Ansichten eines Informatikers

„Die Sucht nach Schönheit und nach Freiheit ist vorbei.“

Hadmut
13.1.2023 18:10

Aktueller Schwachsinn der Presse.

Das frühere Supermodel Tatjana Patitz ist vor ein paar Tagen gestorben. Die schöne Deutsche mit dem irren Blick. Ich hatte mal überlegt, was deren Blick eigentlich so besonders macht. Es waren weit auseinanderstehende Augen, eine helle Iris, diese geheimnisträchtigen Schlupflider, und das in Verbindung mit einer außergewöhnlichen länglichen Augenform, die trotzdem groß genug war, um die Iris fast ganz zu zeigen, darumherum ein ebenmäßiges Gesicht.

Es waren die 80er und die 90er Jahre, als Schönheit noch etwas galt, und die Kameras und die Zeitschriften gut genug geworden waren, um sie auch darzustellen. Nicht wie heute, wo man Dummheit und Hässlichkeit hochjubelt. Als man Modezeitschriften noch mit Interesse und nicht mit Hass und Vorwurfslawinen las.

Wolfgang Joop hat einen Nachruf auf sie geschrieben, dabei aber den Fehler begangen, ihn beim SPIEGEL zu publizeren.

Tatjana Patitz hatte dieses wahnsinnig geheimnisvolle Gesicht, unverwechselbar zu sehen auf dem Foto von Peter Lindbergh im Reigen der anderen Models jener Zeit. Cindy Crawford, Helena Christensen, Linda Evangelista, Claudia Schiffer, Naomi Campbell, Karen Mulder und Stephanie Seymour, damals, in Brooklyn, 1991. […]

Dieses Gesicht war unvergesslich. Es ist unvergesslich. Diese slawischen Augen. Es gibt viele Fotos, wo man Tatjana einen Husky in die Arme drückte, um die Ähnlichkeit zu illustrieren. Diese unglaublichen animalischen blaugrünen Augen, zusammen mit ihrem Gesicht und ihrem Körper glich sie einer asiatischen Skulptur. Es war ein magischer Blick. […]

Es ging damals um eine ungebrochene Schönheitsvorstellung. Die Neunziger waren das Feiern dieser Superfotografen wie Herb Ritts, Wolfgang Tillmans, Mario Sorrenti, sie waren das Feiern dieser Supermenschen, dieser Superfiguren. Wer konnte, leistete sich damals diese Gesichter als Designer, als Fotograf, als Mensch und Bewunderer. Danach war diese Aura verschwunden. […]

Und dann kamen die Realitystars um Kim Kardashian und Co. Das war eine seltsame Botschaft. Sie transportierte das Gegenteil zu dieser Sucht nach Schönheit und auch zu dieser Sucht nach Freiheit. Nicht umsonst tauchten 1990 im Musikvideo von George Michaels Song »Freedom« die Supermodels als Illustration dieser Zeit auf. Es war eine Zeit ohne Verbote, ohne Reflexion. Heute begleitet beides permanent alles. Darf ich das? Darf ich das nicht? Darf ich das sagen? Wen könnte ich beleidigen? Wer wird mich gleich korrigieren? […]

Alle, die ich kannte, hatten auf einmal den Wunsch, sich zurückzuziehen.

Ich hätte es anders formuliert und kann auch nicht behaupten, da irgendwen gekannt zu haben, aber grundsätzlich stimme ich da mit Wolfgang Joop überein. Es gab eine Zeit, in der es um Schönheit ging, und da völlig ungebremst gezeigt wurde, was man zeigen kann, was die Fotographierkunst hergab. Es war ja auch genau die Zeit, in der ich mich mit Aktfotographie beschäftigt habe, weil es eben damals die hohe Schule der Darstellung schöner Frauen war. Zeit der Hochglanzmagazine, ob nun Metropolitan und die ganzen Frauenzeitschriften, oder Playboy und Penthouse. Es gab nur eine Richtung, Frauen schöner, toller, begehrenswerter darzustellen. Dann ist das erst ins Groteske gedriftet, wo es nicht schräg genug sein kann, und dann plötzlich in einen Fett- und Hässlichkeitskult umgekippt. Motto: Ich bin drei Supermodels!

Heute konfrontiert man die Leute in Medien und Werbung gerne mit Hässlichen, vor allem mit Dicken, Fetten, und man könnte meinen, dass man die Kundschaft damit zu umschmeicheln versucht, dass man ihnen nicht mehr vor Augen führt, wie gut man aussehen könnte, sondern wieviel besser sie aussehen als die Dicke auf dem Titelfoto. Damit sich jede schlank und schöner fühlen kann.

Aber, ach.

Über dem Nachruf von Joop steht der Aufmacher, und in den Social Media heißt es, der käme nicht von Joop, sondern sei vom SPIEGEL drübergeklatscht worden,

Ihr Tod ist auch ein Zeichen, dass die Sucht nach Schönheit und Freiheit vorbei ist.

Was für ein Schwachsinn.

Und auch nicht das, was in Joops Text steht. Da hat anscheinend irgendeine so verbiesterte wie blöde Feministin der nicht so schönen Sorte ihren Mist drüberkacken müssen, und sich wohl sehr gefreut, dass die jetzt tot ist.

Man könnte vielleicht sagen, dass der Umstand, dass die Zeit der Supermodels vorbei ist, zeigt, dass die Sucht nach Schönheit durch die Sucht nach Hässlichkeit ersetzt wurde. Aber was der Tod Patitz’ als Zeichen sein soll, das ist ja nun wirklich nicht erkennbar, und was das mit Freiheit zu tun hat, schon gar nicht.

Und es zeigt eben, dass diese Leute sich nicht mal bei einem Nachruf zusammenreißen können.

Bleibt zu hoffen, dass Joop daraus was lernt und künftig die Finger von der Mistschleuder SPIEGEL lässt.