Ansichten eines Informatikers

Die Marlboro-Frau

Hadmut
14.4.2023 18:45

Hähähähä. Man kann den Leuten wirklich jeden Scheiß verkaufen.

Gerade hatte ich es doch zu den Parteien als Vergleich von den Zigarettenmarken, bei denen man dasselbe Produkt mit nur geringfügigsten Unterschieden den Leuten mit unterschiedlichen Bildern und Kundentypen andreht.

Und als Paradebeispiel hatte ich Marlboro. Auch nichts anders als ordinäre Zigaretten, aber man hat es geschafft, den Leuten einzureden, dass das die Zigarette für den ganzen Mann sei, den rauhen Naturburschen, der tagsüber Pferde zähmt, Rinder einfängt und abends am Lagerfeuer sitzt: Der Marlboro-Man.

Da weist mich nun ein Leser darauf hin, dass Marlboro ursprünglich eine Damen-Zigarette war, auch als solche beworben und an die Frau gebracht wurde, und sogar rote Filter hatte, damit man die Lippenstiftabdrücke nicht darauf sieht. Gibt eine ganze Webseite dazu. Galt sogar aus Beauty- und Luxuszigarette.

Und irgendwann sind die Marketing-Leute darauf gekommen, dass sich da anders mehr Geld mit machen ließe, und die Raucher sind da einfach mitgegangen, glauben einfach jeden Mist, den man ihnen erzählt.

Der Beauty-Dish

Erinnert mich an den Beauty-Dish. Die Schönheitsschüssel.

In der Fotografie gibt die sogenannten Beauty Dishes, die zur Kategorie der „Lichtformer“ gehören und die man auf elektronische Blitzanlagen und stärkere Blitzgeräte steckt. Im Prinzip zwei Parabolspiegel aus mattem Aluminium, von der der erste, kleinere vor der Blitzbirne sitzt, damit also direktes Licht verhindert und es zurückwirft, und außenherum ein großer Parabolspiegel mit Loch in der Mitte um den Blitz herum, der es wieder nach vorne wirft. Gleich aufgebaut wie ein Spiegeltele.

Das Ding ist so einfach wie nützlich, denn es verwandelt das sehr harte, ungünstige Licht der kleinen, fast punktförmigen Blitzbirne in ein großflächiges, „weiches“ Licht (mit weichen Schatten), das man vor allem bei Portraits gut einsetzen kann, wenn es schöner aussehen soll und Falten nicht so sichtbar sein sollen.

Ursprünglich erfunden hat man das in den 50er Jahren, als eine – ich weiß jetzt nicht mehr genau, welche – der bekannten Firmen die ersten elektronischen Blitzgeräte entwickelt hatte. Vorher hatte man die großen, chemischen Blitzbirnen, in denen irgendwas abbrannte, meist irgendwas mit Magnesium oder Alu (Leute meines Alters werden sich noch an die alten Blitzwürfel und Blitzbirnchen oder auch die Schienen auf Pocket-Kameras erinnern, die man nur einmal verwenden konnte, und die teils elektrisch, teils aber sogar nur mechanisch ausgelöst wurden) und die per se eine gewisse Größe hatten und ein gutes Licht abgaben. Und meist sowieso mit Reflektor verwendet wurden.

Dann entwickelte man elektronische Blitzröhren, hatte aber das Problem, dass das Licht zwar billig und beliebig wiederholbar, aber fotografisch schlecht war, weil eine kleine Lichtquelle ein sehr hartes Licht warf. Man fand aber heraus, dass das Licht recht einfach und billig toll werden kann, nämlich mit diesen zwei Schüsseln aus Alublech. Das Ding bekam irgendeinen technischen Namen (Parabolreflektor oder sowas) und einen günstigen Preis, verkaufte sich aber nicht gut.

Irgendwann hatten sie mal einen Marketingexperten, der sich mal ihr Portfolio anschauen sollte, und der diesen Reflektor entdeckte und meinte, das Ding würde falsch vermarktet. Er sagte, wir nennen das Ding „Beauty Dish“, machen es dreimal so teuer und erzählen den Leuten, man brauche das, um Frauen fotografieren zu können. Plötzlich musste jeder ein Beauty Dish haben. Ging weg wie warme Semmeln. Endlich kann man Frauen fotografieren.

Tatsächlich sind die Dinger schon sehr gut, aber natürlich für alles mögliche, wofür man weiches Licht braucht. Es gibt sie inzwischen auch zum Aufklappen aus Folie nach der Regenschirmtechnik. Und inzwischen auch wieder für billig Geld, weil das Patent abgelaufen ist und man das Zeug inzwischen aus China bekommt. Ich habe sowas auch. Sowas kann man schon brauchen.

Aber es ist ein schönes Beispiel dafür, dass man den Leuten nur die richtige Story erzählen muss, damit sie einem alles abkaufen.