Ansichten eines Informatikers

Vom subtilen Unterschied zwischen Öltankern und schwarzen Fregatten

Hadmut
28.3.2024 23:46

Auch das noch.

Einige Leser schrieben mir, in unterschiedlichen Tonarten, ich hätte keine Ahnung von Schiffen und möge künftig davon absehen, mich zu diesem Thema zu äußern. Weil ich doch geschrieben hatte, dass man die Francis Scott Key Bridge in Baltimore nicht habe gegen Kollisionen so großer Schiffe schützen können, weil die Schiffe damals so groß nicht waren.

Das brachte mir heftige Schelte ein, ob ich denn nicht wüsste, dass es auch damals schon große Tankschiffe in dieser Gewichtsklasse gab.

Stimmt, an die Tankschiffe habe ich nicht gedacht.

Aber kommen die im Hafen von Baltimore überhaupt vor?

Denn soweit ich weiß fahren Tankschiffe wegen der Explosionsgefahr nicht in normale Häfen, sondern haben besondere Terminals, die oft sogar außerhalb der Häfen auf dem Meer liegen und nur durch Rohrleitungen verbunden sind. Meines Wissens ist Baltimore ein Frachthafen und kein Ölhafen. Wikipedia:

Im Hafen werden Stückgut, Schüttgut und Container umgeschlagen. Im Jahr 2023 wurden hier 33,5 Millionen Tonnen (37 Millionen tn. sh.) umgeschlagen. Damit lag er 2023 auf Rang 18 innerhalb der Vereinigten Staaten.[8] Außerdem ist er ein Passagierhafen, vor allem für Kreuzfahrtschiffe.

[…]

Vom Hafen aus werden zudem Kohle, Ölprodukte und Flüssiggas in geringen Mengen exportiert.[2] Der LNG Hauptexporthub von Maryland liegt 60km südlich vor Cave Point in der Chesapeake Bay.

Ölprodukte in geringen Mengen. Exportiert LNG-Hub. Die Tankschiffe fahren gar nicht bis nach Baltimore, sondern halten viel früher in der Mündung, 60 km weiter südlich. Und wenn man sich das anschaut, ist das auch sinnvoll, denn warum sollte man Öl und Gas mitten im Hafen der City be- und entladen, statt außerhalb, wenn das Zeug doch ohnehin durch Rohre transportiert wird?

Davon ganz abgesehen:

Was sollte so ein Riesen-Tanker da überhaupt? Die Tanker wurden gebaut, um Öl aus dem nahen Osten und teils auch Südamerika heranzuschaffen. Die USA fördern Öl aber selbst. Warum sollten die Öl mit so riesigen Tankern importieren, und das dann durch die Innenstadt von Baltimore pumpen? Viel zu gefährlich.

Außerdem – finde es gerade nicht auf Anhieb – irgendwo etwas gelesen, dass die Pfeiler durchaus gegen Kollisionen geschützt waren, nämlich unter Wasser durch künstliche Sandbänke auf die ein Schiff auflaufen sollte, sogenannte „dolphins“, die nur eben nicht für Schiffe dieser Größe ausgelegt waren. Was deutlich belegt, dass man sich damals durchaus Gedanken gemacht hatte, wie man die Brücke vor Kollisionen schützt, nur eben nicht in der Erwartung solcher Schiffe.

Wer also meint, dass ich zu doof bin, mich zu Schiffen zu äußern, weil ich im Zusammenhang mit dieser Brücke nicht an die Öltanker der 60er Jahre gedacht habe, der sollte mir dann mal erklären, was ein solcher Öltanker im Hafen von Baltimore zu suchen hätte und warum die damals, 1970, damit hätten rechnen sollen, dass so Öltanker in die Innenstadt von Baltimore fährt. Der müsste sich da schon ziemlich verfahren haben.

Zwar habe ich im Hafen von Baltimore innerhalb des Bereichs hinter der nun versenkten Brücke tatsächlich eine Ölraffinerie gefunden, Origin Americas, aber soweit ich bisher eruieren konnte, gab es die beim Bau der Brücke noch nicht, und die stellen angeblich keine Treibstoffe, sondern Motoröl und Schmierstoffe her, dienen damit wohl eher der Befüllung von Fracht- und Passagierschiffen als dem Befüllen oder Entleeren großer Öltanker.

Wer also meint, dass ich so gar keine Ahnung hätte, was ja durchaus möglich, aber eben zu belegen wäre, der müsste mir dann schon mal erklären, was so ein riesiger Öltanker im Innenstadthafen von Baltimore zu suchen hätte, und das während der Planungsphase der Brücke um 1970.

Viel interessanter ist da die Frage, die inzwischen aufkommt, ob die Regierung von Maryland versagt hat, weil sie sich nur noch um LBQT-, Queer-, Schwarzen- und DEI-Kram gekümmert hat, statt den Hafen auf einen neuen Stand zu bringen.

Ich hatte nämlich noch einen Link auf einen Artikel bei Zerohedge Baltimore ” conservatives “should be afraid” of the consequences of calling him the ‘DEI Mayor’ and that his “purpose in life” was to make them uncomfortable.”, den es aber nicht mehr zu geben scheint.

Dafür ist er wohl hier noch zu finden, und dazu dieses Video, in dem sich eine Fregatte darüber aufregt, dass dort jetzt die Frage aufgeworfen wird, ob die DEI-orientierte Regierung den Unfall verschuldet hat, weil sie sich nicht um die Infrastruktur kümmerte und den Hafen nicht an heutige Schiffsgrößen angepasst hat, und dazu den Bürgermeister von Baltimore, Brandon M. Scott, interviewt:

Denn der, siehe obigen Link, hatte ja als zentrales Thema „Equity“ und Gewaltbekämpfung, also den ganzen Sozialkram, und sieht sich nun enormen Vorwürfen ausgesetzt, sich nicht um die Infrastruktur gekümmert zu haben.

Leute, es ist völlig nutzlos und unsinnig, sich von einem deutschen Sofa aus Verschwörungstheorien zusammenzureimen, die der Grundlage entbehren, über etwas, was wir von hier aus sowieso nicht beeinflussen können.

Es ist viel interessanter und lustiger, denen jetzt zuzusehen, wie sie sich gegenseitig zerfleischen. Es ist eigentlich völlig egal, warum die Brücke eingestürzt ist.