Ansichten eines Informatikers

Enthamsterung

Hadmut
30.1.2023 20:53

Also, wenn der ganze Katastrophen-, Krisen-, Kriegs-, Energienot- und Grünen-Mist mal vorbei ist,

muss ich echt mal meine ganze Wohnung zerlegen und jeden einzelnen Gegenstand überprüfen.

Irgendwie kauft man immer noch irgendwas auf Vorrat und für HomeOffice und für dies und für das, und man weiß ja nicht, ob es nächste Woche noch Mehl oder Klopapier oder Strom und so weiter und so fort.

Ich muss wirklich feststellen, dass ich mehr als normal von irgendwelchem Klein- und Vorratskram gebunkert habe. Früher, vor der Pandemie, bin ich fast jeden Abend in den Supermarkt um die Ecke, und habe kleine Mengen gekauft, für zwei Tage. Mit der Pandemie hatte ich angefangen, nur noch einmal die Woche zu gehen und für ein bis zwei Wochen einzukaufen.

Aber zuviel? Nein, eigentlich nicht. In der Anfangszeit der Pandemie hatte ich mich mal darauf eingerichtet, das wusste man das ja alles noch nicht, dass ich schlimmstenfalls bis zu drei, vier Wochen durchhalten kann, auch wenn es bitter wird, weil halt nur Konserven, Trockenfutter und H-Milch und sowas, aber für einen Fehler hielt ich es nicht und halte es auch rückblickend nicht, weil man ja zu Quarantäne verdonnert werden konnte oder auch die Besatzung der Supermärkte oder Lieferanten, das hätte ja durchaus schief gehen können. Zum Teil habe ich das Zeug inzwischen auch schon wieder gegessen. Früher war das mal so üblich, dass man eine Speisekammer hatte und die Hausfrau im Herbst große Mengen von Lebensmitteln „eingeweckt“ hat, der Keller voll mit Eingemachtem stand, damit man durch den Winter kommt. Da gab es diese Gläser von Weck mit Gummi und Metallspange, und man hat das Zeug gekocht oder sogar die dann verschlossenen Gläser nochmal in kochendes Wasser gestellt, damit das auch wirklich keimfrei war und beim Abkühlen ein Unterdruck entstehen konnte. Und dann ganze Regalböden voll von allem möglichen Obst und Gemüse in solchen Gläsern im dunklen, kühlen Keller gebunkert. Das kennt man heute schon gar nicht mehr. Das war selbstverständlich, dass man Nahrungsmittel für Monate im Haus hatte.

Dann kam mit dem 70er und 80er Jahren so eine Phase der großen Supermärkte und ganzjährigen Verfügbarkeit, als man die Wohnungen auf schmal trimmte, weil man ja immer alles kaufen kann. Es war so die Zeit, als Mikrowellen und Mikrowellenessen in Mode kamen und es Usus wurde, dass alles das war, was man auf englisch „processed food“ nennt, verarbeitetes Zeug, und man alles in großen Packungen kaufen konnte, woran die Werbung keinen Zweifel ließ.

Eben habe ich wieder zwei Gläser konservierte saure Gurken an einer Stelle gefunden, wo ich sie normalerweise nicht hintue, die ich mal anfangs der Pandemie gekauft habe, falls die sauren Gurken knapp werden. Das Wohnzimmer ist eh längst zur Lagerhalle umgebaut, steht mit IT-Kram voll, und der (ehemalige) Esstisch ist vollverkabelt, weil zur Videokonferenzstation mit Greenscreen, LED-Scheinwerfern und Videomischpult umgebaut. Als neulich mal der Klempner da war, um eine Klospülung zu reparieren (Gästeklo, verkalkt, klemmt, weil während der Pandemie keine Gäste da waren, deshalb brauchte ich den großen Esstisch auch nicht zum Essen), guckte der fassungslos in mein Wohnzimmer und beschied mir, dass er so nicht wohnen wollte. Ich habe mir dann unter Aufbietung meiner Selbstkontrolle verkniffen zu sagen, dass ich dafür als Beruf nicht an den Kloschüsseln anderer Leute rumschrauben wollte, und mir klar wäre, dass er kein HomeOffice treibt, und mir im direkten Vergleich IT-Kram im Wohnzimmer lieber ist.

Wie dem auch sei. Ich höre von Nachbarn, dass es denen auch nicht besser geht. Bei nanchen ist die Wohnung auch zur Pandemie-Höhle mutiert, und das Aufkommen eines Krieges und der Energiekrisendiskussion motiviert nicht dazu, Vorräte abzubauen. Man weiß ja nie. Und die Regierung sagt ja auch seit Monaten, dass wir uns bitteschön verhalten sollen wie ehedem die ultrarechten Nazi-Prepper, nämlich Vorräte anlegen, es könnten ja Supermarkt oder Strom ausfallen. Was sind das für Zeiten, in denen die Regierung empfehlt, das zu tun, wofür man eben noch als Nazi hingestellt wurde. (Was empfehlen die denn dann als nächstes?)

Ich halte es zwar für keinen guten Augenblick, jetzt Vorräte ab- und die HomeOffice-Fähigkeit rückzubauen, aber ich fürchte, ein solcher guter Augenblick kommt auch nicht in absehbarer Zeit. Denn der Krieg wird dauern, die Energiekrise wird bestehen und die Grünen werden wir auch so schnell nicht wieder los. Und der nächste Krieg kommt bestimmt (womöglich USA-China, oder China-Taiwan mit EU-Eigensanktionen). Der Strom wird auch ausfallen, die Belieferung der Supermärkte sowieso, wenn uns die LKW-Fahrer ausgehen, bevor wir selbstfahrende LKW haben.

Ich fürchte, wir werden mit Lebensmitteln, Computerzeug, eigentlich allem über kurz oder lang in eine DDRoide Situation rutschen, wie sie die Grünen beim Strom vorhaben: Angebotsorientiert. Wenn gerade was da ist, Vorrat/Akku auffüllen, und dann schauen, wie man durchkommt, bis es wieder was gibt.

Im Moment würde ich, wenn es hart käme, zuerst die Business-Klamotten, die Anzüge, die Hemden, die Krawatten rauswerfen, weil ich die eigentlich nicht mehr trage.

Eine interessante Frage, wie sich in den letzten 3 Jahren das Wohnen verändert hat. Wir sollen Vorrat halten, während uns gleichzeitig der Wohnraum reduziert wird.