Ansichten eines Informatikers

Dieser entsetzliche amerikanische Customer-Service-Krampf

Hadmut
19.12.2022 11:51

Ich krieg die Motten.

Ist Euch mal was aufgefallen? Immer mehr Firmen betreiben ihren Kundenservice nach diesem entsetzlichen amerikanischen Schwafelmuster.

Gerade habe ich wieder so eine Antwort bekommen. Ich hatte eine einfache Frage an einen Hersteller geschickt und bekomme

Sehr geehrter Herr Danisch,

vielen Dank, dass Sie sich an den […]-Support gewandt haben.

Mein Name ist […] und für diesen Bearbeitungsfall stehe ich Ihnen als Ansprechpartnerin zur Verfügung.

Es tut uns leid, dass Sie bei der Benutzung des Geräts auf solche Schwierigkeiten gestoßen sind.

[blablablaba]

Vermutlich setzt der Computer das automatisch ein, immer denselben Textbaustein, aber es nervt. Immer diese Schema Vielen Dank – Mein Name ist .. und ich kümmere mich um sie – und es tut uns so schrecklich leid, dass… und weil es der immer selbe Textbaustein ist, der für alle Fälle herhalten muss, immer gleich auf Katastrophenfall geeicht. Wir sind so glücklich, dass Sie den Gebrauch unseres Gerätes überlebt haben, und für alle Zeit traurig darüber, dass Sie nicht zu 100% froh sind.

Ein ähnliches Schema findet man in Online-Foren. Schreibt jemand, dass irgendwas nicht geht oder nicht in Ordnung ist, kommt sofort ein Kommentar des Herstellers, dass man zu Tode betrübt darüber sei, den Kunden enttäuscht zu haben, und seine Lebenskraft darauf verwenden wolle, dass es nie wieder vorkomme.

Ich komme mir so verarscht vor, als wäre ich in den USA. Wo es nur noch darum geht, dem customer die experience zu verschaffen und ihn im Endeffekt aber wie den letzten Dreck zu behandeln. Ich bin mal in einem Subway-Laden (die verkaufen die Zeitgeist-Version eines belegten Brotes) in Neuseeland fast explodiert. Spät nachts, auf dem Rückweg ins Hotel, ich hatte Hunger, und nur die hatten in der Umgebung noch auf. Eigentlich wollte ich nur so ein Schinkensandwichbrot, und weiter, und musste dann durch einen Fragenparcours aus gefühlt einem Dutzend Fragen. Sir, welches Brot möchten Sie, sie haben zur Auswahl A, B, C, D, E und F, wobei D low carb, E lactosefrei und F im Angebot ist. Sir, möchten Sie diesen, jenen oder solchen Schinken? Sir, welchen Salat? Sir, möchtn Si Käse? Wir haben … Sir, welche Soße wünschen Sie? Wir haben die, die, die und die. Sir, für nur einen Aufpreis von 20% können wir Ihnen die 30% längere Stulle anbieten. Sir, sollen wir es ihnen kleinschmeiden oder möchten Sie es am Stück? Sir, wie möchten Sie es geröstet, gar nicht, leicht, mittel, stark oder spezial? Sir, was wünschen Sie zu trinken.. Und so weiter und so fort. Ich fast eine Koller bekommen. Die Sonderausstattungsliste bei Mercedes ist kürzer gefasst. Ich habe Hunger und will einfach ein Wurstbrot und fertig. Gib einfach her, das Ding, und hör auf, mir dämliche Fragen zu stellen! Ich wurde aufgeklärt, dass das nicht gehe. Sie haben genau Vorschriften für den Kundendialog, der derauf optimiert sei, dass der Kunde sich respektiert und gewürdigt fühle, und von dem könnten sie nicht abweichen. Es würde auch geprüft, ob sie den einhalten, und wenn nicht, flögen sie dann raus. Also werde der Dialog eisern durchgezogen. Also war ich seither nie wieder bei Subway.

Wo ist das schlichte und sachliche „Danke für den Hinweis“ hingekommen?