Ansichten eines Informatikers

Das ZDF, WISO und die Betrugsmasche

Hadmut
25.1.2023 12:55

Ich glaube nicht, dass die vom ZDF verbreitete Rechtsmeinung zutreffend ist.

Am Montag abend kam in WISO ein Beitrag über eine Betrugsmasche (online, Sendung vom 23. Januar, das fünfte Segment ab 21:03). Ich hatte das eigentlich schon wieder vergessen, aber gerade wiederholten sie es nochmal im Mittagsfernsehen (Drehscheibe).

Worum geht es?

Eine Betrugsmasche, die sie am Beispiel einer Mutter erläutern, die fürs Töchterchen einen Schulranzen bestellt hat.

Mutter (A) bestellt im Internet auf einer Webseite oder per eBay bei einem Anbieter (B) einen Schulranzen und bezahlt. Günstig, angeblich gebraucht (um den günstigen Preis zu motivieren, ist hier aber eigentlich egal), und bekommt tatsächlich per Post einen prächtigen, sogar nagelneuen tollen Schulranzen, und ist sehr zufrieden damit. In der Schachtel liegt noch eine Rechnung eines Versandhändlers (C), sie beachtet das aber zunächst nicht, weil ja schon bezahlt.

Drei Monate später erhält sie per Papierpost eine Mahnung von C (bzw. Klarna als Inkasso) über einen Schulranzen, und wundert sich, weil sie doch bei C gar nichts bestellt hat.

Grund:

B ist ein Betrüger. B hat das Geld kassiert, besaß aber keinen Schulranzen, sondern hat mit Name und Postanschrift der Mutter (A), aber anderer Mail-Adresse (nämlich der von B) einen Account beim Händler C eröffnet und einen Schulranzen bestellt, aber nicht bezahlt, der zunächst geliefert wurde und dazu führte, dass die Mutter (A) zufrieden war.

Weil der Händler C, der tatsächlich geliefert hat, (oder dessen Finanzdienstleister) aber noch kein Geld bekommen hat, mahnt er nun, und die Mutter (A) muss laut ZDF doppelt zahlen.

Ich halte das für rechtsfehlerhaft.

Zur Begründung verweise ich auf die kriminelle Masche, fremde Wohnmobile zu verkaufen. Da ist es nämlich geklärt, dass bei der Betrugsmasche, in der sich Leute ein Wohnmobil mieten und das dann an einen Dritten verkaufen, der Dritte tatsächlich Eigentümer des Wohnmobils wird. Denn man kann zwar kein Eigentum an gestohlenen Sachen erwerben, aber das Wohnmobil ist nicht gestohlen, sondern unterschlagen, weil der Vermieter und ursprüngliche Eigentümer es ja willentlich herausgegeben hat. Und wenn der Mieter es dann verkauft, ist das zwar unterschlagen und veruntreut, aber dafür gilt diese Ausnahme, dass man nicht Eigentümer durch Erwerb werden kann, eben nicht. Schräg, ist eber eben nach geltendem Recht so.

Und ich glaube, dass die Situation hier beim Schulranzen genauso liegt wie beim Wohnmobil.

Denn auch, wenn B mit falschen Angaben bei C bestellt hat, ist meines Erachtens ein Vertrag zwischen dem Händler C und dem Betrüger B zustandegekommen. Und ein Vertrag zwischen dem Betrüger B und der Mutter A. Aber nicht zwischen Mutter A und Händler C. Es gibt keinen Rechtsgrund, warum die Mutter A an Händler C zahlen müsste.

Betrüger B hat damit letztlich sogar seinen Vertrag gegenüber der Mutter A erfüllt, nämlich indem er einen Schulranzen geliefert hat, sogar besser als zugesichert, nämlich neu. Das heißt, dass B über den Schulranzen verfügt hat, nämlich indem er ihn an Mutter A hat liefern lassen, und damit seine vertragliche Verpflichtung erfüllt hat. Es ist ein normaler Vorgang, dass jemand etwas verkauft und das dann erst selbst bestellt, um seinen Kaufvertrag zu erfüllen.

Meines Erachtens ist die Mutter A also Eigentümer des Schulranzens geworden, und schuldet Händler C kein Geld, weil kein Vertragsverhältnis. C kann den Schulranzen auch nicht zurückverlangen, weil keine rechtsgrundlose Verfügung, und gültigen Vertrag mit B. pacta sunt servanda.

Meines Erachtens kann Händler C also das Geld nur von Betrüger B verlangen, aber nicht von Mutter A.

Das ist freilich schwierig, wenn Händler C ja gar nicht weiß, wer Betrüger B ist.

Das aber ist meines Erachtens das Problem von Händler C und dessen unternehmerisches Risiko, wenn sie Sachen auf Rechnung an Adressen verschicken, die sie nie geprüft haben.

Ich sehe die Schuld deshalb bei B und C. B, weil Betrüger, und C, weil leichtfertig und selbst schuld.

Das ZDF behauptet aber, die Mutter A sei schuld, ohne zu erkennen zu geben, was Mutter A eigentlich falsch gemacht haben soll. Nur so nebulöses Gerede, dass man doch vorsichtig sein und aufpassen soll.

Und das halte ich für falsch.

Es mag zwar faktisch dann so sein, dass es für Mutter A günstiger ist, den Ranzen nochmal gegenüber C zu bezahlen, als sich auf Rechtsstreitigkeiten vor deutschen Gerichten und mit deutschen Juristen einzulassen. Also in dieser Situation die ökonomischste Lösung, weil das Recht in Deutschland teurer ist als das Unrecht hinzunehmen. Aber richtig ist es nicht.

Ich empfinde es als überaus ärgerlich und nicht hinzunehmen, dass der Schaden bei der Einzigen hängen bleiben soll, die eigentlich nichts falsch gemacht hat, und sie für Betrüger B und Dummkopf C haften muss.

Zumal mich sehr interessieren würde, ob C wirklich nicht weiß, wer B ist, oder die vielleicht sogar kooperieren, und das ZDF darauf hereingefallen ist.