Ansichten eines Informatikers

Direktmandate

Hadmut
13.2.2023 19:54

Ein Leser weist zum hypothetischen Beispielproblem des Bundestags, in den keiner reinkommt, weil alle Parteien unter 5% sind, auf einen Fehler hin.

Lieber Herr Danisch,

wahrscheinlich bin ich der 500., der Ihnen zu diesem Thema schreibt, aber trotzdem: Meines Wissens gilt die 5%-Hürde nicht mehr, sobald eine Partei mindestens drei Direktmandate erlangt hat (das war ja gerade das heiße EIsen bei der Wahl in Bürlün, dass die Linkspartei gerade mit drei Direktmandaten in den BT kam, wovon zwei fragwürdig waren, und eine vollständige Neuwahl die Linksdreher von knapp 40 auf 1 oder 2 hätte reduzieren können). Bei 299 Qualkreisen bedeutet das also offenkundig, dass, solange nicht mehr als 99 Parteien um die Wählergunst konkurrieren, man immer einige haben wird, die durchkommen. Inwieweit das dann noch von Lotterie verschieden ist, sei dahingestellt…

Viele Grüße und die besten Wünsche für eine weiterhin spitze Feder,

Da hat er recht. Daran habe ich nicht gedacht, und auch sonst niemand, denn erst ist nicht der 500., sondern der erste, der mir das schreibt. Das Problem, das keine Partei in den Bundestag kommt, kann erst ab 150 Parteien auftreten. Denn hätte man 149 Parteien, könnte nur mit höchstens 298 Wahlkreisen jede Partei auf höchstens zwei Direktmandate kommen. Spätestens im 299 Wahlkreis müsste eine der Parteien 3 Direktmandate haben, wenn es nicht mindestens 150 Parteien sind.

Die Sache ist aber immer noch nicht wasserdicht. Denn es ist nicht sicher, dass es in jedem Wahlkreis einen Direktmandat gibt. Der erste Gedanke wäre, was bei Stimmgleichheit passiert. Ich weiß es nicht. Man findet im Internet die vertretene Meinung, dass dann der Wahlleiter durch Los entscheidet. Stimmgleichheit führt also nicht zu dem Problem.

Was ist aber, wenn in einem Wahlkreis gar keiner antritt?

Wenn es zu einer solchen Zersplitterung kommt, ist anzunehmen, dass die Parteien alle sehr, sehr klein sind, sonst stellte sich ja das Problem, dass sie alle unter 5% bleiben, erst gar nicht. Und wenn sie so klein sind, dürften sie andererseits wohl kaum deutschlandweit und flächendeckend vertreten sein. Es könnte also in so einem Zersplitterungsszenario durchaus passieren, dass in vielen Wahlkreisen gar keiner antritt. Das wäre zwar blöd, weil man dann natürlich antritt und als einziger Kandidat sich leicht selbst wählen kann, aber so weit ich weiß, kann man nur dann als Kandidat auftreten, wenn man da auch wohnt.

Rein theoretisch wäre es also auch mit weniger als 150 Parteien möglich, dass keiner die 5% erreicht und auch keiner auf drei Direktmandate kommt. Das ist aber dann schon sehr, sehr, sehr hypothetisch.

Ich glaube, dass wir auf halben Weg dahin schon ganz andere Probleme hätten.

Aber es ist ein guter Hinweis, dass das Problem, dass keine Partei in den Bundestag kommt, praktisch nicht einmal unter den schrägsten Bedingungen auftreten kann.