Ansichten eines Informatikers

Kahane und die Zumutung der Migration

Hadmut
8.2.2023 16:09

Weil ziemlich viele Leser fragten…

Ich hatte doch den Artikel über Anetta Kahane, die sich aufregt, dass man den Osten zu „weiß“ gelassen habe.

Viele schrieben dazu oder fragten an, ob mir denn die Formulierung mit der Zumutung nicht aufgefallen wäre:

Aus Angst vor den Skins und denen, die mit ihnen sympathisierten, hat man diesem Teil des Landes die Zumutung erspart, eine Einwanderungsgesellschaft zu werden.

Doch, aufgefallen war es mir schon. Ich habe auch überlegt, ob ich es ansprechen soll, mich dann aber doch dagegen entschieden.

Der Grund war, das ich in aller Regel Leute lieber bei ihren Aussagen, als bei ihrer Wortwahl packe. Und da hatte ich Zweifel, ob sie das so meint, oder ob da ihr böses Mundwerk einfach nur die Oberhand hatte, und das einfach nur bösartig polemisch gegen die Ost-Bundesländer (=Ex-DDR) gemeint war und da der alte Selbsthass der Stasi-Mitarbeitern durchschien. Denn wenn jemand etwas als Zumutung bezeichnet, kann das nicht nur heißen, dass er selbst es für eine Zumutung hält, sondern umgekehrt auch, dass er seinem Gegenüber vorwirft, es als Zumutung aufzufassen. (Typischer Paar-Streit: „Entschuldige, dass ich Dir zugemutet habe, mit mir ins Theater zu gehen.“) Man könnte es aber auch im Sinne einer Anfangsinvestition auffassen, nämlich dass man den Leuten erst einmal zumututet, Flüchtlinge unterzubringen, bis die dann später erst all die Wohltaten ihres Daseins entfalten. Man kann es nämlich auch als Vorwurf an den Osten verstehen, dass die keine Flüchtlinge haben, aber dann von deren Wundernutzen profitieren wollten.

Hätte sie nämlich gesagt, dass man dem Osten die Segnungen und Vorteile der Migration vorenthalten hätte, weil der Osten der Veredelung durch Diversität nicht würdig sei, dann hätte das ja Anlass geboten, sich über Diskriminierung, Benachteiligung, Ausschluss, verweigerter Teilhabe an der wunderbaren Migration zu beklagen. Damit hätte man den Osten als benachteiligt hingestellt.

Sie wollte das wohl aber als Privilegierung und Bevorteilung hinstellen, und hat deshalb einfach aufgrund abgrundtiefer Bösartig- und Boshaftigkeit eine Formulierung gewählt, die eine Besserbehandlung des Ostens suggerieren soll.

Ich glaube nicht, dass die damit sagen wollte, dass die Migration eine „Zumutung“ sei. Ich glaube, das war reine Bösartigkeitsrhetorik, bei der das Gift der Klappe weiter gespritzt hat, als die Reichweite des Verstandes ist, und die das selbst gar nicht gemerkt hat, was sie da daherschwätzt. Geistlose Giftspritze.

Das ist so ein Nebenausläufer des Phänomens der Doppelbegriffe, die ich häufig beschreibe. Es wird ohne nachzudenken, was man eigentlich sagt, immer eine Formulierung gewählt, die den Gegner möglichst treffen, verletzen, negativ darstellen, runtermachen soll. Semantik kapieren Linke nicht mehr.

Deshalb habe ich zwar auf deren Geschwätz was gegeben, nämlich einen Blogartikel, aber nicht auf die Formulierung.