Ansichten eines Informatikers

Fake oder Fake-Fake?

Hadmut
28.9.2022 12:39

Das erste Opfer im Krieg ist die Wahrheit.

Es ist nur nicht immer so klar, wessen Opfer.

Laut Golem will Meta (=Facebook) eine ausgefeilte russische Desinformationskampagne der Russen gestoppt haben. Man kann sich jetzt überlegen, was davon stimmt. Gab es diese Desinformationskampagne, oder ist es Desinformation, dass es eine solche gegeben habe?

Das US-Unternehmen Meta hat eine groß angelegte russische Desinformationskampagne auf seinen Diensten gestoppt. “Dies ist die größte und komplexeste Operation russischen Ursprungs, die wir seit Beginn des Krieges in der Ukraine vereitelt haben”, teilte das Unternehmen am 27. September 2022 mit. Die Kampagne habe dazu ein Netzwerk mit 60 Webseiten genutzt, das Nachrichtenangebote wie Spiegel, The Guardian, Bild oder ANSA imitierte. Die Beiträge seien vor allem auf Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Russisch und Ukrainisch erschienen. Hauptziel der russischen Kampagne sei Deutschland gewesen. […]

Gelöscht wurden dem ausführlichen Bericht (PDF) zufolge 1.633 Nutzerprofile, 703 Seiten und eine Gruppe auf Facebook sowie 29 Profile auf Instagram. Demnach folgten mehr als 4.000 Accounts einer oder mehrerer der Seiten, weniger als zehn Accounts gehörten der Gruppe an. Rund 1.500 Accounts folgten einer oder mehrerer der Instagram-Profile. Zur Verbreitung der Inhalte seien auf Facebook und Instagram Anzeigen im Wert von 105.000 Dollar geschaltet worden.

Meta wurde im August 2022 auf die Existenz der Kampagne unter anderem durch eine Recherche von T-Online.de aufmerksam. Das Medium hatte Ende August 2022 über die gefakten Nachrichtenmedien berichtet. “T-Online hat mehr als 30 neu registrierte Internetadressen gefunden, die vermeintlich zu T-Online, zu Spiegel, FAZ, Welt, Bild oder zum Neuen Deutschland führen”, hieß es damals.

Auf diesen Seiten erschienen erfundene Beiträge, in denen Stimmung gegen die Russland-Sanktionen wegen des Ukrainekriegs gemacht wurde. So hieß es in einem Beitrag zu Preiserhöhungen, der im Layout der FAZ veröffentlicht wurde: “Die Aufhebung der antirussischen Sanktionen wird dabei eine Schlüsselrolle spielen. Günstiges Gas und Wärme werden in die Haushalte zurückkehren, die Preise für alle Warengruppen werden dank niedrigerer Transport-, Lager- und Produktionskosten sinken.”

Das lässt mich grübeln.

Als das mit dem Krieg losging, hatte ich einige Blogartikel, in denen ich mich kritisch über Russland geäußert hatte.

Für gewisse Zeit bekam ich viele Zuschriften von Leuten, die ich nicht kenne (naja, bei Leserzuschriften normal, aber es fällt schon auf, ob Leute ständig schreiben oder erstmalig), und die mir, mitunter pathetisch, erklären wollten, wie schlimm die Amerikaner in der Ukraine wüteten, Militär und Geheimdienste und Chemielabore und Waffen und Tod und Teufel, und was für herzensgute, liebenswürdige, gernhabige Menschen die Russen doch seien. Für meinen Geschmack und für den Stil, den die Zuschriften sonst so haben, eine Nuance zu pathetisch und sentimental. Das ist auffällig, aber nicht unbedingt verdächtig. Zwar neigen die Russen zur Sentimentalität, aber das könnte genauso gut auf Leute abgefärbt haben, die sich eben – wie sie behaupteten – so gerne in Russland aufhalten. Es fiel mir auf, ich wurde darauf aufmerksam, aber es ist kein wirkliches Verdachtsmoment, weil es auch plausibel sein könnte.

Das kam mir komisch vor. Vor allem deshalb, weil es nicht nur gleichzeitig anfing (das ist ja unverdächtig, weil durch Krieg und meine Blogartikel ausgelöst), sondern auch ziemlich gleichzeitig wieder aufhörte. Zumal ich erwähnte, dass ich das mit den so gutherzigen Russen nicht bestätigen kann. Ich hatte bisher zwar nur sehr wenig Kontakt mit Russen, aber von denen war die überwiegende Zahl unerfreulich. Ich hatte mal erwähnt, dass mir mehrere Russen als arrogant, selbstherrlich, sich selbst für über den anderen stehend und wertiger haltend aufgefallen waren, sich für etwas besonders und von Natur aus privilegiert hielten, und darauf dann ganz normal wirkende Leserzuschriften von Leuten bekommen habe, die diesen Eindruck bestätigten. Ich will jetzt nicht in die Welt setzen, dass Russen so generell arrogant seien, aber mir fiel eben auf, dass ich da plötzlich wieder „normale“ Leserzuschriften bekam, was den Tonfall und die Formulierungen anging. Gerade das fiel mir dann auf, wieder der Rückfall in den sonst üblichen Tonfall und die Inhaltslinie üblicher Zuschriften.

Jetzt geht mir natürlich die Frage durch den Kopf, ob und in welchem Umfang diese Leserzuschriften echt waren oder ob sie von eben jener Progagandaabteilung abgeschossen worden sein könnten und die auch versuchten, Blogger und Kleinmedien zu beeinflussen. Selbst als mir das mit den Formulierungen und Inhalten auffiel, dachte ich zunächst, dass ich eben einfach eine andere Zielgruppe angesprochen habe und einigen Russlandfreunden auf die Zehen getreten bin, die dann eben mal schrieben, was sie sonst nicht tun. Und gerade weil wir ja diese BRD-DDR-Vergangenheit haben, ist das ja auch gar nicht abwegig, dass es viele Leute gibt, die Verbindungen nach Russland haben, dort studiert haben oder auf den Militärakademien waren (einige schreiben mir ja auch davon), oder irgendwelche Geschäftsbeziehungen hatten, meinetwegen auch politisch als Politoffizier oder sonstwas. Das ist ja historisch offenkundig, dass wir viele Menschen mit irgendeiner Beziehung nach Russland haben. und die könnten und dürften dann wahrscheinlich auch andere Formulierungen und Ausdrucksweisen verwenden, und sich angegriffen fühlen, wenn man Russland kritisiert. Deshalb habe ich das zwar bemerkt, aber keine Schlussfolgerungen daraus gezogen, weil es eben plausibel sein könnte.

Nun aber überlege ich, ob das Propaganda gewesen sein könnte. Wäre ja nicht das erste Mal, dass sich die Wege von Geheimdiensten und meine kreuzen.