Ansichten eines Informatikers

Olaf Scholz, Linda Zervakis und das Kleingeld

Hadmut
27.2.2023 19:21

Uuuh. Die war doch früher bei der Tagesschau.

Kennt Ihr noch Linda Zervakis? Früher Tagesschau, sieht jetzt eher aus wie die Botschafterin von Vulkan einer TOS-Folge.

Also, der SPIEGEL schreibt:

Die Fernsehmoderatorin Linda Zervakis steht für ein Interview mit Bundeskanzler Olaf Scholz auf der re:publica in der Kritik. Die »taz« hatte enthüllt, dass der Auftritt unter zweifelhaften Bedingungen zustande kam. Demnach habe Scholz selbst Zervakis als Interviewerin ausgesucht.

Nun berichtet die »taz«
darüber hinaus: Zervakis habe eine »Kostenpauschale« in Höhe von 1130,50 Euro brutto vom Kanzleramt erhalten. »Mit der Kostenpauschale sollten pauschal alle anfallenden Kosten von Frau Zervakis und ihrem Team abgedeckt werden«, sagte ein Regierungssprecher der Zeitung.

Nun würde ich 1130,50 Euro an sich auf das Konto Kaffeekasse buchen, vor allem, wenn man bedenkt, mit welchen Beträgen die sonst so rumwerfen und Taschen betonieren. Wenn die 11.305,00 Euro monatliche Pension bekäme, wäre das übel. Aber so eine einmalige Zahlung von 1130,50 dürfte da wohl zwar rechtswidrig, aber noch nicht der große Aufreger sein. Da haben wir andere Probleme.

Zu den größeren Problemen gehört aber wohl, dass dabei herauskam, dass Scholz selbst bestimmt und aussucht, wer ihn interviewt.

Die TAZ schreibt:

Zervakis selbst hatte versucht, die Höhe der „Kostenpauschale“ zu verheimlichen. Schon am Tag der Online-Veröffentlichung der Recherche kam Post von ihrem Anwalt. Er wollte der taz untersagen, auch nur den Verdacht zu äußern, dass Zervakis für die Moderation auf der Republica eine Bezahlung erhalten haben könnte, die als Teil einer großzügigen Kostenpauschale getarnt wurde.

Zervakis ging vor Gericht, zog aber dann ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Die zuständige Pressekammer des Landgerichts Hamburg hatte ihr zuvor signalisiert, dass sie wohl keinen Erfolg haben wird – weil die Berichterstattung der taz nicht zu beanstanden sei.

Und das finde ich dann problematisch. Nicht so sehr den Betrag, sondern das Theater außenrum.

In einem Schriftsatz nennt ihr Anwalt den Grund, warum Zervakis nicht möchte, dass bekannt werde, dass sie manche Moderationen auch ohne Honorar übernehme: Das mindere ihre Verhandlungsposition bei anderen Moderationen, etwa öffentliche Firmenveranstaltungen.

Ach, so, war zu billig?

Dass Zervakis auch gegenüber dem Gericht die Höhe der Kostenpauschale nicht offenlegen wollte, hat offenbar einen guten Grund: Es handelt sich um eine recht hohe Summe, die selbst ein Honorar bei vergleichbaren Moderationen übersteigt. So bekommt man etwa beim RBB laut Honorarrahmen weniger Geld für eine halbstündige „TV-Moderation unter erschwerten Bedingungen“. Auf der Republica werden Mo­de­ra­to­r:in­nen in der Regel überhaupt nicht bezahlt.

Oder zu teuer?

Jetzt verstehe ich das nicht mehr. Wenn man da zu einem Interview kommt, hat man ja normalerweise einen Kameramann und einen Toningenieur dabei, die Gehalt bekommen, dann Geräte, die Abnutzung und Abschreibung unterliegen, in der IT sagt man zu sowas gern CapEx und OpEx, und das ganz Fotozeugs ist zwar im Vergleich zu vor 20 Jahren viel billiger geworden, aber immer noch teuer. Vielleicht noch Fahrtkosten, Mietwagen, Miet-Gerät. Ich habe jetzt keine Ahnung, was Fernsehteams normalerweise kosten, was die da gemacht haben, mit wievielen Leuten und wieviel Gerät, welchen Fahrtkosten, aber zumindest a priori und ohne dass ich die genauen Umstände kenne, erscheint mir der Betrag jetzt nicht völlig aus dem Rahmen gefallen. Aber der Umstand, dass das Kanzleramt diese Kosten übernimmt.

Was soll das sein?

Dienstleistungsvertrag?

Schenkung?

Was ist die Rechtsgrundlage für die Zahlung?

Ich bin da etwas hellhörig, weil ich das ja auf den Netzwerk-Recherche-Konferenzen im NDR miterlebt habe, wie die einerseits auf der Bühne töbern, dass sie natürlich unabhängig von der Politik und besonders vom Kanzleramt seien, während im Hinterzimmer die vom Bundeskanzerlamt bezahlten „Neuen Deutschen Medienmacher“ diktieren, was und wie zu schreiben ist und was noch verfassungsrechtlich geschützte Meinung sein dürfe.

Ich kann mich noch erinnern, als bei einer dieser Empörungsveranstaltungen darüber, wie man nur daran denken könne, dass sie vom Kanzleramt dirigiert würden, im Publikum zufällig ein Handy klingelte und man auf der Bühle juxte, ah, da rufe gerade Frau Merkel an, um die Inhalte der Tagesthemen durchzugeben. Das Gebäude von Taggesschau und Tagesthemen lag ja direkt nebendran im Nachbargebäude. Und damals war Zervakis noch bei der Tagesschau.

Ich hatte da damals in dieser unsäglichen Veranstaltung der Neuen Deutschen Medienmacher kritische Fragen gestellt, worauf ich da verbal von anderen Journalisten heftig angegriffen wurde. Nach der Veranstaltung sind die reihenweise an mir vorbeigegangen um ostentativ mein Namensschild zu lesen und zu erklären, dass sie sich bei meiner Redaktion über mich beschweren würden – schwierig bei einem 1-Mann-Blog.

Deshalb finde ich weniger die Höhe das Betrags problematisch als vielmehr den Umstand, dass das Kanzleramt den zahlt, dass ein Interview, das unabhängig wirken sollte, vom Kanzleramt beauftragt worden war.

Da ist noch Musik drin.