Ansichten eines Informatikers

Zum Abstieg

Hadmut
11.4.2023 13:00

Ein Volkswirt schreibt mir zum Artikel über den Abstieg Deutschlands:

Lieber Herr Danisch!

Ich arbeite als Volkswirt und habe nach Ihrem Post über den vermeintlichen Abstieg Deutschlands als Wirtschaftsnation mal die Fakten überprüft:

Die einschlägige Quelle für solche Vergleiche ist die “World Economic Outlook Database” des Internationalen Währungsfonds (IWF). Sie ist im Internet kostenlos nutzbar. Ich habe die jüngste Version von Oktober 2022 verwendet. Demnach ergeben sich ganz andere Ranglisten als in dem Tweet angegeben, und zwar unabhängig davon, ob man als Basis den US-Dollar oder die Kaufkraftparität verwendet (siehe Tabelle unten). Z.B. ist die hohe Ranglistenposition Indonesiens erklärungsbedürftig.

Hierzu ein kurzer Hinweis: Wie vergleicht man die Wirtschaftskraft verschiedener Länder mit verschiedenen Währungen? Man kann natürlich alles in eine einheitliche Währung umrechnen, z.B. den US-Dollar. Hierbei ergibt sich aber unter Umständen eine Verzerrung, wenn eine Währung in dem betreffenden Jahr unterbewertet ist oder überbewertet. Bekanntlich hat der Euro zuletzt ja bei nur 0,95 US-Dollar notiert, vor ein paar Jahren aber noch locker bei 1,25 US-Dollar. Um solche Probleme zu vermeiden, kann man auch eine Umrechnung über die Kaufkraftparität (KKP) nutzen. Dabei wird ein fiktiver Wechselkurs verwendet, der sich aus den jeweiligen Kosten eines standardisierten Warenkorbes ergibt. Schwellenländer mit eher niedrigen Preisen für Alltagswaren schneiden dabei in der Regel besser ab. Wichtig: Beide Vergleichsmethoden haben ihre Stärken und Schwächen und sind aus volkswirtschaftlicher Sicht in Ordnung. Es kommt halt darauf an, was man mit dem Vergleich zeigen möchte.

Das Deutschland im Zeitablauf etwas absteigt, ist übrigens an sich kein Problem. Hier handelt es sich ja nicht um einen absoluten Abstieg, sondern nur um einen relativen im Vergleich zu anderen, aufholenden Staaten mit großer Bevölkerung. Die Probleme Deutschlands liegen eher darin, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf (!) kaum noch wächst und dass eher andere Größen (Zukunftszuversicht der Bevölkerung, Zufriedenheit mit den Umständen etc.) nachlassen, die jedoch nicht durch das BIP gemessen werden können.

Unser BIP pro Kopf wächst kaum noch.

Ist es vielleicht eher andersherum, dass in Deutschland gerade die Zahl der Köpfe pro BIP gefährlich steigt?

Ich will es mal so sagen: Die Boomer im Allgemeinen stehen vor der Rente, und ich und viele meiner Altersstufe aus meinem Bekanntenkreis haben eigentlich jetzt schon keinen Bock mehr auf DSDMDNDN (den Scheiß, den man derzeit noch Deutschland nennt). Und die Zukunftszuversicht wird ja von den Grünen gerade nicht nur faktisch zerstört, sondern klimaideologisch geradezu geächtet. Und wer kann, verlässt das Land.

Ich bin mir sicher, dass Deutschland da nicht mehr lange unter den Top 10 ist.