Ansichten eines Informatikers

Namibia will Kollonisationszuschlag

Hadmut
10.12.2022 14:11

Friert hier jemand?

Namibia wundere sich gerade sehr über die absurden Zustände in Deutschland, behauptet das Fachblatt für Geographie und Tourismus, die BILD: Namibia will in Energiekrise helfen – Deutsche sollen in Ex-Kolonie überwintern

Die einstige deutsche Kolonie Namibia will Deutschland in der Energiekrise helfen. Der Plan der Regierung: Deutsche sollen dem Teuer-Winter Richtung Afrika entfliehen! Energiekrise? Unbezahlbare Heizrechnungen? Die Zustände in der Bundesrepublik sorgen bei den Afrikanern für Erstaunen.

▶︎ Ihr Hilfsangebot: Bis zu sechs Monate dürfen Bundesbürger auf Antrag ab sofort in Namibia leben, von dort aus dem „Homeoffice“ arbeiten – und sich am Rande der Wüste bei Bier, deutschem Schlager und Eisbein ganz wie zu Hause fühlen!

Um die „Digital-Nomaden“ ins Land zu holen, hat Präsident Hage Gottfried Geingob (81, spricht sogar selbst etwas Deutsch) eigens
ein neues Visum entwickeln lassen.

[…]
Uuandja erläutert in BILD: „Ihr Deutschen seid uns sehr willkommen! Namibia nennt man auch Deutschlands kleine Schwester. Wir haben Städte, die aussehen wie deutsche Städte. Das ist eure zweite Heimat hier, ein Stück Deutschland in Afrika. Wir haben deutsche Architektur, deutsche Straßennamen, mit der A1 sogar eine deutsche Autobahn! Deutsch ist eine unserer Sprachen.“

Mit seinem deutschen Erbe geht Namibia selbst – trotz der brutalen Kolonialgeschichte – entspannt um. Selbst an vielen Staatsschulen wird noch heute Deutsch als Sprache gelehrt, im Land gibt es eine deutschsprachige Tageszeitung, zwei deutschsprachige Radiosender, zahlreiche deutsche Orts- und Straßennamen (Lüderitz, Helmeringhausen, Mariental, Bahnhofstraße…). Touristen aus Deutschland sind eine wichtige Einnahmequelle für das Land, das mit Dauer-Sonnenwetter (aktuell 33 Grad), beeindruckenden Landschaften und Safaris zu den „Big Five“ (Elefanten, Nashorn, Löwe, Büffel, Leopard) lockt.

Ich will es mal so sagen:

Mir hat es damals in Namibia sehr gefallen. Wenn man, vorausgesetzt, im Vergleich zur dortigen Bevölkerung über das nötige Kleingeld verfügt, sich die Lodges leisten zu können. Das Essen war phantastisch, die Umgebung sagenhaft, die Straßen miserabel. Auf Dauer wäre das wohl nichts für mich, weil dann wirklich zu weit ab vom Schuss, und weil mir Windhuk einfach zu kriminell war. Und irgendwann hat man die Sehenswürdigkeiten, die es da durchaus gibt, durch, und dann sitzt man halt da. Swakopmund allerdings war zwar hübsch, angenehm, aber auch gespenstisch deutsch.

Da 6 Monate zu überwintern, Online zu arbeiten und dabei im Land herumzureisen – und die Leute dort sind unglaublich fotogen, und da gibt es auch richtig schöne Menschen, dazu eine beeindruckende Natur, wilde Tiere, sagenhafte Wüsten – könnte ich mir sehr gut vorstellen. Man müsste halt so eine Reisetasche voll Klamotten mitnehmen, dort nachkaufen, und einen Transportkoffer voll mit dem Zeugs, was man für Remote-Arbeit so braucht. Das sollte sich für ein paar Euro extra mit einem normalen Flug abbilden lassen.

Es wirkt auch plausibel auf mich.

Denn tatsächlich dürften die unter dem Tourismuseinbruch durch die Corona-Krise leiden, und denselben Weg gehen, den beispielsweise die Kanaren für sich entdeckt haben, nämlich Tourismus durch „Homeoffice“ zu ersetzen. Es hat sich nämlich gezeigt, dass diese Notlösung, die man urspränglich anging, um wirtschaftlich überleben zu können, für die Hotels besser als der Tourismus ist, weil man halt die Gäste längerfristig hat, die weniger randalieren und zerstören, nicht saufen und grölen, mehr Geld ausgeben, ruhiger sind und so weiter. Vermutlich will Namibia auch auf diesen Zug aufspringen, und die Idee ist ja gar nicht schlecht. Warum nicht einfach mal ein paar Monate in Namibia? Zu sehen gibt es da schon eine Menge, und mir waren damals die drei Wochen einfach zu kurz. Das Land ist sehr groß, und die Fortbewegungsgeschwindigkeit gering. Und man sagte mir damals, wenn man etwas vorsichtig ist und seine Wertsachen nicht zu sehr raushängt, könne man auch auf eigene Faust reisen.

Eigentlich ergeben sich damit ganz neue Reisemodelle.

Früher hat man Pauschalreisen gemacht und in seiner Urlaubszeit möglichst viel unterzubringen, Land X im 2-Wochen-Schweinsgalopp.

Nunmehr könnte es so sein, dass man stattdessen mal ein halbes Jahr da, eines dort, das nächste woanders verbringt. Und das wäre ja durchaus eine Idee, sich immer für die kältesten Monate ein Land nach dem anderen vorzunehmen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass da noch mehr Länder auf diese Entwicklung aufspringen, und die Hotels auf Langzeitkunden umstellen, und dafür dann einen ordentlichen Schreibtisch mit brauchbarem Internetanschluss in die Zimmer stellen, und vielleicht noch hübsche Videokonferenzzimmer einrichten. Ich hatte mal einen Bericht gelesen, ich glaube von den Kanaren, in dem sich Hotelbesitzer und Gäste gleichermaßen freuten. Die Hotelbesitzer meinten, so haben sie ihre Bude voll und viel weniger Arbeit, viel angenehmere und unproblematischere Gäste, und die Gäste meinten, das sei wunderbar, in der Mittagspause im Pool zu planschen oder die 200 Meter ans Meer zu gehen, und sich abends an der Hotelbar zu treffen.

Und dann könnte Deutschland so in der direkten Konkurrenz einfach ziemlich alt aussehen. Denn irgendwann kommen die Leute auf die Idee, nicht nur einmal, sondern zweimal im Jahr ein halbes Jahr wegzugehen.