Ansichten eines Informatikers

Mein dümmster Artikel

Hadmut
8.1.2023 15:54

Ein Leser schreibt:

Hallo Herr Danish,

ich lese gerne Ihren Blog und mag Ihren Humor bei all den verrückten Themen dieser Zeit.
Aber der Artikel „Der hybride dritte Weltkrieg“ ist der wohl dümmste Artikel, den Sie je geschrieben haben.

Sie haben bei dem Corona Zirkus geschrieben, dass Sie sich nicht intensiv dazu äußern, weil Sie davon keine große Ahnung haben. Das fand ich sehr gut, da es schon zu viel Blödsinn dazu zu lesen gab. Es ist schade, dass Sie die gleiche Erkenntnis der geringen Ahnung hier nicht angewendet haben.

[…längere Ausführungen, die sich aber kaum auf meinen Artikel beziehen…]

Mal drüber nachgedacht?

Egal, was man schreibt, und wieviel Mühe man sich gibt, es gibt immer einen schlauesten und einen dümmsten Artikel. Vorher hatte ich einen dümmsten. Und jetzt habe ich immer noch einen dümmsten, nur halt einen anderen.

Beachtlich ist, dass mir an Dümme immer vorgeworfen wird, einfach die falschen Quellen zu haben und zum falschen Ergebnis zu kommen, aber eigentlich keine Denkfehler an sich.

Erstens zitieren Sie die „WELT“ als das nach der „BILD” bekanntestes propandagistisches Mainstream Medium, das der Hetze dieses Blattes in nichts nachsteht.

Das heißt, wer die WELT zitiert, ist automatisch dumm, ohne dass es noch einer weiteren Erläuterung bedarf?

Heißt im Umkehrschluss, dass wer schlau sein will, sich die Quellen so zu wählen hat, dass immer das herauskommt, was herauskommen soll? Confirmation Bias?

Ich halte die WELT zwar im Mittel auch nicht für schlau, manchmal haben sie aber schlaue Artikel, und vor allem haben sie auch hin und wieder Artikel, die vom Mainstream noch deutlich abweichen und regierungskritisch sind, was man in den anderen Medien praktisch gar nicht mehr findet. Ich halte die WELT noch für eines der kritischsten Medien unserer Landschaft, auch wenn das in unserer Landschaft nicht mehr viel heißen mag. Zumindest ab und zu brennt bei denen noch etwas Licht.

Dann auch noch ausgerechnet einen Schriftsteller, den Sie als „Putin-Kritiker“ hinstellen, von dem man aber eigentlich nie was entscheidendes gehört hat. Das er in der Schweiz lebend auch die Schweiz in deren Medien mitverantwortlich für diesen Krieg macht, erfährt man leider nicht.

Dumm ist, von wem man noch nie etwas Entscheidendes gehört hat, während man gleichzeitig Blätter, wie die WELT, die ihn zu Wort kommen lassen, nicht lesen darf, damit man nichts Entscheidendes von ihm gehört hat? Ein teuflischer Plan.

Wie würde denn dann jemand anfange, etwas Entscheidendes zu sagen, wenn er a) erst dann gehört werden kann, wenn er schon mal etwas gesagt hat, was man gehört hat, und b) man ihm erst zuhört, wenn er schon mal was gesagt hat? Henne-Ei-Problem?

Warum muss man überhaupt etwas „Entscheidendes“ gesagt haben, um gehört zu werden oder nicht dumm zu sein?

Man sollte vielleicht mal bedenken, dass der Mann Russe ist und bisher vielleicht russisch und für Russen geschrieben hat, wir bisher einfach nicht seine Zielgruppe waren, und der erst jetzt durch den Krieg in unseren Fokus gerückt ist.

Mir wirft man vor, dass ich mich zu etwas äußere, womit ich mich nicht auskenne. Einem russischen Autor, der sich wohl mit Russland halbwegs auskennt, weil er Russe ist, wirft man es aber ebenfalls vor, weil er noch nichts Entscheidendes gesagt hat.

Was will man denn nun? Ist es egal, wie man es macht, weil es immer dumm ist, wenn man nicht das sagt, was die Leute hören wollen?

Zweitens, ein Schriftsteller erfindet Geschichten. Die ganzen Aussagen dieses Herren, basieren auf was? Auf Fakten? Aha, und wo sind diese? Wie üblich bei den MS-Medien sind diese nicht vorhanden. Russland korrumpiert westliche Politiker, unterstützt Parteien… Ah ja? Wen? Welche? Wieviel? Antwort: Nichts!! Nur wieder leere Behauptungen.

Das heißt, dass man dem Mann, obwohl man ihn kennt und noch nie etwas von ihm gehört hat, für einen Lügner hält, einfach weil er „Schriftsteller“ ist. Komischerweise findet man sehr wenige Interviews mit „Fakten“. Davon ganz abgesehen verachte ich Leute, die „Fakten“ fordern oder „Faktenchecker“ machen, weil sie nicht wissen, was das Wort „Fakten“ bedeutet.

Nur zur Erinnerung: Dass die EU korrupt ist, hat sich doch gerade gezeigt (wurde doch gerade eine mit Taschen voller Geld festgenommen), es wurde doch gerade eine Politikerin festgenommen, und es gibt Aussagen, dass das nur das Fähnchen auf der Antenne auf der Spitze des Eisbergs sei.

An einem Krieg kann man nie etwas Positives finden. Aber wenn man in die Tiefe geht, spricht gegen die NATO noch weniger als für Russland. Wie hatten Macron und Merkel doch kürzlich öffentlich gesagt? “Das Minsker Abkommen (Anmerkung: zur friedlichen Lösung der Ukraine Krise) wurde nur gemacht, um der Ukraine – und somit der Nato – mehr Zeit zu verschaffen, um sich auf den Krieg mit Russland vorzubereiten (also die Ukraine zu bewaffnen). Eine Umsetzung dieses Abkommens war nie vorgesehen”. Statt dessen wurde Russland mit tausenden von Sanktionen belegt, weil es angeblich nichts dafür tat, das Abkommen umzusetzen. Das ist humoristisch schon ganz weit oben anzusiedeln, oder? Genau wie die Aussage des NATO Oberen, die Ukraine mit Waffen voll zu stopfen sei “der schnellste Weg zum Frieden”! Irgendwo hab ich gelesen, dieser Warlord wurde von einem norwegischen Politiker für den Friedensnobelpreis nominiert. Nein, das ist jetzt kein Witz, leider!

Ach. Russland überfällt die Ukraine, und die NATO ist schuld dran?

Die NATO wolle sich auf einen Krieg mit Russland vorbereiten?

So’n Quatsch.

Erstens war die NATO vor dem Ukraine-Krieg schon nahezu scheintot.

Zweitens tut man immer so, als wäre die NATO ein eigener Staat, der andere angreift. Die NATO besteht aber nur aus ihren Mitgliedsstaaten. Die NATO an sich kann gar keinen Krieg führen, sondern nur deren Mitgliedsstaaten. Die NATO ist so ähnlich wie die ARD – die haben ein Logo und kosten Geld, aber bei Licht betrachtet gibt es sie gar nicht, es senden immer die Landesanstalten unter dem Label der ARD. Die NATO ist nicht viel mehr als ein Vertrag.

Wer also hätte da Russland angreifen wollen? Welches Land? Und wie? Und warum? Und von welchen Finanzmitteln? Und womit?

Außerdem ist die NATO ein Verteidigungsbündnis und agiert auf Basis der Zustimmung seiner Mitgliedsländer. Und mindestens die Mehrzahl der Länder will ganz sicher keinen Krieg, hat ihre Armeen vorher weggeschrumpft und feminisiert. Die würden da sofort Veto einlegen, wenn die NATO irgendwen angreifen sollte oder wollte, weil das nicht unter die Verträge fällt. Selbst wenn man unterstellt, dass ein Land gegen Russland in den Krieg ziehen wollte (und manche meinen, das sei das Ziel der USA) – wer würde da mitziehen wollen, Russland anzugreifen? Angenommen, die NATO hätte gesagt „He, Jungs, ich hab eine Idee, kommt, wir greifen mal Russland an und führen Krieg gegen das größte Flächenland der Welt“ – Welches Land hätte denn da mitmachen sollen oder wollen? He, geile Idee, wir hatten eh gerade Langeweile und nichts Besseres zu tun?

Und die Ukraine ist auch nicht NATO-Mitglied, als liegt kein NATO-Fall vor.

Ich halte die Aussage, dass die NATO Russland angreifen wollte, für völligen Blödsinn und eine Geistergeschichte. Völlig unabhängig von der Frage, wie sie das denn wollen können und wer, ist nicht erkennbar, wie das hätte ablaufen sollen.

Noch schräger finde ich es, wenn mir (oder dem zitierten Autor) jemand gleichzeitig vorwirft, keine „Fakten“ zu bringen und dann selbst mit solchen Räuberpistolen daherkommt, die auf einem fiktiven Phantasieangreifer „NATO“ beruhen.

Putin wehrt sich nicht gegen die NATO. Putin will die Grenzen der Sowjetunion wieder herstellen und Russland wieder zu einem zarenähnlichen Reich machen. Der hat vor lauter Arroganz gedacht, er schickt ein paar Truppen in Ausgehuniform dahin, dass sie dort auf dem Paradestreifen durch die Stadt fahren, von der Bevölkerung mit Blumen begrüßt werden und der Ukraine-Regierung mal den Hintern versohlen und sie dann in die Wüste schicken. Putin konnte es nicht verknusen, dass Russland früher mal eine Großmacht war, und jetzt eher so zum Bittsteller abgerutscht war, und wollte nun den dicken Maxen markieren. Und es hat nicht so geklappt, wie er sich das vorgestellt hat.

Aber selbst wenn die NATO das gewollt hätte: Mir erschließt sich nicht, wie ein Putin, der sich gegen eine NATO wehren und deren Angriff abwehren will, dies erreichen könnte oder wollte, indem er einen Dritten, die Ukraine, angreift, dort die Leute massakriert, und nebenbei auch seine eigene Soldaten und Armeeausrüstung. Als ob man sich gegen einen Angriffskrieg der NATO wehren würde, indem man erst mal seine eigenen Soldaten umbringt und seine eigenen Panzer, Flugzeuge, Munitionsvorräte verheizt. Und dann noch die Armeeteile, die eigentlich Russland schützen und verteidigen sollen, abzieht, um sie in die Ukraine zu schicken und zu verheizen. Als wollte Putin seine eigene Armee vor dem Eintreffen der NATO möglichst weit zerstört und ausgeschaltet haben, um der NATO einen bequemen Einmarsch zu ermöglichen. Vielleicht liegt das daran, dass ich zu dumm bin und so dumme Artikel schreibe. Aber mir erschließt sich das weder taktisch noch strategisch.

Aber sagen wir es mal so:

Wenn ich als Blogger schon dann dumm und ahnungslos bin, wenn ich solche Artikel schreibe, was ist dann im Vergleich dazu ein Präsident Russlands, der mit aller Vorbereitung und Beratung durch einen der größten Geheimdienste der Welt und seine komplette Armeeführung einen solchen Murkskrieg führt und seine eigene Armee verheizt?

Welche Logik steckt dahinter, mir für meinen Blogartikel Dummheit und Unwissenheit zu attestieren, gleichzeitig aber Putin trotz dieses Krieges für schlau zu halten, als ob den Blogartikel zu schreiben eine viel größere Dummheit wäre als diesen Krieg begonnen zu haben?