Ansichten eines Informatikers

Noch ein Flüchtling

Hadmut
13.3.2024 21:09

Ich habe mich die Tage mit jemandem unterhalten.

Auf Zypern. Ging um was in einem anderen Zusammenhang.

Plötzlich sprach er Deutsch mit mir. Was auf Zypern sehr ungewöhnlich ist.

Ich erstaunt: „Sie sprechen aber sehr gut Deutsch.“

Er: „Ja, ich bin Schweizer.“

Von wegen Traumland Schweiz.

Er sagte, er habe da nicht mehr leben können. Was einem da alles an Mieten, Kosten, Abgaben und Steuern aufgebrummt werde, wofür sie alles was haben wollen, wie hoch die Lebenshaltungskosten wären, soviel hätte er da gar nicht arbeiten können, dass es gereicht hätte. Auf Zypern verdiene er zwar deutlich weniger als in der Schweiz, könne davon aber viel besser leben.

Man tut gerne so, als sei die Schweiz die Insel der Glückseeligen, die kauzige Insel des Prosperierens, des besseren Herangehens an alles, das Land des Käsefondues und des Besserkönnens.

Das scheint aber so auch nicht zu stimmen. Ich war vor 12 Jahren mal kurz in der Schweiz, weil ich ein Job-Angebot hatte, das auf den ersten Blick wie das ultimative Traumgehalt aussah. Sich aber doch sehr drastisch relativierte, wenn man die Preise dort sah. Und von dem einen Tag dort haben mir bei den Preisen schon die Ohren geschlackert. Ich stand fassungslos vor einer Pizzeria und habe die Preise gesehen. Und so weiter. Auf dem Rückweg habe ich in einem Einkaufszentrum angehalten, um etwas zu essen, und bin spaßhalber mal durch IKEA gelaufen, weil ich kurz vorher bei IKEA in München war und einige Preise im Kopf hatte. Ungefähr alles doppelt so teuer. Getankt habe ich dann in Österreich, das war erheblich billiger. Letztlich wurde auch nichts daraus, weil gerade wieder irgendwo ein Deutscher eine CD mit Finanzdaten an das deutsche Finanzamt verkauft hat und man die Parole ausgegeben hatte, keine Deutschen auf IT-Posten in der Finanzbranche mehr zu lassen, und damit war es dann aus mit dem eigentlich schon eingetüteten Stellenangebot. Die Preise dort haben mich aber nachhaltig traumatisiert.

Hinterher habe ich mir dann überlegt, ob der Posten und das Gehalt vielleicht gar nicht so schön waren, wie das aussah, sondern die Gehaltsklasse einfach nur erforderlich. Naja, dachte ich mir, vielleicht ist das dort gar nicht so schlimm, relativ zum Gehalt gesehen, vielleicht wirkt das auf uns Deutsche nur wegen des schlechten Wechselkurses alles so teuer. Denn immerhin gelten Schweizer Städte, vor allem Zürich, ja als solche mit der weltweit höchsten Lebensqualität. (Ich war auch mal in Genf, das hat mich aber nicht so aus den Socken gehauen, das war nicht so mein Ding.) Das wären sie ja nicht, wenn man sich die Lebensqualität dort nicht auch leisten könnte. Irgendwie müssen die Leute dort ja zufrieden sein, wenn sie es für Lebensqualität halten.

Anscheinend ist das nun aber doch nicht so. Anscheinend läuft die ach so hoch gelobte Schweiz da auch gerade auf Grund, wenn die Schweizer das Land verlassen. Gut, das war jetzt nur einer, keine belastbare Stichprobe, aber was er sagte, war schon überzeugend begründet. Das war ja keine statistische Beobachtung, sondern eine qualitative Beschreibung.

Normalerweise wollen alle in die Schweiz, weil es dort wirtschaftlich so gut laufe. Offenbar gibt es aber Wirtschaftsflüchtlinge aus der Schweiz.

Mal sehen, wie das mit der Schweiz weiter laufen wird.

Könnte die womöglich irgendwann implodieren?