Ansichten eines Informatikers

Die Leistungszahl der Wärmepumpe: Sitzen wir in der Effizienzfalle?

Hadmut
17.6.2023 15:38

Plausibel, aber bedenklich, was mir ein Wärmepumpenbesitzer schreibt: [Nachtrag: Noch eine Leserzuschrift]

Hallo Hadmut,

als Wärmepumpenbesitzer der sich auch etwas mit der Technik beschäftigt hat, kann ich deine Frage mit dem Warmwasser etwas ausführlicher beantworten.

Die heutigen Wärmepumpen (ich rede von den allgemein gebräuchlichen Luft-Wasser-Wärmepumpen) können je nach Generation 60-70°C Vorlauftemperatur fahren. Das reicht für warmes Wasser und das reicht auch, um “normale” Heizkörper zu betreiben.

Allerdings möchte man das nicht unbedingt, da das dann sehr schnell unwirtschaftlich wird. Das Paradoxe an einer Wärmepumpe ist ja, dass sie umso effizienter
arbeitet, je weniger sie arbeiten muss. Je niedriger das Temperatur-Delta, desto besser. Meine WP hat auf dem Papier bei 35°C Vorlauftemperatur eine saisonale
Leistungszahl von 4,58. Sie macht -im Jahresmittel- aus 1 kW Strom 4,58 kW Wärme. Bei 55°C Vorlauf wären wir nur noch bei 3,37. Zu höheren Vorläufen findet man überhaupt keine Zahlen, die Hersteller halten sich da schön bedeckt.

Und wie gesagt, Jahresmittel. Wenn es draußen kälter wird, sinkt die Effizenz rapide. (5,16 bei 7°C Außentemperatur, 4,32 bei 2°C und 3,23 bei -7°C)
Je kälter es draußen wird, desto mehr Strom braucht so eine WP. Sowohl absolut, weil mehr Heizleistung benötigt wird, als auch relativ, weil
aus 1 kW Strom weniger kW Wärme werden. Wärmestrom kostet etwa das Dreifache von Gas. Bei hohen Vorlauftemperaturen ist so eine Wärmepumpe unterm Strich letztlich teurer.

Wenn es dann noch zu kalt wird und die Leistung der WP nicht mehr ausreicht…schaltet sich der integrierte Durchlauferhitzer ein und du heizt 1:1 mit Strom.

Was übrigens schneller passiert als man denkt, da die Anlagen meistens sehr knapp ausgelegt sind. Eine WP kann ihre Leistung zwar herunterregeln, aber ein gewisses Minimum ist immer da. Wenn das mehr ist, als momentan im Haus benötigt wird, schaltet die Anlage wieder ab. Und dann wieder an. Und wieder ab. Nennt man takten und ist materialmordend. Man möchte eigentlich die Anlage 24/7 durchlaufen haben (oder mit sehr wenigen Takten). Also baut man sich eine kleine Anlage ein, die in der Regel mit ihrer Leistung auskommt. Wenn es dann aber mal kalt wird, wie bei uns letzten Winter um Weihnachten rum (so -15°C),
dann reicht die Leistung eben nicht mehr -zumal die Leistung bei sinkenden Außentemperaturen immer weiter absinkt- und es geht über den Heizstab.

So eine tolle eierlegende Wollmilchsau ist eine WP also gar nicht. Es kommt massiv auf die Umweltfaktoren an, wie effizient die Anlage letztlich ist. Eine Öl- oder Gasheizung interessiert es nicht, wie kalt es draußen ist, eine WP durchaus.

Und im Winter ist es nicht nur kalt, sondern auch dunkel und oft windstill…

Viele Grüße

Das hört sich nicht sehr verlässlich an.

Das hört sich an, als könnte das alles zusammenklappen, sollte es passieren, dass ein Winter kalt und dunkel wird.

Vielleicht sollten wir alle einfach lernen, im Keller Winterschlaf zu halten.

Nachtrag: Ich habe noch eine Zuschrift bekommen, ähnlicher Inhalt, deshalb packe ich sie mal hier mit dazu:

Hallo Hadmut,

Wärmepumpen können schon gut Warmwasser machen, siehe dazu bspw. die vielen Beiträge in diversen Foren (bspw.: https://www.haustechnikdialog.de/Forum/30/Waermepumpen )

Aber der Wirkungsgrad sackt weg, je größer die Temperaturdifferenz ist zwischen dem Quellmedium und dem Zielmedium. Wenn ich also aus 30°C warmer Luft 40°C warmes Duschwasser machen will per Wärmepumpe habe ich einen Wirkungsgrad von, ich sag jetzt mal 6. Also mache ich aus einer kWh Strom 6 kWh Wärme. Super!

Wenn ich aber draußen Winterwetter und -5°C habe, dann sackt mir mein Wirkungsgrad weg, dann mache ich aus einer kWh Strom nur noch, keine Ahnung, 1,5 kWh Wärme.

Den genauen Wirkungsgrad kannst du dir ausrechnen, hiermit: https://de.wikipedia.org/wiki/Carnot-Prozess

Deswegen ist Fussbodenheizung toll: Da hat man eine große Fläche, nämlich den Fussboden, der wird warm gemacht. Und der heizt dann das Haus. Und weil der Fussboden so viel Fläche hat, muss der nicht auf 80°C erhitzt werden um im Winter die Bude warm zu haben, sondern nur auf, kommt drauf an wie gut das Haus isoliert ist, 25 – 40°C. Also muss die Wärmepumpe nicht so viel Heizungsvorlauftemperatur erzeugen. Also hat sie einen tollen Wirkungsgrad und verbraucht wenig Strom. Super!

Der Gasheizung ist es egal, wie heiß sie Wasser machen soll. Eine moderne Gas-Brennwert-Therme hat einfach einen Wirkungsgrad >90%, egal ob sie Vorlauftemperaturen von 25°C im top modernen Fussbodenheizungshaus liefern soll, oder 75°C in der zugigen Bude mit mini-Heizkörpern. Deswegen eignen sich (Luft/Wasser-)Wärmepumpen selten in alten Häusern, die brauchen meist hohe Vorlauftemperaturen wegen der kleinen Heizkörper.

Jetzt kommt der große Beschiss 🙂 Habecks GEG wurde ja jetzt aufgeweicht, die Kommunen sollen jetzt Wärmepläne machen. Und durch die Medien geistert, dass Wärmenetze so toll und öko sind, die Skandinavier machen das auch, dann muss es ja gut sein. Großwärmepumpen! Dann saugt man aus Flüssen, Meeren und weiß der Fuchs was noch alles die Wärme und pumpt die dann in die Fernwärmenetze. Muss sich keiner mehr eine Wärmepumpe ins Haus bauen, alles ganz öko, alles einfach, günstig, toll. Aber, ach! Die hundsgemeine Physik ist unerbittlich. Fernwärmenetze brauchen verflixt hohe Vorlauftemperaturen, die gönnen sich gerne mal 130°C, von weniger als 60°C hab ich noch nie gehört. Und, naja, Großwärmepumpen sind halt auch nur Wärmepumpen. Wenn ich also im Winter eiskaltes Flusswasser in 90°C Fernwärme verwandeln muss, da hab ich aber einen, Pardon, beschissenen Wirkungsgrad. Da kann man gleich einen Tauchsieder nehmen. Wirkungsgrad = 1. Reine Stromfresser.

Aktuell sind die hohen Temperaturen bei der Fernwärme kein Problem, die werden ja meist mit Erdgas erzeugt. Wenn aber die Fernwärme nicht mehr auf Gas zurückgreifen dürfte, dann würde sie wegen des schlechten Wirkungsgrades den die hohen Vorlauftemperaturen erzwingen genau so dumm dastehen, wie der Besitzer eines alten Hauses der nun eine Wärmepumpe einbauen soll. Es funktioniert also vorn und hinten nicht, mit der Wärmewende.

Außer in Skandinavien. Aber die schummeln ja auch. Die haben entweder Wasserkraft – wie in Norwegen – oder Geothermie – wie in Island, oder Atmokraft -wie in Schweden und Finnland, oder ganz viel Windkraft – wie in Dänemark (eine Landzunge eingeklemmt zwischen Nord- und Ostsee).

Nur wir Deutschen sind so doof und glauben, wir könnten große Wärmepumpen ins Fernwärmenetz klinken, die Atom- und Kohlekraftwerke ausschalten und dann allein mit dem guten Gewissen heizen.

Viele Grüße