Ansichten eines Informatikers

Rechtsproblem U-Boot

Hadmut
21.6.2023 22:43

Das wäre mal was für eine Staatsexamens-Aufgabe.

Ein Leser schreibt

Das U-Boot hat genug Sauerstoff für 96 Stunden à 5 Passagiere.

Wenn der Rumpf nicht implodiert ist und einer der Passagiere die anderen 4 umbringt, dann kann er theoretisch fast 20 Tage überleben.

Der Gedanke ging mir auch gleich durch den Kopf, ich habe ihn aber wieder verworfen. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, verwesende Leichen verbrauchen auch Sauerstoff, da gab es doch sowas wie aerobe und anerobe Zersetzung. Auch wenn da unten 4 Grad herrschen.

Das dürfte das nächste Problem sein, dass 5 Menschen in noch halbwegs funktionsfähigem Zustand Wärme erzeugen, ein einzelner bei 4 Grad aber wohl einfach erfrieren dürfte. Dazu kommt, dass er sicherlich verdurstet, weil das Kondenswasser zwar nicht raus kann, aber man das ja nicht einfach so aufschlecken kann. Die haben da ja auch kein Klo oder sowas dabei. Es ist auch nicht anzunehmen, dass der Batteriestrom lange hält, es ist ja anzunehmen, dass die da irgendein Problem haben. Da unten herrscht völlige Dunkelheit, ich glaube nicht, dass man sich da alleine lange hält. Man sollte auch nicht unbedingt unterstellen, dass das Boot in einer Notlage in normaler Ausrichtung rumliegt, sondern vielleicht auf der Seite oder umgedreht, oder vielleicht irgendwo feststeckt. Könnte ja sein, dass die an der Titanic festhängen.

Es gibt aber noch ein anderes Problem: Ich zweifle daran, ob so ein Carbonfaser-U-Boot 20 Tage lang dem Druck standhält. Die Dichtungen sind stark belastet, die ganze Struktur steht unter hohem Druck. Viele Materialien bekommen unter hoher Belastung winzigste Mikrorisse, ermüden. Ich vermute, dass die Struktur irgendwann leicht nachgibt, und wenn nur im Mikrometerbereich. Sobald der Querschnitt nicht mehr exakt rund ist, wirken die Kräfte nicht mehr exakt rechtwinkling auf der Oberfläche, was die Belastung verstärkt und so einen selbstverstärkenden Lawineneffekt in Gang setzt. Entweder fängt irgendwann an, das Wasser durch irgendwelche Dichtungen zu kommen, oder das Ding implodiert schlagartig, knackt vorher vielleicht noch ein- oder zweimal.

Ich habe Zweifel daran, dass einem mehr Sauerstoff überhaupt viel bringt.

Ich halte das deshalb auch eher für ein theoretisches Unterfangen, die anderen umzubringen. Wenn die da unten kämpfen, ist es gleich vorbei. Eher könnte ich mir vorstellen, dass einer sich opfert und umbringt. Aber womit? Die haben ja nichts dabei.

Wenn die nicht längst über ihre Sicherheitsmechanismen zum Ballastabwurf an der Oberfläche schwimmen und nur noch nicht gefunden sind, glaube ich kaum, dass die überhaupt noch leben.

Ich halte es eher für wahrscheinlich, dass wenn die da unten festhängen und wissen, dass sie nicht rauskommen und auch nicht gerettet werden können, weil es keine Rettungstauchboote gibt, die so tief operieren können, und so schnell auch nicht vor Ort sein können, dass die im Konsens aufgeben und das Boot fluten oder zum Implodieren bringen, damit es sofort vorbei ist, statt elendiglich zu ersticken.

Ich bin da Laie und habe keine Ahnung von Tauchbooten, war auch noch nie in einem unter Wasser (habe mal ein altes Kriegs-U-Boot besichtigt), aber ich halte es für am wahrscheinlichsten, dass das Ding plötzlich implodiert ist und die tot waren, bevor sie es überhaupt gemerkt haben. Vielleicht haben sie sich noch kurz gewundert, warum es knackt. Vielen ist nicht klar, dass das keine Dampferfahrt ist, was für ein wahnsinniger Druck in 4000 Metern Tiefe, schon auf dem Weg dorthin herrscht.

Ich glaube, das ist alles akademisch. Neulich hatten sie doch die Titanic schon mit Tauchrobotern fotografiert, und gerade bringen sie welche dahin. Die werden das Ding dann vielleicht irgendwann auf dem Meeresboden finden. Fotos machen und das war’s.

Inzwischen ist die Rede davon, dass es ein Notsignal gegeben habe. Man wisse aber nicht, ob das automatisch oder manuell abgesandt worden sei.

Trotzdem:

Es wäre doch mal eine prima Aufgabe für ein Staatsexamen im Strafrecht. Man nehme einfach mal an, es gelänge, das Boot nach 10 Tagen zu bergen und darin finde man einen Überlebenden, der die anderen gleich nach der Havarie umgebracht hat, um den Sauerstoff alleine zu haben.

Ich glaube allerdings, so eine Aufgabe schon mal in der juristischen Diskussion gesehen zu haben, nur ging es da um zwei Bergsteiger, die zusammen abstürzen, dann im Fangseil hängen, das langsam reißt, weil sie zusammen zu schwer sind. Und der obere dann das Messer zieht um den unteren abzuschneiden. Ich bin mir nicht mehr sicher, aber ich glaube, die Lösung war, dass der straflos davonkommt.