Ansichten eines Informatikers

Vorschlag für ein Sendeformat: Die Bühne und die faulen Tomaten

Hadmut
16.1.2023 13:59

Ich hatte das früher schon einmal beschrieben, aber ich wiederhole mich da auch.

Gerade weil doch gerade eine Diskussion anfing, was mit dem ÖRR passieren soll und wie man Fernsehen in der Zukunft macht.

Mir persönlich gehen diese Talkshows, diese Anne Wills, diese Sandra Maischbergers, diese Maybrit Illners so auf die Nerven. Das ist so unfassbar doof, wenn sich die Leute da bekriegen und dummes Zeug durcheinanderschwätzen. Das ist so unterstes Niveau.

Eine Sonderstellung hat da Markus Lanz. Der ist anders, geht mir anders auf die Nerven. Da ist es zwar positiv, dass die Gäste – meist, manchmal schon – nicht konfrontantiv gegeneinander reden, sondern einer nach dem anderen dran ist und sie oft auch disjunkte Themen haben, als weder formal Gelegenheit, noch Anlass, sich zu streiten und ins Wort zu fallen. Wenn nur Lanz nicht wäre. Mir geht dessen nassforsche Art und den Leuten dauernd ins Wort zu fallen, sehr auf die Nerven und mich stört, dass er die Leute sofort abschneidet, wenn sie nicht das sagen, was er im Konzept hat. Man merkt Lanz richtig an, dass er geistig keine Leuchte ist und mit intellektuellen Leute nicht mitkommt. Manchmal schafft Lanz es, gute Fragen zu stellen. Manchmal sogar wirklich gute Fragen. Das Problem daran ist, dass Lanz eitel und nicht intellektuell ist, dass es ihm dann darum geht, sich fragen und nicht die Antwort darauf zu hören. Lanz geht es darum, dass die Frage gestellt wird, und zwar von ihm, und nicht die Antwort gegeben. Eigentlich hat Lanz nur einen einzigen Talk-Gast, und das ist immer derselbe: Er selbst. Alle anderen sind Statisten, wenn sobald es um irgendwas mit Politik geht.

Ich halte Talkshows für enormen Schrott. Und es hängt damit zusammen, dass „Journalisten“ in sehr engen Bahnen denken, und die von ihrer Ausbildung her in bestimmte Formate gepresst werden. Deshalb machen die so gerne Podiumsdiskussionen = Talkshows, denn sie können auch nicht viel mehr als das. Die bekommen die Aufgabe, x Minuten irgendwas zu machen oder zu senden, und tun halt das, was sie können, um die Zeit irgendwie zu füllen. Und das mit minimalem Aufwand. Dasitzen und ein paar blöde Fragen stellen, schon ist die Zeit rum.

Es gibt im Moment eigentlich nur eine einzige Talkshow, die nicht meine Missbilligung findet: Inas Nacht von Ina Müller. Da wird nicht gestritten, man fällt sich nicht ins Wort um sich abzuschneiden, die Leute sind als Person und nicht als Thema da. Flach, aber sehr nett und angenehm. Sie haben keinen Anspruch, den sie nicht erfüllen. Und die Musik ist meistens gut. Bei Precht gefällt mir die Deckenlampe.

Wenn man kritisiert, wird man gelegentlich gefragt, wie man es denn sonst machen solle, was man also ansonsten vorschlägt. Hier also (nochmal) mein Vorschlag:

Wichtigster Punkt: Es gibt keinen Moderator und keine Redaktion, niemanden, der politisch, inhaltlich Einfluss nimmt.

Teilnehmer sind Zusammenkünfte einer kleinen Zahl von Gruppen, ich denke da zuerst an den Bundestag und die Landtage mit Fraktionen.

Die Dauer würde ich mal so zwischen 30 und 90 Minuten pro Sendung sehen.

Die Idee ist, dass inzwischen jede Partei in der Lage sein sollte, ein sendetaugliches Video selbst zu erstellen, oder man schickt ihnen halt ein Kamerateam, und als Hautthema ihren Film einreicht, und die anderen darauf antworten. Es spricht nichts dagegen, wenn die dann untereinander Termine tauschen. Bei Bedarf und Anlass auch kurzfristig.

Man würde also entweder reihum oder per Los, zufällig, jedem (hier also jeder Fraktion) einmal die Hauptrolle zukommen lassen. Das heißt, dass die spätestens zwei oder drei Wochen vorher von dem Termin wissen. Und dann sollen und müssen die ein Video produzieren, das einen bestimmten Anteil, ich denke da an die Hälfte, der Sendezeit dauert. Bei einer 45-Minuten-Sendung also sowas um die 20 Minuten. Und da dürfen und sollen die dann bringen, was ihnen gerade wichtig erscheint. Ähnlich wie im Wahlkampf die kurzen Wahlkampfspots. Sie können sich darstellen, wie sie die Gesellschaft gestalten wollen. Sie können schimpfen und Vorwürfe machen, Mängel listen. Sich beim Grillen oder Saufen zeigen. Völlig egal. Jeder darf sich abgrundtief blamieren, wie er will. Niemand wird vor sich selbst gerettet.

Das Video wird – Vertraulichkeit muss gewahrt bleiben – vorher, vielleicht eine Woche oder drei Tage – an die anderen geschickt. Die dürfen und sollen dann einen Kurzkommentar erstellen, der genau die Länge des Rests der Sendung umfasst, geteilt durch alle anderen. Bei n Teilnehmern also Rest der Sendung geteilt durch n-1. Die werden dann in zufälliger Reihenfolge angefügt.

Also:

Wir haben 6 Fraktionen im Bundestag, CDU, SPD, Grüne, Linke, FDP, AfD.

Macht bei 45 Minuten Sendezeit einen Vortrag von 20 Minuten für den, der dran ist. Und je 5 Minuten für 5 Kommentare der jeweils anderen.

Sendet man eine solche Sendung pro Monat, hat man 12 pro Jahr, dann ist jede Fraktion zweimal im Jahr als Vortragender und zehnmal als Kommentator dran. Wie sie das dann machen, ob seriös oder mit Parteiclowns, bleibt völlig ihnen überlassen. Und wenn gerade was hochkocht, wie jetzt bei Klimarandale, dann kann man tauschen oder eine Sendung mehr machen. Dann sollen beispielsweise die Grünen mal darstellen, wie sie sich das so vorstellen, und die anderen ihren Senf dazu abgeben. Egal was. Vorwürfe, Gegenargumente, Faktenchecks, Tanzeinlagen, faule Tomaten. Man könnte also neben den Sag-was-Du-willst-Sendungen auch themenorientierte machen wie Sag-was-zu-Lützerath. Oder beispielsweise Regierungsfraktionen mehr Erklärungen abverlangen als oppositionellen.

Damit man sich dann als Wähler – ungefiltert von Redaktionen und Moderatoren – eine direkte Meinung bilden kann.

Ist man nicht in ein festes Sendeschema eingebunden, muss das nicht einmal so starr von der Zeit her sein, denn wenn man es aus der Mediathek streamt, ist das nicht schlimm, wenn es eben 53 statt 45 Minuten dauert. Und wenn jamand die Kommentarzeit nicht reicht, steht es ihm frei, auf seiner Parteiwebseite einen längeren Kommentar abzugeben und im Erstkommentar darauf hinzuweisen.

Billig wäre es auch.

Und die Herstellung von Videos ist bei den Parteien längst Praxis, kann man auch von ihnen erwarten. Notfalls gibt man ihnen noch etwas Geld oder verteilt anderes um. Die Abgeordneten bekommen ja schon viel Geld für Angestellte, dann können die sich auch ein paar Medienheinis leisten. Das sollte man heutzutage von einer Partei erwarten können, dass sie medientauglich in eine Kamera spricht, was sie politisch vorhat. Und wenn stattdessen Emilia Festers rumhüpfen, dann sollen sie das auch tun dürfen, aber sich dann die Wähler auch ihre Meinung bilden können.

Und vor Wahlen werden die dann alle wiederholt, und in der Mediathek liegen sie sowieso.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass da auch sehr dröge Sendungen entstehen werden, aber das ist ja der Sinn der Sache, dröge Parteien auch dröge aussehen zu lassen. Es ist ja eine Informations- und keine Unterhaltungssendung. Wer gewählt werden will, soll halt auch sagen, wofür.