Ansichten eines Informatikers

Hautärzte

Hadmut
5.4.2023 13:54

Ich komme mir gerade sehr verarscht vor.

Ich wollte zum Hautarzt. Mit t. Nicht Hausarzt. Hautarzt. Dermatologe.

Nun bin ich ja bekanntlich, wie schon oft erläutert, gesetzlich versichert, weil ich früher erst durch Krankheit nicht in die private Versicherung rein-, dann durch Jobwechsel nicht aus der gesetzlichen Krankenversicherung rausgekommen und schließlich in einem Alter angekommen bin, in dem mir die Versicherungsagenten sagten „Vergiss es“.

Und obwohl ich nur Single bin, zahle ich unentwegt den Höchstsatz. Während jede Menge Großfamilien weniger oder gar nichts zahlen, und schnell dran kommen.

Nun wollte ich zum Hautarzt. Ein allgemeines Screening ist mal wieder überfällig, war – auch wegen der Coronakrise – seit Jahren nicht mehr dort, und einen juckenden Leberfleck wollte ich mal begutachten lassen.

Früher war sowas überhaupt kein Problem. Überall, wo ich bisher gewohnt habe, war das überhaupt kein Problem, kurzfristig einen Termin zu bekommen.

Geht heute nicht mehr. Die Praxis, bei der ich bisher in Berlin war, hat auf frühere Anfragen schon gar nicht mehr geantwortet. Heute kam ein Rückruf. Nächster Termin Ende Mai. Wäre schön, aber da bin ich im Ausland. Geht nicht.

Also habe ich nach anderen Hautärzten gesucht. Google zeigt jede Menge an. aber alles „Privatpraxis“ – nicht für Kassenpatienten.

Webseite 116117 kennt die Kategorie Hautarzt erst gar nicht und vermittelt nur noch mit Vermittlungscode.

Und doctolib zeigt mir einen Arzt an, bei dem ich kurzfristig einen Termin bekommen könnte. *Freu*

Aber:

Auch das eine Privatpraxis. Kassen machen die nicht mehr.

Also gut, dachte ich, nachdem es im Internet heißt, ein Hautkrebsscreening koste so um die 40 Euro, zahle ich halt und wollte den Termin gleich nächste Woche nehmen.

Aber, ach.

Die Webseite belehrt mich, dass für Neupatienten, die noch nicht in dieser Praxis waren, nur eine kleine Liste von Leistungen überhaupt angeboten werden. Man ist nicht nur Privatpraxis, sondern auch noch stammkundenorientiert. Es wird nicht ganz klar, ob die angegebene Liste die Leistungen sind, die Neupatienten bekommen, oder die, die sie nicht bekommen. Ich klicke auf Hautkrebsscreening. Und bekomme Terminvorschläge. Mitte Mai. Hautscreenings nicht im April.

Wofür zahle ich hier eigentlich den Höchstsatz bei der Krankenversicherung, obwohl ich nur eine einzige Person bin, wenn ich dann nicht einmal einen Arzttermin bekomme?

Ich kam mir letzte Woche schon verarscht vor, als ich mir da in den Finger geschnitten hatte, ringsum alle Praxen am Nachmittag geschlossen hatten und sogar die Apotheke mit ihrer Notfallliste feststellte, dass Mittwoch nachmittags alle zu haben und die nächstmögliche Behandlungsmöglichkeit war, mit der U-Bahn in ein Krankenhaus zu fahren. Dort bin ich dann tatsächlich unter Vorlage meiner Karte behandelt worden, aber irgendwie ist doch festzustellen, dass da immer weniger funktioniert.

So richtig herzlich willkommen fühle ich mich beim Zahnarzt.

Der allerdings schreibt mir auch für jede Zahnfüllung (ich musste die letzten Jahre marode Amalgam-Füllungen aus meiner Zahnspangenkinderzeit austauschen lassen) und jede Zahnreinigung eine Rechnung, immer zwei bis dreistellige Zuzahlungen. Kein Wunder, dass die mich mögen.

Und dann heißt es, die Krankenkassenbeiträge müssen steigen.

Obwohl man immer weniger, eigentlich nur noch Notfallbehandlung bekommt.

Ach ja, Tabletten bekomme ich ja noch, die ich regelmäßig einnehmen muss. Verschreibungspflichtig. Zuzahlungspflichtig. So um die sechs Euro pro Quartal zahle ich da zu. Und wisst Ihr was? Auf Zypern sind die nicht nur verschreibungsfrei, die kann man dort einfach so in der Apotheke kaufen, sie sind auch komplett bezahlt billiger als hier allein die Zuzahlung. Theoretisch. Nicht praktisch, weil es sie dort in anderen Dosierungsstufen gibt und ich zwei Packungen bräuchte, um mit zwei Tabletten auf die passende Dosierung von hier einer zu kommen. Oder stärkere kaufen und die dann selbst runterbröseln müsste. Der Preis ist aber unabhängig von der Dosierung, also ist das nicht ausschlaggebend.

Irgendwie komme ich mir in diesem Land hier nur noch verarscht vor.

Letztes Jahr hieß es ja noch, dass jede Menge Medikamente in Deutschland knapp werden. Hustensaft, Ibuprofen, Paracetamol. Manche Apotheker sagten damals, sie hätten gar nichts mehr. Also habe ich mal in Zypern in einer Apotheke gefragt, wie es da so aussieht. Ja, von der Lage in Deutschland hätten sie gelesen. Aber nein, bei ihnen sei alles da. Nun nehme ich zwar keine Schmerzmittel, die wirken bei mir aus irgendwelchen Gründen sowieso nicht, aber Paracetamol bekommt man ja auch aus anderen Gründen verschrieben, Fieber, Covid-19 und so weiter. Also habe ich mir rein vorsorglich eine Packung Paracetamol aus Zypern mitgebracht. 100 Tabletten zu 500mg für 6 Euro.

So weit ist es schon gekommen, dass man sich die Medikamente lieber aus dem Ausland mitbringt.

Als ich vor über 30 Jahren mit den Fernreisen anfing, war das noch so, dass man Medikamente von Deutschland ins Ausland mitnahm, weil man nicht wusste, ob man sie dort bekommt.

Und als ich Kind war, gab es so etwas wie Zuzahlungen oder Wartezeiten gar nicht. Da hat man nichts zugezahlt. Und man ist einfach zum Arzt und hat sich ins Wartezimmer gesetzt. Fertig.