechnungen des Geophysikers Duncan Agnew von der University of California in San Diego zeigen nun allerdings, dass die Anpassung erst drei Jahre später fällig sein dürfte als bisher angenommen. Grund dafür ist das Abschmelzen der Gletscher Grönlands und der Antarktis. Das abschmelzende Wasser verlangsamt die Rotation und gleicht den Effekt des Erdkerns zum Teil aus.

Das nun verstehe ich nicht. Denn wenn die Gletscher abschmelzen, bewegt sich ja die Masse Richtung Erdkern, und dann müsste die Erde dadurch schneller und nicht langsamer werden, um den Drehimpuls zu erhalten. Physikunterricht, das Experiment mit dem Drehschemel und den Hanteln.

Ich persönlich würde eher die Frage stellen, ob die Klimaerwärmung nicht zur Ausdehnung der Meere und der Atmosphäre führt, die Erde damit größer, und deshalb langsamer wird.

Egal.

Sie werden die Computerwelt schon heftig durcheinander bringen, um die Klimaerwärmung entsprechend zu würdigen und jeden daran zu erinnern. Schon deshalb. Eigentlich wäre es sowas von scheißegal, ob man die Schaltsekunde in drei Jahren ausführt oder ausfallen lässt, denn am besten macht man gar nichts und lässt die Software so laufen, wie sie gerade ist, weil nicht die Erdrotation, sondern der Softwareaufwand das Problem ist, aber wir brauchen ja das Klimadrama.