Ansichten eines Informatikers

Der Versklavungseffekt

Hadmut
14.7.2023 13:45

Interessanter Hinweis eines Lesers.

Die Soziologen und Kulturwissenschaftler hätten alle miteinander ein wichtiges Detail übersehen:

Die 2. Generation, anders als die erste, ist ja rassisch falsch geographisch nicht aus freiem Willen.

Das ist so eine Art Rassenvergewaltigung.

Das ist ein wichtiger Punkt.

Ich kann mich noch gut an die Ankunft der ersten Generation erinnern, wir hatten so um 1969/70/71 in einem alten Haus mit Weltkriegsschaden (im Dach konnte man noch sehen, wo die Fliegerbombe eingeschlagen war und man es danach repariert hatte) und in einem nicht mehr so ganz vermietungsfähigen Zustand (was man damals noch nicht so eng sah, weil vieles noch Weltkriegsschäden hatte und der Krieg ja gerade mal 25 Jahre her war) der Wohnung an eine Großfamilie türkischer Gastarbeiter vermietet. Die Verständigung war sehr schwer und eher pantomimisch, aber es waren fleißige, nette, genügsame Leute, und ich fand das als Kind immer so beeindruckend, wenn die wieder mal aus der Türkei mit ihrem Ford Transit (himmelblau) mit den markant-barocken Frontleuchten und dem großen Kühlergrill kamen, bis unter die Decke und obendrauf der riesige Dachgepäckträger hochgetürmt voller Zeugs, Frauen, Kinder, alles drin und dran. Ich habe da als Kind immer gestaunt.

Das waren Leute, die wollten das so haben.

Ich kenne auch Leute, habe einen Kumpel, und hatte damals auch einen Flurgenossen im Studentenwohnheim, die aus der eineinhalbten Generation kamen, also noch in der Türkei geboren, aber als kleines Kind hierher gekommen, so meine Generation, damals so alt, als ich da stand und den Ford Transit bestaunte. Obwohl mich der Kumpel jedes Mal, wenn ich „Ford Transit“ sage, korrigiert, dass damals der VW-Bus das Fahrzeug der Wahl zum Pendelverkehr Türkei-Deutschland gewesen sei. Mich aber hat der himmelblaue Ford Transit so beeindruckt. Ich kannte als Kind keinen PKW dieser Riesigkeit. Und wieviel da rein und drauf passte.

Was mir aber auffiel: Auch diese Generation, die als Kind von den Eltern in ein Auto – welcher Marke auch immer – gesteckt und nach Deutschland gefahren wurde, die das aktiv miterlebt hat, lebt da drin, erzählt das gerne, erzählt das auch heute noch. So ähnlich, wie ich nur ein Jahr bei der Bundeswehr war, aber jahrelang davon erzählt habe. Es sind so erste große Erlebnisse im Leben, die sich einprägen. Lange hat man sich über Leute lustig gemacht, wie – wie mein Opa – immer wieder vom Krieg erzählten. Ihr kennt ja den Spruch „Opa erzählt wieder vom Krieg“.

Dadurch aber ist das als erlebte Sache, als erlebte Reise, an der man aktiv teilgenommen hat, im Kopf angekommen. Es gibt das Bewußtsein „Wir sind selbst von der Türkei nach Deutschland gefahren“. Damit wird das zum Ergebnis eigenen Handelns, eigenen Willens. Und ich hatte ja auch schon geschrieben, dass mir bei den Türkischstämmigen (die sich gerne Deutschtürken kennen, während ich sie eher als Türkdeutsche bezeichnen würde) aufgefallen ist, dass die ersten zwei Generation, die diese Reise noch miterlebt haben, sie hier prima eingelebt und in die Gesellschaft integriert haben, wohl und zuhause fühlen, obwohl nicht hier geboren. Und was mir auch immer wieder auffiel: Diejenigen, die als Kinder herkamen, haben Deutsch zwar eigentlich nicht als Muttersprache, sondern erst als zweite Sprache gelernt, aber sprechen perfekt und normal Muttersprachlerdeutsch. Ich kann mich noch erinnern, als ich im Studentenwohnheim mal mit dem Bayern und dem Türken gekocht und den Witz losgelassen habe, was der Unterschied zwischen Türken und Bayern wäre. Der Bayer gluckste in Erwartung, der Türke: Nee, nicht schon wieder einen Türkenwitz. Ich: Die Türken sprechen besser deutsch! Ist kein Türkenwitz, ist ein Bayernwitz. Der Türke schüttete sich aus vor Lachen. Im Ernst: Diese Generation, die damals hier in die Schule kam und dann so vielleicht der einzige Türke in der Klasse war, die sprechen alle perfekt und normal Deutsch mit allem drum und dran. Die sind deutscher als deutsch. Ich habe meinem Kumpel schon sagen müssen, dass er kein Türke ist, sondern ein Deutscher, der türkisch kann.

Und dann klappte das um.

Dann hatte man Leute, die hier in Deutschland geboren sind, die dann aber hier ein türkischstämmiges Umfeld, eine Clique fanden, und eben nicht mehr der einzige Türke in der Klasse waren, dem gar nichts anderes übrig blieb, als sich zu integrieren und für deutsch zu halten. Es entwickelte sich eine türkische Community, und damit ein Zerfall der Gesellschaft in verschiedene Untergesellschaften, und einem integrationswidrigen Konformitäts-/Rudeldruck zugunsten einer (eigentlich pseudo-)türkischen Community, die sich immer mehr abgrenzte und gegen die Gesellschaft stellte, weil sie sich diskriminiert fühlte, aber eigentlich nur selbst ausgrenzte.

Das waren Leute, die sich im falschen Land geboren fühlten, die dann – was überaus seltsam ist – nicht mehr gut Deutsch lernten, weil sie sich bevorzugt in einer türkischen, deutschablehnenden Community aufhielten und in einen gewissen Fatalismus abglitten. Richtig wäre gewesen, den Leuten zu sagen, dass sie sich jetzt mal zwischen der Türkei und Deutschland entscheiden müssen, einfach um im Hirn mal zu verankern „Du hast dich selbst so entschieden, es ist Deine Wahl“, aber das ging dann auch nicht, weil – wie mir berichtet wurde – Deutschtürken mit ihrem deutschen Akzent und nicht 100%-igem Türkisch dort auch nicht mehr voll akzeptiert würden. Die sitzen zwischen zwei Stühlen. Zwar gibt es inzwischen viele, denen Deutschland stinkt, und die in der Türkei vieles einfacher, besser finden, aber viele sind dann auch einfach mit der politischen Situation nicht zufrieden. In die Türkei wollen sie nicht mehr, in Deutschland halten sie es nicht mehr aus.

Und das geht schief. Das brennt an.

Das haben die Soziologen völlig vermurkst.

Ich kann mich erinnern, dass ich als Kind auf Sprachreisen in England war. Immer nur 3 Wochen, die Osterferien. So ein ganzes Auslandsjahr gab es damals noch nicht, was schade ist, das wäre wirklich toll gewesen. Der Witz daran war aber, dass man in eine englische Gastfamilie gezwungen wurde, und drei Wochen englisch sprechen musste. Weil die Sprachschule sagte, so und nur so lernt man es.

Deshalb funktioniert Integration nur dann reibungslos, wenn man so alleine ist, dass man sich integrieren muss. Das einzige Kind in der Klasse. Das ist hart, aber es funktioniert. 5 Türken/Fremde/wer-auch-immer in einer Klasse ist schon schwierig, und 10 Türken geht gar nicht mehr, weil die eben eine eigene Clique bilden, sich also nicht nur nicht mehr integrieren müssen, sondern sogar gegenseitig davon abhalten. Deshalb haben wir tatsächlich Leute, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, aber nicht richtig Deutsch sprechen. Es ist unglaublich, aber: Die erste Generation, die erwachsen her kam, tat sich mit Deutsch sehr schwer. Die zweite, die als Kind herkam, und noch in großen Teilen eine dritte, die hier geboren wurde, aber keine Community hatte, sprechen perfekt deutsch und stecken auch voll in der deutschen Kultur. Leute wie Kaya Yanar, Bülent Ceylan, Cem Özdemir, diese Altersgruppe herum. Das sind keine Türken mehr, das sind deutsche Türkei-Experten, die vielleicht mal den Talkshowtürken geben. Danach entstand aber aus der Community Generationen, die sich eben nicht mehr einfinden, sondern eine türkische Sub-Community bildeten, weil die kritische Masse dafür erreicht war.

Und dann kommt ein Effekt ähnlich wie bei den US-amerikanischen Schwarzen hinzu: Obwohl die Sklaverei fast 200 Jahre her ist, und viele von ihnen nicht einmal Nachfahren von Sklaven sind, gar nichts mit denen zu tun hatten, hat sich so eine Art übergreifendes Bewusstsein, so ein Selbstmitleid gebildet, im falschen Land gestrandet zu sein, weil man gegen seinen Willen verschleppt wurde. Kurioserweise wollen aber nur die wenigsten nach Afrika, wenn man sie fragt, warum sie nicht nach Afrika gehen, wenn ihnen das mental näher liegt. Nee, also die Lebensumstände der USA wollen sie schon lieber haben, aber sich gleichzeitig darüber beklagen.

Das ist das Problem, was wir da gebaut haben, und das sich jetzt aufschaukelt.

Und eine zentrale Ursache des Problems dürfte diese ganze Homo- und Gender- und Trans-Politik der letzten Jahre sein, die als regelrechte Integrationssperre wirkte. Es war ein kapitaler und wohl gesellschaftstödlicher Fehler, in einer so kritischen Phase der Migration und Integration gleichzeitig solche Integrationssperren zu errichten. Man könnte sogar die Frage stellen, ob dahinter Absicht steckte, nämlich eine große, homogene Gesellschaft zu verhindern und einen Zerfall in mehrere Subgesellschaften gezielt herbeizuführen.

Paradoxerweise hat man gleichzeitig Migration gefördert, betrieben, angekurbelt, aber Integration blockiert.

Man hat Fehler gemacht, die man nur noch sehr schwer, oder womöglich zu unseren Lebzeiten gar nicht mehr wird ausbügeln können.