Ansichten eines Informatikers

Französische Zensur im Webbrowser

Hadmut
2.7.2023 16:16

Auch übel.

Heise berichtet, dass Frankreich will, dass Webbrowser eine Sperrfunktion bekommen, mit der der Staat den Zugang zu Webseiten sperren kann.

Um gegen Phishing und Spam vorzugehen, will Frankreich Browser dazu zwingen, staatlich vorgegebene Websites zu sperren. Mozilla hält das für gefährlich.

Frankreich steht kurz davor, Browsern eine “dystopische Funktion” vorzuschreiben. Das meint Mozilla und kritisiert in einem Blogeintrag Gesetzespläne, die vorsehen, dass Browser staatliche vorgegebene Websites direkt blockieren sollen. Damit würden seit Jahrzehnten etablierte Normen untergraben und autoritären Regierungen bekämen ein Werkzeug an die Hand, mit dem sich Internetzensur zementieren lassen könnte. Zwar beruhten die Pläne auf guten Absichten, trotzdem wäre die Umsetzung für das freie Internet “desaströs” und angesichts des angestrebten Ziels unverhältnismäßig.

Das kritisierte Vorhaben ist Teil eines “aggressiven Gesetzespakets”, mit dem Frankreichs Regierung die Bevölkerung vor “digitaler Unsicherheit” schützen will, wie Le Monde bereits Mitte Mai zitiert hat. Dabei geht es demnach um Social-Media-Sperren nach bestimmten Verurteilungen (für Hatespeech und Belästigungen), die erleichterte Blockade pornografischer Inhalte, die ohne eine Altersverifizierung zugänglich sind, und einen besseren Schutz vor betrügerischen Websites. Vorgesehen ist demnach, dass verschiedene Behörden in Frankreich betrügerische Websites auf einer Liste zusammentragen können. Browser müssten die dann automatisch blockieren. Frankreichs Regierung habe diesbezüglich von konstruktiven Gesprächen mit den Anbietern gesprochen.

Zumindest die US-Organisation Mozilla – verantwortlich für den Firefox-Browser – wurde dabei aber wohl nicht überzeugt. Sie geht jetzt in die Offensive. Das französische Gesetz würde einen “besorgniserregenden Präzedenzfall schaffen und technische Möglichkeiten schaffen, die Regime für weitaus ruchlosere Zwecke nutzen werden”, meint Udbhav Tiwari von Mozilla. Zwar sei das Ziel der Betrugsbekämpfung ein hehres, aber mit dem Vorgehen würde Frankreich weiter darüber hinaus schießen. Damit würden technische Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Regierungen in aller Welt Inhalte sperren können, die ihnen nicht genehm sind. Der Widerstand dagegen würde dann deutlich schwerer fallen.

Ich halte das für eine äußerst dumme Idee.

Nicht nur in verschiedener technischer Hinsicht, sondern auch, weil man sich da eine Art Liste der Kinderpornoseiten abholen könnte. Freilich würde man sowas vielleicht in Form eines Hashes machen, damit man es nicht direkt auslesen kann, aber auch das hilft nicht viel (habe ich 2009 schon bei den Kinderpornosperren erläutert), weil es Listen aller Domains gibt und man die in überschauberer Zeit alles durchtesten und damit Positiv-Listen der verbotenen Websites erstellen kann.

Man würde auch nicht unbedingt Listen für den Download erstellen, sondern Browser dazu bringen, jede Domain, auf die der Browser zugreift, vorher beim Staat anzufragen, ob der Staat das gestattet. Aber das ist schon sehr übel, wenn der Staat dann nicht nur vorgibt, welche Seiten man sehen können soll, sondern auch noch mitlesen kann, auf welche Seiten man überhaupt zugreift, und das loggt.

Sehr, sehr bösartig, was da gerade entsteht.

Aber Ursula von der Leyen wird es gefallen, wenn sie davon hört. Die steht sehr auf dumme Ideen.

Mich würde interessieren, wie sie Leute davon abhalten wollen, den Quatsch aus dem Quelltext zu entfernen und den Browser selbst zu compilieren.

Aber wie so oft ist das größte Problem nicht die Regierung, die so etwas betreibt, sondern der Wähler, der sich so etwas wählt. Und wenn die Franzosen eine Chinese Wall wollen – bitte. Die Frage ist, wie lange es Frankreich noch geben wird.