Ansichten eines Informatikers

Schraube locker

Hadmut
2.12.2022 19:14

Gute Güte.

So, es sollte nun etwas Besserung eintreten, denn ich habe nun auch so einen richtigen Schreibtisch mit Bürostuhl und großem Monitor drauf. Bisher habe ich immer am Wohnzimmeresstisch vom Notebook aus geschrieben, aber jetzt noch ein paar Kleinigkeiten einrichten, und ein normaler Arbeitsplatz ist da. Hat ein bisschen gedauert, weil der Schreibtisch nicht vorrätig war. Nur so einen ganz kleinen Mini-PC dazu samt Tastatur habe ich in Deutschland gekauft und vorbereitet, weil es hier keine deutschen Tastaturen gibt und PCs nicht nur etwas teuerer sind, sondern hier, ebenso wie bei Kameras, nur relativ mager ausgestattete Modelle nachgefragt und angeboten werden und auch teurer sind.

Große Fernseher sind hier sehr gefragt, die Läden für Unterhaltungselektronik stehen voll mit Großbildfernsehern, und die einfacheren Modelle fangen auch ziemlich billig an, wenn man nicht OLED, Superkontrast und sowas will. Ich habe mir ein Markengerät (Samsung) vom billigen Ende gekauft, Sonderangebot, hinterhergeworfen, aber zu meinem Befremden feststellen müssen, dass das Ding lokalisiert ist und man keine deutschen Apps drauf installieren kann, etwa Mediathek von ARD und ZDF und sowas, gibt es da nicht. Würde auch ohne VPN usw. nicht funktionieren, weil die ÖRR zwar Geld von mir verlangen, auch wenn ich im Ausland bin, es aber nicht für nötig halten, mir dafür auch ihr Programm noch zugänglich zu machen. Dann hatten sie zum Black Friday noch die Riesen-Super-Sonderangebotsnummer: Coocaa. Nie von der Marke gehört, gehört aber wohl zum größten chinesischen Hersteller, den ganzen Eingangsbereich damit vollgestellt, fünf oder sechs verschiedene Größen, die größte gefühlt so groß wie eine Tischtennisplatte, nochmal drastisch billiger, wirklich erstaunlicher Schleuderpreis. Lächerlich billig, beworben als Android-Fernseher mit 4K, steht groß drauuf, dass das Ding in Germany engineered sei (was ja eigentlich dagegen spricht). Ich konnte nicht widerstehen und habe mir für das andere Zimmer so einen gekauft, und war sehr verblüfft, denn der ist richtig gut. Ordentlicher Klang, sogar WLAN zusätzlich eingebaut (statt wie bei so vielen per USB-Stick zum Nachrüsten), 4K, allen Schnick und Schnack, und noch die Mediathek-Apps. Fernseher bekommt man hier wirklich gut und billig hinterhergeworfen, aber auch nur die, weil das ist wohl das, was hier in unglaublichen Mengen gekauft wird. Ich kam vorhin nochmal an dem Laden vorbei, aber der riesige Haufen von Fernsehern, der den ganzen Eingangsbereich palettenweise zugestellt hatte, alle weg, komplett verkauft. Aber bei PCs gehen da wohl nur Notebooks. Sowas zum Tastatur und Monitor dranstecken ist wohl nicht so beliebt. Monitore gibt es, aber die werden wohl eher an Notebooks verwendet.

Deshalb hatte ich einen in Deutschland gekauft und vorbereitet, zwei SSDs. Eine als M.2 NVMe, und weil noch Platz für eine 2,5-Zoll-Festplatte im Gehäuse ist, wenn auch knapp, habe ich noch eine 2,5-Zoll SATA eingebaut, die ich noch rumliegen hatte.

Nun schraube ich seit 40 Jahren PCs und deren Vorgänger zusammen. Und denke eigentlich, dass ich das im Gefühl habe, wie fest man die Schrauben dreht. Denn der PC-Kram ist ja alles nur relativ billiges, weiches Material, bei dem an teils sehr vorichtig sein muss, weil einfachstes Blech, und der Techniker weiß ja „Nach fest kommt ab“. Wenn man da zu fest dreht, hat man die Schraube in der einen und die Gewindesteigungen in der anderen Hand. Oder einfach keinerlei Widerstand mehr. Ich habe da mehrere Festigkeitsstufen entwickelt. Bei den krummen, primitiven PC-Gehäuseschrauben in Billigstblech muss man äußerst vorsichtig sein, weil da schon leichteste Kraft das Loch ausreißen kann. Bei Festplattenschrauben in geschnittenen Trägern, insbesondere wenn es metrische M-Gewinde sind, kann man schon anziehen, bis sich so ein „Schraube-ist-fest“-Gefühl einstellt. Also sich erster Widerstand zeigt, in dem Sinne, dass die Schraube am unteren Ende angekommen ist und der Kopf das Blech berührt, und dann eben noch so ein bisschen. So viel, wie die Schraube hält, ohne ihr den Kreuzschlitz auszudrehen. Klappt eigentlich seit 40 Jahren bei mir.Bis auf ein paar Schrauben, die ich mal zu fest gedreht habe, weil ich es ja sonst nicht wüsste.

PC vorhin aus der Schachtel geholt – plötzlich gemerkt, dass was rasselt. Geht gar nicht. Zerlegt. Eine Festplattenschraube, mit der der Halterahmen der SSD am Gehäuse angeschraubt war (wenig Kraft möglich, weil Schraube in Plastikgewindebuchse) war rausgefallen und flog im Gehäuse herum. Kurzschlussgefahr.

Offenbar haben die Vibrationen im Flug – ich hatte das Ding im Bordgepäck dabei und sonst damit nichts gemacht – gereicht, um die Schraube rauszuvibrieren. Hätte ich jetzt auch nicht gedacht, denn subjektiv vibriert das Flugzeug ja nur sehr sanft, wenn überhaupt, aber so als wassergefüllter Biosack ist man beweglich und hat eine gewisse Massenträgheit, die insgesamt als Tiefpass wirkt. Während ich als Biosack im Sessel sitze und döse, bekommt die IT wohl doch Zahnschmerzen.

Man sollte also prüfen, ob man eine Schraube locker hat.

Ich hatte eine locker.