Ansichten eines Informatikers

Bin ich jetzt der Dumme, weil ich Strom gespart habe?

Hadmut
16.4.2023 2:15

Sollte ich noch ein paar Wochen lang alle Heizlüfter laufen lassen, um Geld zu sparen?

Mein Stromversorger in Deutschland hat mir im Januar mitgeteilt:

Ihr Verbrauchspreis in Cent pro Kilowattstunde steigt um 18,61 von bisher 33,60 auf 52,21. Ihr Grundpreis bleibt konstant.

und Ende März

Sehr geehrter Herr Danisch,

der Bundestag hat mit dem Strompreisbremsengesetz (StromPBG) die Einführung einer Strompreisbremse beschlossen. Diese gilt zunächst vom 01.01.2023 bis 31.12.2023. Mit der Preisbremse wird der Strompreis für 80 Prozent Ihres prognostizierten Jahresverbrauchs auf 40 Cent pro Kilowattstunde (Referenzpreis1) gedeckelt. Für den darüberliegenden Verbrauch ist der vertraglich vereinbarte Verbrauchspreis zu zahlen.

Nun habe ich ja 2022 schon einige Zeit auf Zypern verbracht und deshalb 2022 hier in Deutschland deutlich weniger Strom verbraucht, als ich sonst pro Jahr verbrauchen würde.

Das heißt, dass zwar mein Stromverbrauch im Sinne meines Tagesverbrauchs nicht gesunken, sondern sogar gestiegen ist, weil ich ja trotzdem Rechner laufen habe, Fernsehen gucke, Waschmaschine, Licht, Kochen, aber in Zypern auch elektrisch heizen muss. Dafür brauch ich dort sonst keine andere Energieversorgung.

Das heißt nun aber, dass deshalb, weil ich 2022 in Deutschland deutlich weniger Strom verbraucht habe, und mich im Krisenwinter ins Ausland begeben habe, 2022 in Berlin deutlich weniger Strom verbraucht habe, als mein Jahresverbrauch ist, deshalb auch meine Prognose für deom Stromverbrauch 2023 geringer ausfällt, und ich deshalb nur für weniger Strom den Deckel auf 40 Cent bekomme, und schon früher wieder bei den 52,21 Cent bin.

Bin ich jetzt also der Dumme und muss 2023 mehr zahlen, weil ich mich 2022 an den Aufruf gehalten habe, weniger zu verbrauchen?

Anders gefragt: Hätte ich in der Summe über 2022 und 2023 Geld gespart, wenn ich in meiner Abwesenheit 2022 hier die Wohnungstemperatur nicht abgesenkt, sondern nutzlos ein paar Heizlüfter hätte laufen lassen, während wir doch alle gerade wegen der Knappheit Strom sparen sollten, damit mein prognostizierter Verbrauch höher ist und ich mehr Strom zum Deckelpreis bekomme?

Aus einer FAQ:

Der Berechnung liegt der im September 2022 prognostizierte Jahresverbrauch zugrunde.

Gucken wir nochmal in die FAQ von Habecks Wirtschaftsministerium:

Stromkundinnen und -kunden, die bisher weniger als 30 000 kWh Strom im Jahr verbraucht haben, also vor allem Haushalte und kleinere Unternehmen, erhalten 80 Prozent ihres bisherigen Stromverbrauchs zu einem garantierten Bruttopreis von 40 ct/kWh. Niemand muss für diesen Anteil also mehr bezahlen. Für Verbräuche oberhalb dieses „Basis-Kontingents“ gilt jeweils der vertraglich vereinbarte Preis. Wenn die Stromkundinnen und -kunden weniger als 80 Prozent des bisherigen Verbrauchs verbrauchen, erhalten sie trotzdem die Entlastung in voller Höhe. So bleibt der volle Einsparanreiz erhalten.

[…]

Der bisherige Stromverbrauch entspricht entweder dem durch den Netzbetreiber prognostizierten Verbrauch oder dem Verbrauch des Jahres 2021 (vgl. Frage 4). Für neue Entnahmestellen gibt es eine Schätzregel (vgl. Frage 10).

[…]

Wird die Entnahmestelle über ein Standardlastprofil bilanziert (so der Regelfall bei vielen privaten Haushalten oder vielen Gewerbebetrieben), wird die jeweils aktuelle Jahresverbrauchsprognose des Netzbetreibers verwendet. Das Entlastungskontingent ist dann 80 Prozent oder 70 Prozent dieser Jahresverbrauchsprognose. Wird die Entnahmestelle hingegen nicht über ein Standardlastprofil bilanziert, beispielsweise bei einem intelligenten Messsystem oder registrierender Leistungsmessung, beträgt das
Entlastungskontingent 80 Prozent oder 70 Prozent des Verbrauchs des Kalenderjahres 2021.

[…]

Verbraucherinnen und Verbraucher werden bis spätestens zum 1. März 2023 von ihrem Stromversorger über ihre Entlastung informiert. Der Versorger teilt dabei als wichtigste Information die bisherige und die ab dem 1. März 2023 vorgesehene Höhe der vertraglichen Abschlagszahlung oder Vorauszahlung mit.

Aha. Da wird man nicht schlau draus, weil man nur ersehen kann, dass der vom Netzbetreiber prognostizierte Verbrauch zugrundegelegt wird. Mein Stromdienstleister hat mir das übrigens nicht „spätestens zum 1. März 2023“ mitgeteilt, sondern erst mit Digital-Schreiben vom 28.03.2023, und mir am 30.03. eine Mail geschickt, dass ich da mal reingucken sollte. Man guckt ja nicht täglich in seinen Strom-Account.

Und da heißt es nun

In Ihrem Fall beträgt das aktuelle Entlastungskontingent 1.274 kWh pro Jahr (80 % von 1.592 kWh).

Aha. Hätte ich also in der Vergangenheit mehr Strom verbraucht, bekäme ich jetzt auch mehr zum günstigeren Preis.

Was sich faktisch wohl nicht auswirken wird, weil ich eben auch dieses Jahr beabsichtige, lange genug im Ausland zu bleiben, um innerhalb dieses Kontingents zu bleiben, was aber dann auch dazu führt, dass mein Kontingent dann für 2024, falls es da wieder sowas gibt, noch niedriger wird.

Ich komme mir gerade verarscht vor. Dafür, dass ich 2022 hier viel Strom gespart habe, werde ich jetzt noch zusätzlich bestraft.