Ansichten eines Informatikers

Vom Abhören

Hadmut
1.3.2024 23:11

Ich fass’ es ja nicht.

Es geht doch gerade die Nummer rum, dass die Russen einen Mitschnitt einer Telefonkonferenz von vier hohen Bundeswehroffizieren haben, in dem die sich darüber unterhalten, wie der Marschflugkörper Taurus in der Ukraine eingesetzt werden könnte.

Könnte natürlich Fake sein oder auch eine raffiniert untergeschobene Falschinformation, hört sich aber sehr echt an (was bei einem Fake und einer untergejubelten Falschinformation auch so wäre).

Nehmen wir mal an, das wäre echt: Könnte man daraus schlussfolgern, dass sie so doof wären, dass man fragen würde, wie doof die eigentlich sind?

Das Fachblatt für Verschlüsselungswesen und Geheimpraktiken, die BILD: Unfassbare Bundeswehr-Panne – Russen hören Geheim-Gespräch deutscher Generäle ab

Woher kommt der Mitschnitt?

Unklar. Einer der Offiziere, der die Konferenz startet, hält sich zu Zeitpunkt des Gesprächs in einem Hotel in Singapur auf. Denkbar ist etwa, dass sein Zimmer verwanzt wurde, sein Telefon kompromittiert wurde oder er sich über ein ungesichertes WLAN-Netzwerk einwählte.

Da schwätzt die BILD jetzt auch Mist. Alle haben sie immer Angst vor „ungesicherten WLAN-Netzwerken“. Das ist Bullshit, denn das ganze Internet ist unsicher. Da kommt es auf ein ungesichertes WLAN auch nicht an, denn die Verbindung müsste so verschlüsselt sein, dass das gar keine Rolle spielt.

Das könnte zwar sein, dass das Zimmer verwanzt war, denn das würde erklären, warum man den, der sagt, dass er in Singapur ist, besser hört als die anderen, es würde aber bedeuten, dass der da auf Lautsprechen war. Und in einem fremden Land und einem fremden Hotel auf Lautsprechen zu stellen ist eigentlich schon No-Go. Da müsste man eigentlich schon Ohrhörer verwenden, mit denen nur derjenige selbst hören kann, was geht.

Man könnte zwar auf den Gedanken kommen, dass die da eine ordinäre Telefonkonferenz verwenden und keine Geheimhaltung betreiben, denn man hört zwischendrin mal eine Tonwahl. Das würde nicht zur Annahme passen, dass die eine Telefonkonferenzsoftware auf dem Notebook verwendet haben, obwohl man ja eigentlich den Verdacht haben könnte, dass die einfach Zoom oder sowas verwendet haben.

Man könnte sich natürlich die Frage stellen, ob es auf Singapur gar nicht ankommt, der vielleicht einfach nur das beste Telefon hat, und die die Telefonvermittlung mit der Konferenzsoftware gehackt haben.

Aber irgendwie ist das alles sehr grausig. Das stinkt irgendwie alles nach nicht verteidigungsfähig.

Das muss man mal ganz klar sagen: Vor 80 bis 120 Jahren im ersten und zweiten Weltkrieg haben die sich sehr viel mehr Mühe gegeben, alles geheim zu halten, als die heute, obwohl es heute viel mehr Abhörmöglichkeiten und weit gefährlichere Technik gibt. Wenn das Telefonat echt und kein Fake ist, dann ist das unfassbar, wie fahrlässig die da umgehen.

Ich kann mich noch erinnern, dass das selbst zur Zeit meines Grundwehrdienstes befohlen war, dass man zu Fahrten in feindliche Länder wie die DDR gar nichts mitnehmen darf, woran man erkennen könne, dass man bei der Bundeswehr ist, keinen Ausweis, keine Uniform- oder Ausrüstungsgegenstände, nichts.

Es ging damals zur Abschreckung die Anekdote herum, dass einer zum Familienbesuch in der DDR war, wirklich nichts dabei hatte, und ihm der DDR-Grenzer beim Verlassen der DDR ein „gute Fahrt, Herr Oberfeldwebel“ wünschte, und der verblüfft antwortete, dass er nur Feldwebel sei. Als er aber nach Hause kam, fand er seine Beförderung zum Oberfeldwebel im Briefkasten. Allerdings könnte das auch Zufall gewesen sein und die Anrede mit dem bewusst falschen Dienstgrad eine Finte gewesen sein, um den anderen zur Reaktion zu provozieren, bevor er nachdenkt.

Wie dem auch sei: Vor über 80 Jahren waren sie weit besser in der Geheimhaltung.