Ansichten eines Informatikers

Erdbeben durch elektromagnetische Wellen

Hadmut
15.2.2023 23:41

Nein, glaube ich nicht.

Bei mir sind Anfragen eingelaufen und Tweets aufgeschlagen, die darauf hinauslaufen, dass das Erdbeben in der Türkei und in Zypern durch elektromagnetische Wellen ausgelöst worden sei.

Das gabelt sich in zwei Untervarianten:

  • Im Weltraum gebe es unerforschte subtile elektromagnetische Felder, die zu Erdbeben führten, die wir nur noch nicht verstanden hätten.
  • Ein elektromagnetisches Waffensystem könne diese Erdbeben auslösen. Der Beweis sei, dass eine ganze Reihe westlicher Länder 24 Stunden vor dem Erdbeben ihre Botschafter aus der Türkei abgezogen hätten.

Ich halte das für Unfug. Schon aus zwei Gründen: Wenn man die angeblichen subtilen Felder im Weltraum nicht verstanden hat, kann man ihnen nicht die Erdbeben anlasten, denn dazu müsste man sie ja verstanden haben. Und von einem Abzug der Botschafter ist mir nichts bekannt, es würde auch wenig Sinn ergeben, weil die ja in den Hauptstädten sitzen und nicht in einer Provinz an der syrischen Grenze. Selbst wenn sie abgezogen worden wären, könnte das höchstens bedeuten, dass man aufgrund irgendeiner Sensorik vom Erdbeben wusste, aber nicht, dass man es veranstaltet hat.

Ich halte das aber auch physikalisch für nicht möglich. Weil dafür viel zu viel Energie erforderlich wäre.

Ich kann mir zwar vorstellen, dass es da draußen im Weltraum durchaus Galaxien oder Sternensysteme gibt, in denen die elektromagnetischen Kräfte so groß sind, dass sie Planeten beim Durchflug oder ihrer Veränderung verformen, brechen, zerreißen. Da draußen im Weltraum gibt es viel, vor allem Energie in Größenordnungen, die wir hier nicht kennen. Wenn die Energie aber für schwarze Löcher reicht, dann auch dafür. Das geht schon.

Ich glaube aber nicht, dass unser Leben hier, wie wir es kennen, davon unbeeinträchtigt wäre. Sollten wir tatsächlich durch irgendwelche elektromagnetischen Felder fliegen oder angegriffen werden, würde hier kein Stück Elektronik mehr funktionieren. Das hätte uns jeden Reißverschluss aus der Hose gerissen. Dann wären uns alles um die Ohren geflogen, vermutlich einschließlich der Ohren. Es widerspricht sich meines Erachtens aber, wenn man unterstellt, dass die Felder einerseits stark genug sein sollen, um ein Beben einer Platte von der Größe Deutschlands zu verursachen, man aber sonst keinerlei elektromagnetische Störungen oder Schäden festgestellt hat. Die Handys haben ja noch funktioniert.

Ja, man könnte nun argumentieren, dass das halt sehr niederfrequente Felder waren. Dann hätten aber immer noch die Überlandleitungen, Pipelines, Seekabel und sowas schier explodieren, durchglühen müssen. Dann hätten die metallenen Kommunikationskabel aus dem Meer springen müssen.

Jedes elektromagnetische Feld, das auch nur entfernt zu so etwas in der Lage gewesen wäre, hätte uns als auf Elektronik basierende Gesellschaft mehr oder weniger vernichten müssen. Den Eiffelturm schmelzen und sowas.

Es mag zwar sein, dass man irgendwas gemessen hat. Das könnte aber eine Verwechslung von Korrelation und Kausalität sein. Denn es gibt zwar eine Wechselwirkung zwischen Magma und magnetischem Feld der Erde, aber meines Wissens spannt die Bewegung des Magmas das Feld auf und nicht umgekehrt. Ich könnte mir gut vorstellen, dass man vor einem Erdbeben oder Vulkanausbruch mitunter Veränderungen im Magmafluss indirekt durch Veränderungen des Magnetfeldes messen könnte. Aber ich glaube nicht, dass man es beeinflussen könnte. Nicht unbemerkt und nicht ohne sagenhafte Energiequelle. Solange das Besteck nicht aus der Schublade fliegt und die Überlandhochspannungsleitungen nicht leuchten und Samba tanzen, kann ich mir nicht vorstellen, dass das möglich ist.

Davon ganz abgesehen fliegen wir auf einer Kreisbahn um die Sonne (naja, nicht ganz, elliptisch). Das heißt, dass wir jedes Jahr an der Stelle wieder vorbeikommen. Dann müssten wir Erdbeben und Vulkanausbrüche wie die Jahreszeiten haben. Dann hätten wir Februar-Beben.