Ansichten eines Informatikers

VPN?

Hadmut
23.9.2022 21:43

Leser fragen – Danisch versucht zu antworten.

Ich hatte gestern einen Artikel – nein, keinen Artikel, sondern eine Antwort auf eine Leserfrage – geschrieben. Ein Wunder, dass das überhaupt noch geklappt hat und einen irgendwie sinnhaltigen Blogartikel ergab, denn eigentlich war ich so müde, dass ich mich kaum noch senkrecht halten konnte, denn ich war vorher die ganze Nacht unterwegs, hatte da nicht geschlafen, die Nacht zuvor schon wenig, und bin während des nur kurzen Blogartikels dreimal eingeschlafen, wieder aufgewacht, habe mir überlegt, woran ich eigentlich gerade schreibe, und war dann am Ende so überaus müde, dass ich kaum noch auf „publish“ drücken konnte. Danach habe ich mich direkt ins Bett gelegt und dann bis gegen 9 geschlafen wie ein toter Stein.

So schlimm scheint es aber nicht gewesen zu sein, denn es kamen positive Kommentare und Rückfragen.

Darunter diese:

Mal ganz abgesehen davon, dass es zwar “makes sense” gibt, man im Deutschen aber keinen Sinn machen kann, sondern etwas Sinn haben, Sinn ergeben, sinnvoll sein kann, aber unter gar keinen Umständen „Sinn machen“:

Kommt drauf an.

Kommt drauf an, wozu.

Das ist so ähnlich wie mit einem Telefon, einer Schiffsglocke und einer Kaffeemaschine: Es gibt Dinge, Anwendungen, Probleme, wofür die sich als außerordentlich nützlich, geradezu als das richtige Werkzeug erweisen, und bei anderen völlig falsch sind. Ich würde mir eher eine Krawatte als eine Kaffeemaschine um den Hals binden, wenn das die Aufgabenstellung ist.

So verhält es sich auch mit VPN. Es gibt Probleme, Anforderungen, Aufgaben, die man damit löst. Und es gibt welche, die man damit nicht löst. Kommt halt immer drauf an.

Und ja, VPNs sind sinnvoll. Sehr sogar. Aber nur dann, wenn man ein Problem hat, das sie lösen.

Wusstet Ihr eigentlich, was die wichtigste Erfindung nach der des Telefons war? Die des zweiten Telefons. Plötzlich nämlich konnte man das erste Telefon benutzen. (was, nebenbei bemerkt, das Telefon grundlegend von Schiffsglocken und Kaffeemaschinen unterscheidet, weil da schon das erste Exemplar zumindest theoretisch schon vor Erfindung des zweiten einsetzbar war).

Will sagen: Kommt bei VPNs halt immer auch drauf an, wer am anderen Ende ist. Es gibt Router, die werben damit, dass sie 50 verschiedene VPN-Verbindungen zu verschiedenen Providern können. Was es bringt, das weiß man so erst einmal nicht, aber der Account kostet Geld. Das ist sinnvoll, aber nur für den Anbieter, nicht für den Nutzer.

Oder anders gesagt:

Woher soll ich das wissen, ob VPN für Euch sinnvoll ist? Keine Ahnung, was Ihr machen wollt, was Euer Problem ist. Wozu. Warum. Mit wem. Von wo. Wie. Aus China zum Beispiel nicht, die haben eine große Firewall, die das blockiert. Von den Ägyptern sind mir dagegen keine Probleme bekannt.

Ja, ich habe neulich jemandem dringend VPN empfohlen. Da wusste ich aber, was der machen will, von wo, was dessen Problem ist, und gewusst, dass er an beiden Enden des VPN sitzt.

Aber hier in diesem Fall würde ich von einem VPN abraten. Denn wer die Frage schon nicht richtig stellen kann, hat auch das VPN nicht verstanden, und wer das VPN nicht verstanden hat, der kann es auch nicht richtig einsetzen. Und ich empfhehle zumindest normalerweise, in den Standardfällen, Dinge nicht zu benutzen, die man nicht zumindest im Prinzip, in den Grundzügen verstanden hat.

Deshalb neige ich zwar generell zu der Antwort, dass VPNs sehr nützliche, hilfreiche und wichtige Dinge sind, die aber ein gewisses grundlegendes Verständnis von Netzwerktechnik voraussetzen. Und wenn man das nicht hat, und das nicht so verstanden hat, dass man die Frage richtig stellen kann, dann lieber nicht. Und eine ordentliche Webschnittstelle und ein gut abgesicherter Reverse-Proxy können zwar nicht alle, aber manche Probleme lösen, für die man sonst ein VPN bräuchte.