Ansichten eines Informatikers

Die politische Einflussnahme auf den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk

Hadmut
18.6.2023 12:02

Günther Jauch beschreibt es genau so, wie ich es beobachtet und mir auch sonst vorgestellt habe.

Artikel in der BZ: Knallharte Abrechnung – Günther Jauch beklagt politischen Einfluss beim ZDF

Bei der Moderation des ZDF-Jahresrückblicks „Menschen“ soll der Einfluss der Politik auf den vordergründig staatsfernen Sender spürbar gewesen sein.

► Schon die Zusammensetzung des Publikums in der Rheingoldhalle Mainz ging Jauch mächtig auf den Zeiger. Jauch knallhart: „Die ersten zehn Reihen waren immer voll mit Rundfunkräten, deren Gattinnen, irgendwelchen Leuten, die Karten bekommen haben, gelangweilte Redakteure, Hierarchen etc. – es war gruselig!“

Sowas hatte ich ja auch schon beschrieben, dass ich in Berlin zu manchen Talkshows und einer Fernsehshow gegangen bin, und die da knallhart selektieren, wer wo sitzen soll. In den meisten Shows wurde ich immer in die letzte Reihe gesetzt, damit die Kamera dann, wenn sie Politiker zeigt, und man hinter denen Publikum sieht, fröhliche, junge, attraktive, gesunde, klatschende Leute sieht. Anders war was bei Anne Will. Da sitzt das Publikum nicht hinter den Politikern, wird diesen also nicht zugeordnet. Stattdessen setzte man mich da mit einer hübschen, lächelnden jungen Frau in die erste Reihe, wo uns die mobile Kamera gut erfassen kann. Signalisierte man zu einer Aussage Zustimmung, zeigt man kurz die lachende hübsche junge Frau. Wollte man, dass man eine Aussage eher distanziert zu sehen hat, zeigte man mich alten Griesgram.

Bei einer Fernsehshow hatte ich eine Eintrittskarte, bin also nicht einfach auf Gut Glück hingegangen. Und habe da drei Stunden gewartet, weil das ewig dauerte, bis das Studio überhaupt geöffnet hatte. Weil ich kurz vorher eine kleine Knieoperation hatte und mir das Knie beim Stehen weh tat, hatte ich mich nicht in die lange Schlange eingereiht, sondern mir gedacht, ich kann sitzen, und stehe erst auf, wenn die Schlange ganz kurz ist, weil ich ja eine Karte habe und sowieso ganz nach hinten gesetzt werden. Pustekuchen. Sie sagten einfach, sie hätten weniger Plätze als geplant und die letzten ca. 20 bis 30 Leute könnten nicht mehr rein. Da waren einige – auch ich – sauer, weil man mit Anfahrt mindestens 5 Stunden verbraten hatte, und denen das angeblich erst zum Schluss einfiel. Es trötete, wir bekämen eine Entschuldigung und irgendwas als Ersatz, Karten für irgendeine Show, in die man sonst nicht einfach reinkommt, aber es kam nie etwas. Anscheinend brauchte man die Plätze kurzfristig für irgendwelche Politpromis und hat das gemein Volk einfach verladen.

Doch nicht nur das: Dem damaligen Rheinland-Pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (74, SPD) soll nicht gepasst haben, dass er während der dreistündigen Sendung weniger oft im Bild zu sehen war, als der Oppositionsführer Johannes Gerster (†80, CDU).

Laut Jauch soll das hinter den Kulissen zu großen Problemen geführt haben. Mit handfesten Folgen für das Programm des ZDF.

„Tatsächlich fand ein Deal statt danach zwischen dem Intendanten des ZDF und Kurt Beck, dass er sich drei Themen für die ‚Heute-Sendung‘ aussuchen durfte, um da wieder entsprechend einen Ausgleich zu bekommen“, so Jauch.

► Für Jauch war der Vorgang „unfassbar“, sodass er im Folgejahr die Moderation der Sendung nicht mehr übernehmen wollte.

Und dann wundert man sich, warum immer dieselben trüben Tassen in den Talkshows sitzen.

Und Jauch selbst hat man wohl auch abgesägt:

Jauchs Karriere hätte ohne politische Einflussnahme auf das ZDF einen ganz anderen Verlauf nehmen können. „Ich habe ein ganz frühes Angebot mal bekommen, dass ich zweiter Mann im ‚Heute Journal‘ werden sollte …“, so Jauch. „Das wäre für mich das Größte gewesen.“

Laut Jauch soll sogar ein entsprechendes Vorstellungsgespräch stattgefunden haben. „Auf diesen Posten hatte angeblich die CSU die Kralle drauf“, so Jauch. Als ehemaliger Moderator des Bayerischen Rundfunks hätte er aber eigentlich gute Chancen gehabt.

Doch es kam anders: „Dann hat aber die CSU die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, weil sie mich ja kannten vom Bayerischen Rundfunk und ich war alles andere als CSU, ich war völlig unabhängig.“

Daraufhin soll Jauch eine Absage kassiert haben, weil er als nicht „zuverlässig genug“ gegolten habe. „Sie haben mich tatsächlich aus diesen Partei-Proporz-Gründen nicht genommen“, so Jauch. Die Moderation ging dann an den der CSU nahestehend geltenden Journalisten Sigmund Gottlieb (71).

Diese Entscheidung hatte handfeste Konsequenzen für Jauchs Lebensweg: „Da habe ich gemerkt, dass ich da an eine gläserne Decke stoße, dass ich immer zwei, dritte, vierte Reihe bleiben muss, wenn ich mich nicht verbiegen will. Da stand dann für mich fest, dann nimmst du den Umweg über die Unterhaltung, da ist es wenigstens lustig.“

Was dann auch erklärt, warum da die schrägsten Typen mit extrafetten Gehältern sitzen. Und warum das Fernsehen meinen Fall mit der Uni damals auf keinen Fall anfassen wollte.

Und dann tun die so, als wären die unabhängig. Habe ich auf den Netzwerk-Recherche-Konferenzen im NDR mehrfach erlebt, dass da Leute vom Rundfunk und auch von der Tagesschau und den Tagesthemen (die im Gebäude gegenüber, keine 50 Meter entfernt, produziert wird) auftraten und sagten, es gäbe keinen politischen Einfluss, und sich immer wieder über diese Befürchtung lustig machen und sie den Kakao ziehen. Irgendwo klingelte mal ein Handy, und da kam spontan der Spruch „T’schuldigung, ich muss mal ans Telefon, Frau Merkel ruft an, um die Themen für die Tagesthemen heute abend durchzugeben“ – großes Gelächter im Publikum, toller Witz. Und dann diktierte die vom Kanzleramt mitfinanzierte Gruppe Neue Deutsche Medienmacher im Hinterzimmer die Themen. Und dann jetzt sowas, dass man die Theme des heute journals direkt mit Kurt Beck ausgehandelt hat, der sich drei Themen aussuchen durfte.

Und dann machen die immer so auf unabhängig.