Ansichten eines Informatikers

Das bisher größte Puzzleteil

Hadmut
2.9.2022 20:37

Eine neue Dimension in der Spurensuche nach meiner Vergangenheit: Der Zusammenhang zwischen Kryptographie, Terror, Nahostkonflikten, Geheimdiensten, BND, CIA, Stasi und der Politik.

Nicht nur ein Dauerthema, sondern die konstituierende Motivation dieses Blogs ist es, darzustellen, was ich über die seltsamen Geschehnisse in Zusammenhang mit meinem Promotionsverfahren weiß, und herauszufinden, was ich nicht weiß.

Immer wieder, seit Jahren, schreibe ich, dass ich die Puzzlestücke zusammensuche. Es gab eine kurze, scheinbar – aber nur oberflächlich – aufschlussreiche Phase in den Jahren während des Rechtsstreits, als ich durch Akteneinsichten und zugespielte Informationen aus dem Universitätsumfeld durch einige Lackschichten gedrungen bin. In den ersten Jahren sah alles nach einer reinen Korruptionsaffäre aus, weil es an den Universitäten und auch an der zu Karlsruhe eben so üblich war, Diplome und vor allem Doktorgrade gegen Schmiergeld zu vergeben. Im doppelten Sinne von Bestechung und Vorteilsannahme: Sie nahmen Geld, um untaugliche Leistungen durchzuwinken. Und sie nahmen Geld, um auch gute Leistungen zu akzeptieren. Eigentlich war es egal, ob die abgegebene Leistung prüfungstauglich war oder nicht, es kam nur auf Willkür, Interessen und oft eben auch das Geld an. Es ist eigentlich nur so eine strafrechtliche Feinheit, ob es auf Bestechlichkeit oder Vorteilsannahme hinausläuft. Das war mein Arbeitsthema in den ersten Jahren, und obwohl der Bundesnachrichtendienst damals an der Uni versucht hatte, uns anzuwerben, und wir also wussten, dass der BND uns im Blick hatte, hätten wir das damals – und ich stand ja im direkten Kontakt mit meinen damaligen Kollegen, mit einigen noch heute – nicht geglaubt, uns eigentlich auch nicht vorstellen können, dass wir oberhalb der Nachwuchsrekrutierung auf unterster Ebene auch nur von der allergeringsten Relevanz für die Schlapphüte sein könnten. Da draußen tobt die große Spionagenummer. Warum sollten die sich für ein paar idealistische Studis interessieren, nach deren Selbsteinschätzung das einzig Gefährliche an ihnen die furchtbar schlechten Informatikerwitze waren, die sie so gerne rissen?

Dann gab es, so ab 2007/2008, als auch der Verwaltungsgerichtsstreit so überaus dubios wie erfolglos geendet hatte, und ich mich darüber wunderte, was für sonderliche Dinge da passierten, etwa dass ein Vorsitzender Richter nach der Verhandlung heimlich die Protokolltonbänder austauschte, indem er in seinem Dienstzimmer die Verhandlung noch einmal so, wie er sie lieber gehabt hätte, neu aufsprach und dann die Bandkassetten austauschte, und sich dabei von mir als Nichtjuristen erwischen ließ. Aber die Sache war an einem Ende angekommen, ich rechnete nicht damit, noch irgendetwas herausfinden zu können, auch weil Beteiligte schon tot oder pensioniert worden waren, und habe die Sache, bis auf eine abschließende Verfassungsbeschwerde, eigentlich begraben. Manchmal fragen mich Leser, warum ich die Sache nicht loslassen könnte. Dabei habe ich das schon. Von 2008 bis 2012 habe ich mich praktisch nicht mehr damit beschäftigt, bestand die Sache nur noch aus Datenbergen auf der Festplatte und Aktenbergen im Schrank. Der Punkt ist nicht, dass ich die Sache nicht loslassen kann, sondern dass die Sache mich nicht loslässt. Über 10 Jahre lang, auch noch 2012, wurde ich immer wieder, auch in jedem Bewerbungsgespräch, darauf angesprochen, wie denn dieser Krater in meinen Lebenslauf käme und da kein Doktor steht.

Bis dann auch der Nichtannahmebeschluss im Frühjahr 2012 eintrudelte. Den ich normalerweise dann auch einfach als letztes Aktenblatt weggeheftet hätte. Klappe zu, Affe tot. Der mich aber gerade in einer Zeit erreichte, als ich gerade viel Zeit und Beschäftigungsbedarf hatte und neu Witterung in Richtung Gender und Feminismus aufgenommen habe. Und weil ich mich dann wieder neu mit der Sache beschäftigt habe, sind über die Jahre und das Blog-Publikum, aber auch politische Ereignisse immer wieder Informationen zu mir gekommen, die mit dem Gender-Thema überhaupt nichts zu tun habe, mit Kryptographie aber sehr viel. Nur hatte mich Gender eben dazu gebracht, die Akte Danisch wieder aufzumachen, und manchmal komme ich mir vor, als säße ich wie ein Ossi vor seiner Stasi-Akte, nur mit dem Unterschied, dass alles verschlüsselt ist und man erst für jede Seite den Schlüssel finden muss.

Langjährige Leser meines Blogs werden bemerkt haben, dass ich im Blog völlig anders über mein Promotionsverfahren schreibe als in meiner damaligen Dokumentation „Adele und die Fledermaus“. Denn die war entstanden, als ich noch auf der Korruptionsebene wühlte und die Korruption als Ursache sah. Das Buch Frauenquote sollte ursprünglich der Abschluss und die letzte Version der Fledermaus werden, aber beim Schreiben habe ich gemerkt, dass das eine völlig andere Baustelle wird, ein Teil 2.

Längst aber bin ich bei Teil 3, weil inzwischen längst alles wieder ganz anders aussieht. Denn inzwischen kam doch wieder die Geheimdienstnummer ans Licht, und dazu die vielen Verstrickungen zwischen BND und NSA/CIA, und dann natürlich diese Operation Rubikon/Minerva um die Crypto AG und die Omnisec. Mal heißt es, Rubikon sei der BND-Name und Minerva der NSA/CIA-Name gewesen. Dann heißt es, Rubikon habe die ganze Operation, und Minerva innerhalb dieser die Crypto AG bezeichnet.

Und die Querverbindungen zwischen meinem Promotionshinrichtungsverfahren und der Operation Rubikon waren sehr erstaunlich, denn sie betrafen nicht nur zeitliche, institutionelle und vor allem personelle Zusammenhänge, zumal der damalige (und damals schon ehemalige, pensionierte, aber immer noch aktive) BND-Direktor der Zentralstelle für das Chiffrierwesen und BSI-Gründungspräsidenten Otto Leiberich, der nicht nur mehrmals persönlich bei uns auftauchte und uns anzuwerben versuchte, sondern auch mehrfach namentlich in meinem Promotionsverfahren auftauchte und offenbar hinter einem Versuch steckte, die Daten der Festplatte meiner Workstation abzuziehen, den ich durch einen Zufall bemerkt hatte, und der von seiner Position aus das technische Masterbrain hinter der Operation Rubikon gewesen sein muss. Der aber auch derjenige gewesen sein muss, der dem Doktorvater Beth die Anweisung gegeben hatte mich abzusägen. Zumal der dann ein sehr, sehr ungewöhnlich langes Vernichtungsgutachten gegen mich von 18 Seiten geschrieben hat (das sich eindrucksvoll liest, in dem fachlich aber kein einziger Satz stimmt, ich habe mir damals die Mühe gemacht, in einem rund 500-seitigen Schriftsatz jeden einzelnen Satz des Gutachtens fachlich und durch Literaturangaben zu widerlegen und als falsch herauszustellen), das man aber versuchte für geheim zu erklären. Ich sollte nach dem Willen der Prüfer mein eigenes Prüfungsgutachten nicht einsehen können. Was nicht nur von Gericht und sogar dem Justiziariat der Uni selbst für unhaltbar gehalten wurde – die Universität ist gar nicht in der Position, irgendetwas für geheim zu erklären, und man kann bei Promotionen dann auch nur die Veröffentlichung der Dissertation, aber nicht die Einsicht in die Prüfungsgutachten verbieten, denn schließlich sollte der Prüfling ja eigentlich schon wissen, was in seiner Dissertation steht, die vor ihm selbst nicht geheim sein können – sondern auch die Frage aufwirft, für wen der sich die Mühe machte, 18 Seiten zu schreiben (und Leiberich darin zu erwähnen), jede Menge Fake-Belege darin aufzutürmen (von denen kein einziger stimmte, alle fachlich falsch, falsch zitiert oder sogar völlig frei erfunden mit Textstellen oder Quellen, die es gar nicht gab), wenn es doch angeblich weder ich, noch irgendwer sonst an der Uni außer dem Dekan, auch die Richter nicht sehen dürfen sollten. Das Ding kann eigentlich nur als Ausführungsmeldung an den Bundesnachrichtendienst geschrieben worden sein, und deshalb glaubte der Doktorvater wohl, dass es geheim sei.

In der Folge fanden sich nicht nur wundersame Dinge rund um die Operation Rubikon, sondern auch manche Zusammenhänge von historischer Tragweite.

Etwa, dass der BND mit der CIA/NSA lustig auch die befreundeten europäischen Nachbarstaaten abgehört hatte (und Merkel dann später, als ihr Handy abgehört worden war, den beachtlichen Satz sagte, dass Abhören unter Freunden ja nicht ginge), indem man allen verschlüsselte, aber eben schlecht und nur analog verschlüsselte Telefone und Funkgeräte untergejubelt hatte. Was wiederum erstaunliche Querverbindungen offenbarte. Denn als ich mal mit unserer Kryptobibliothek 1994 ein digital verschlüsseltes und – für damalige Zeiten sehr beachtlich – mobiles und aus handelsüblichen Standardteilen bestehendes Kryptotelefon gebaut und das auch noch zur Programmierübung in der Informatikvorlesung gemacht hatte, bekam ich urplötzlich massiven Ärger mit dem Doktorvater Beth. Der mir die – damals völlig unverständliche – Anweisung gab, das sofort zu zerstören und nur noch analoge Verschlüsselung per Scrambling betreiben dürfe, weil er das mal für die britische Polizei so entwickelt habe uns es für alle Zeit so bleiben müsse. Damals erschien uns das einfach nur inkompetent, dumm, bescheuert. Bis ich dann Jahre später in Zusammenhang mit der Operation Rubikon erfahren habe, dass BND und NSA/CIA die europäischen Nachbarstaaten abgehört hatten, indem sie ihnen eben genau solche analog und schwach verschlüsselnden Funkgeräte untergejubelt hatten, auf die nicht nur die Beschreibung Beths passte, sondern die sich dann auch tatsächlich nachweisen ließen. Wie kam ausgerechnet ein Großmaul, Hochstapler, Spinner und selbsternannter Kryptoheini wie Beth dazu, in der Entwicklung solcher Pseudokryptofunkgeräte in England mitzumischen? Ich kann es mir im Gesamtzusammenhang und mit Blick auf alle mir – derzeit – bekannten Umstände nur so erklären, dass Beth so eine Art IM, inoffizieller Mitarbeiter des BND war. Die ihm die Anweisungen gaben, mich abzusägen, weil denen nicht passte, was ich publizierte, und ich mich erwartungwidrig zur Wehr setzte und in der ersten Streitrunde sogar gewann, sie dann ihren Agenten an der ETH Zürich hinzuzogen, von dem es gerüchtet, der sei dort in Bereitschaft, um falsche Gutachten auszustellen, falls Zweifel an den Geräten der Crypto AG aufkommen könnten. Und genau das hat er dann auch getan: Ein falsches Kryptogutachten ausgestellt. Gegen mich.

Überaus beachtlich ist nun, dass die Sache mehr Vorgeschichte hat. Diese analogen, geschwächten Telefone und Funkgeräte, in die Doktorvater Beth da irgendwie verstrickt war, konnten nämlich nicht nur von NSA/CIA und BND abgehört werden, sondern auch von den Kryptologen der Stasi der DDR. Die hörten damit die Telefonate Helmut Kohls ab. Und die NATO. Die nämlich war dämlich genug, die Türkei einerseits in die NATO aufzunehmen, und ihr damit Zugang zur NATO-Kommunikation zu gewähren, ihr andererseits aber zu misstrauen und ihr nur schwaches Kryptogerät zu geben, mithin also vor lauter Dummheit (wenn es nicht eine geniale Täuschungsoperation war) ihre eigene geheime NATO-Kommunikation über die selbst geschwächten Geräte laufen zu lassen, was die DDR und damit der Warschauer Pakt mithören konnten.

Nach der Wende beeilten sich dann jener Otto Leiberich und ein gewisser Wolfgang Schäuble, den man wohl für eine Art Spionage- und Spionageabwehrminister gegen die DDR einstufen muss, eben diese Stasi-Kryptologen einzufangen, damit die nicht auf dem freien Markt auftauchen, und in eine eigens geschaffene Auffangabteilung Rode & Schwarz zu verfrachten. Die Sache ist inzwischen bestätigt, ich kann hier aber nicht verraten, auf welche Weise. Leiberich sei damals sehr angetan und begeistert davon gewesen, dass diese Kryptologen, für die er eigentlich der Feind war, ihn völlig ideologiefrei und kollegial, sachlich, neutral, freundlich mit „Genosse“ tituliert hatten. Jahre später hatten wir uns sehr geschmeichelt gefühlt, aber auch sehr gewundert, dass er, das ganz hohe Tier, uns kleine Uni-Mitarbeiter alle mit „Herr Kollege“ angesprochen hatte. Offenbar hatte er dieses „Genosse“ damit übernommen.

Damit vermischt sich aber diese ganze Sache auch mit dem Thema DDR. Und wenn die DDR mit drin ist, ist dann auch irgendwo die RAF mit drin, denn die RAF war ja die Terrororganisation, die die BRD – ich weiß es noch gut, ich war damals Kind und habe das alles live miterlebt, es hingen ja auch überall die Fahnungsplakate – damals in Atem hielt, und die nicht nur hinter Morden wie denen an Hanns Martin Schleyer, Siegfried Buback, Jürgen Ponto, um nur einige der bekanntesten zu nennen, steckte, sondern auch mit den Palästinensern gemeinsame Sache machten, was zur Entführung der Landshut, dem Versuch, die RAF-Leute freizupressen und der wirklich unbeschreiblichen Wahnsinnsaktion führte, mit der die GSG9 damals in Mogadischu die Landshut befreite, und die RAF-Terroristen, die man damit freizupressen versuchte, am nächsten Morgen tot waren. Angeblich Suizid mit den Pistolen, die sie im Knast hatten, im Plattenspieler versteckt, es hielt sich aber das Gerücht, dass man die Leute liquidiert hatte, damit es nicht zu einer weiteren Befreiungsaktion und einer Wiederholung der Landshut kommen könnte. Man kann sich das heute gar nicht mehr vorstellen, was für ein heißes Ding, was für ein Nervenkrieg das damals war. Welche Wirkung diese Nachricht, die noch in der Zeit der analogen Nachrichtenübermittlung und Telegramme, auf die Öffentlichkeit hatte, dass es diese Wundertruppe GSG9 geschafft hatte, die Landshut zu befreien. Nie wieder habe ich ein gesellschaftliches Drama wie dieses erlebt. Es steht aber in Zusammenhang mit dem Anschlag auf die olympischen Spiele von 1972 vor 50 Jahren, zu denen man ja gerade über eine Entschädigung mit Hinterbliebenen verhandelt. Es waren Palästinenser.

Es stellte sich dann ja mit der Wende heraus, dass diese RAF Unterschlupf in der DDR gefunden hatte, von der Stasi unterstützt und ausgebildet worden war, und im Prinzip eine Kampftruppe der DDR gegen den Westen war (oder dazu geworden war). Überraschend ist es nicht, denn sie ist auch wesentlich in Karlsruhe und im Zusammenhang mit der Uni Karlsruhe entstanden. Und an der Uni Karlsruhe waren von der DDR geführte linke Studentengruppen sehr aktiv. Als man damals den Topterroristen Christian Klar schnappte, meinte meine Großmutter noch, das sei aber doch eigentlich ein netter, höflicher, junger Mann gewesen. Meine Großeltern wohnten damals in Karlsruhe (was einer der Gründe für mich war, nach Karlsruhe zu gehen) und berichteten, dass damals, als sie dort einzogen, Verwandte von Klar in der Nachbarschaft wohnten, der ab und zu vorbeikam, und ihnen beim Einzug geholfen habe, das Sofa und anderes reinzutragen. So ein freundlicher junger Mann. Karlsruhe eben. Dort geht alles. Deshalb nämlich hat man auch die Grünen dort gegründet, und zwei der Anwälte und Sympathisanten der RAF war Hans-Christian Ströbele, später bekannter Grünen-Politiker, diese Woche verstorben, und Otto Schily, auch Gründungsmitglied der Grünen, später zur SPD gewechselt und Innenminister geworden, damit also ausgerechnet für die Terrorabwehr zuständig. Es gehört zur Unterwanderung des Staates und dem Marsch durch die Institutionen, dass man den Bock zum Gärtner macht. War in den 70ern der Innenminister noch direkter Gegner der RAF, und in den 80ern – Schäuble mit seinem Leiberich – noch Gegner der DDR und der Stasi als Führungsorganisation der RAF, übernahmen nach der Wende die Sympathisanten der RAF diese Posten. Heute ist die Humboldt-Universität in Berlin als ehemalige (?) Stasi-Kaderschmiede so ein RAF-Nachfolgeinkubator, dessen Studentenvereinigung neulich ihr Logo zu einem RAF-ähnlichen Stern änderte und die zentral mit der RAF-Terror-Nachfolgeorganisation Antifa verstrickt ist, die wie zu alten Zeiten von Stasi-Kadern geführt wird und Leute foltert und zusammenschlägt, gerade daran arbeitet, das Morden wieder zu lernen, und die dann auch die Verfassungsrichterin Susanne Baer stellen. Nicht überraschend, dass man von eben jener Antifa attackiert wird, wenn man die kritisiert.

Das war jetzt die Einleitung dieses Blog-Artikels. Kommen wir zu seinem Inhalt und besagtem neuem Puzzelstück.

Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) berichtet gerade über Stephan R. Meier. Eine Kindheit zwischen Todesangst und Staatsgeheimnis – wie es ist, als Sohn eines Geheimdienstchefs in Zeiten von deutschem Terror aufzuwachsen

Stephan R. Meier wuchs in den 1970er Jahren in einem Käfig aus Panzerglas und Misstrauen auf. Sein Vater war Chef des Inlandgeheimdiensts und Feindbild der RAF. Auf der Suche nach seiner Kindheit ist der Autor auf manches Geheimnis gestossen – zum Olympia-Attentat oder zur «letzten Nacht von Stammheim».

Wir nähern uns also der Landshut-Entführung, dem Olympia-Attentat und – Überraschung! – der Operation Rubikon von einer ganz neuen, anderen Seite um neue Zusammenhänge zu finden. Und wenn Stephan R. Meier in den Siebzigern aufwuchs, dann muss er ungefähr mein Alter haben. Nicht ganz, laut Wikipedia ist er 1958 geboren, also 8 Jahre älter als ich. Aber zumindest so ungefähr die Generation.

Und dessen Vater war damals eben im Geheimdienst tätig:

Im «deutschen Herbst» 1977, als eine Horde gewaltbereiter Desperados unter dem Titel Rote Armee Fraktion (RAF) das ganze Land terrorisierte, präsidierte Richard Meier den Inlandgeheimdienst BfV. Für die Spitze der RAF um Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof war er das Feindbild Nummer eins.

Dadurch verwandelte sich Stephans Zuhause in Köln zusehends in eine Festung, die der Vater schliesslich nur noch in einem Konvoi mit gepanzerten Wagen verliess.

Offenbar haderte Meier mit dieser Kindheit im Hochsicherheitstrakt, hat auch Folgen davongetragen, und hat sich laut NZZ-Artikel auch damit auseinandergesetzt, warum sein Vater der Familie sowas angetan hat – wenn er sich mit einem Mädchen angefreundet hat, sei die erst einmal durchleuchtet worden, ob auf diesem Weg nicht Angreifer reinkämen. Das erscheint mir plausibel, denn ich habe in Ludwigshafen Abitur gemacht, und eine Jahrgangskameradin wohnte in direkter Nachbarschaft Helmut Kohls. Die hat auch mal erzählt, was für ein Sicherheitsbrimborium dort abläuft, und dass man sie zuhause nicht einfach so besuchen könne, als es mal darum ging, ob wir sie mal mit Pizza besuchen kommen oder sowas in der Art. Voranmeldung, Personalausweis, Sicherheitskontrolle. Damit man Kohl nicht vom Nachbarhaus aus ans Leder kann. Da unangemeldet mit der Pizzaschachtel oder sowas aufzutauchen – ganz schlechte Idee.

In diesen sehr persönlichen Zwiegesprächen hat Stephan R. Meier eine Erklärung gefunden, wieso ihm ein Teil seiner Kindheit geraubt wurde. Er hat aber auch Einblick in eine Welt erhalten, die sonst der Aussenwelt verborgen bleibt. Das so gewonnene Bild hat er schliesslich in einen Schlüsselroman übersetzt, «44 Tage», der im vergangenen Jahr erschienen ist. 44 Tage befand sich der Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer im Herbst 1977 in Geiselhaft der RAF.

Im Buch nennt Stephan R. Meier den Geheimdienstchef Manthey – das war der Deckname seines Vaters im BND. Das restliche Personal lässt er zumeist mit ihren Klarnamen auftreten, insbesondere Bundeskanzler Helmut Schmidt. Auch wenn es sich ausdrücklich um einen Roman handelt und nicht um einen Tatsachenbericht: Die zwei führenden RAF-Experten, Stefan Aust und Wolfgang Kraushaar, sind beide überzeugt, dass Stephan R. Meier die fehlenden Puzzleteile für manches Rätsel aus jenen Jahren des Terrors liefert.

Vielleicht nicht nur für den Terror, sondern wohl auch Puzzleteile für mein Promotionsverfahren.

Mit der Entführung Hanns-Martin Schleyers am 5. September 1977 beginnt die finale Phase. Eine Kommandogruppe der RAF hat den Arbeitgeberpräsidenten im Schutze eines Kinderwagens auf offener Strasse in Köln mit brachialer Gewalt gefangen genommen. Vier Begleitpersonen Schleyers sind niedergeschossen worden.

44 Tage lang bangt Schleyer um sein Leben – und verliert es schliesslich. Die Bundesrepublik Deutschland taumelt. Soll Bundeskanzler Helmut Schmidt der Forderung der Terroristen nachgeben und so riskieren, stets neuen Erpressungen ausgesetzt zu werden? Oder ist er bereit, das Leben des Entführten zu opfern, in der Hoffnung, die Gewaltspirale der RAF damit zu durchbrechen?

Die Stimmung im Land, das sich eben erst in der westlichen Wertegemeinschaft etabliert hat, droht zu kippen: Der Ruf nach Wiedereinführung der Todesstrafe wird lauter.

Auch das war damals in unbeschreiblicher Nervenkrieg.

Aus ihrem Versteck fordern die Entführer die Freilassung der RAF-Führungsgarde aus der Stuttgarter Justizvollzugsanstalt Stammheim. Dort verbüssen Baader und Ensslin sowie Jan-Carl Raspe und Irmgard Möller ihre Strafe. Meinhof hat zu diesem Zeitpunkt bereits Suizid begangen.

Offiziell sind die vier in Isolationshaft untergebracht. In Wahrheit geniessen die prominentesten Häftlinge Deutschlands im siebten Stock der Justizvollzugsanstalt eine Sonderbehandlung, inklusive Zimmerservice und gegenseitigen Besuchen in den Zellen. Keiner der Justiz-Verantwortlichen will sich dem Vorwurf aussetzen, «faschistoide Methoden» gegen die «Staatsfeinde» anzuwenden, indem sie ihnen irgendeinen ihrer vielen Wünsche ausschlagen.

Die Entführung der «Landshut»

Nach mehr als einem Monat höchster Anspannung, die das Land schier zerreisst, spannt die palästinensische Befreiungsfront PFLP den Bogen noch weiter. Am 13. Oktober 1977 entführen die Komplizen der RAF unter dem Kommando von Wadi Haddad die «Landshut», ein Flugzeug der Lufthansa. Jetzt steht nicht mehr einzig das Leben Schleyers auf dem Spiel, sondern zusätzlich jenes von über 80 Passagieren und Crewmitgliedern. Die meisten von ihnen hatten von den Herbstferien in Mallorca nach Hause fliegen wollen. […]

Sein Vater, der Geheimdienstchef, und Schmidt, der Kanzler: Diese zwei Brüder im Geiste haben im Kern den «deutschen Herbst» bewältigt. So lautet eine der Kernbotschaften von «44 Tage». Teil dieser Krisenbewältigung war eine brisante Abmachung unter vier Augen. In seinem Roman schildert Meier auch die enge Beziehung Mantheys mit dem damaligen CIA-Direktor George H. W. Bush und dem Chef des israelischen Auslandgeheimdiensts Mossad. […]

Mit dem Mossad war Richard Meier seit dem Olympia-Attentat von München offenbar besonders eng verbunden. […]

Jedenfalls wird im Buch geschildert, wie Manthey am 5. September 1972, dem Tag des Attentats, in einer israelischen Militärmaschine sitzt, eingepfercht zwischen einem Dutzend Soldaten einer Sondereinheit des Mossad.

Das Flugzeug soll stundenlang über dem Flughafen von Salzburg gekreist sein. Geplant war, dass Fallschirmjäger im wenige Flugminuten entfernten Olympiagelände lautlos vom Himmel fallen und der Geiselnahme israelischer Sportler ein Ende setzen. Doch der damalige Bundeskanzler Willy Brandt habe sich nicht dazu durchringen können, sein Einverständnis für diesen ausländischen Militäreinsatz zu geben, schreibt Stephan R. Meier.

Die Sondereinheit musste unverrichteter Dinge nach Israel zurückfliegen. Der Versuch, die israelischen Geiseln mit ungeübten deutschen Polizisten zu befreien, scheiterte kläglich. Alle elf Gefangenen und ein bayrischer Polizist kamen ums Leben.

«Willy Brandt war eher ein Zauderer, der immer alles hin und her abgewogen hat», sagt Meier junior. Helmut Schmidt hingegen sei ein Mann der Tat gewesen. In der Not habe seine Devise gelautet: «Machen wir mal – aufräumen können wir nachher.»

Das habe sich auch während der Schleyer-Entführung gezeigt. Man müsse sich in Erinnerung rufen, holt Stephan R. Meier aus, dass der «deutsche Herbst» und damit die Bedrohung einer freiheitlichen Demokratie mitten im Kalten Krieg angesiedelt war. Die RAF forderte den Staat mit allen nur erdenklichen Mitteln heraus. In dieser Notlage sei Deutschland geradezu verpflichtet gewesen, mit ebenso ausserordentlichen Mitteln auf die existenzielle Gefahr zu reagieren.

Und dann kommt der Übergang zur Kryptographie. Ich hatte ja schon beschrieben, dass die DDR alle Telefonate Kohls abhören konnte, nur nicht die mit dem US-Präsidenten, weil da die USA digital verschlüsselndes Gerät geliefert hatte. Ein Foto, das durchgesickert war, zeigte Elektronik von der Größe eines Kühlschranks. Genau das, nämlich digital verschlüsselnde Telefonie hatte ich ein paar Jahre später tragbar, aus Standardbauteilen und mit Software gemacht, die wir in der Informatikvorlesung als Übungsaufgabe brachten.

Eine wichtige Rolle kam offenbar einer unscheinbaren Kirche im Bonner Stadtbezirk Bad Godesberg zu, wie Meier in seinem Roman schreibt: Die Stimson Memorial Chapel, die in unmittelbarer Nachbarschaft zur damaligen US-Botschaft stand. Dort wurden jeweils die Telefonkonferenzen der drei westlichen Geheimdienstchefs – im Buch sind es Manthey, Bush und Chofi – aufgeschaltet. Die abhörsichere Funkanlage war im Kirchturm eingebaut.

Für den Aufbau der Verbindung nach Langley und Tel Aviv sorgte ein getarnter CIA-Mitarbeiter, den Stephan R. Meier im Buch «Pfarrer Morgenschweiss» nennt.

Auch nach der Entführung der Lufthansa-Maschine durch ein Kommando der PFLP soll hier eine Krisensitzung einberufen worden sein. «Die legendäre Befreiung der ‹Landshut› in Mogadiscio durch die Sondereinheit GSG 9 war eine Hochrisiko-Operation», sagt Stephan R. Meier. Er wisse nicht, in welche Richtung sich Deutschland entwickelt hätte, wenn dabei etwas schiefgelaufen wäre.

Der Zusammenhang mit der Operation Rubikon

Brisantes zur Crypto-Affäre

Sobald im Gespräch Amsteins Name fällt, kommt Stephan R. Meier auf die «Operation Rubikon» zu sprechen, «die grösste Spionageoperation des Jahrhunderts», wie sie der US-Auslandgeheimdienst CIA später in einem internen Bericht bezeichnete.

Ab 1970 wurden Chiffriergeräte des Schweizer Herstellers Crypto AG im zugerischen Steinhausen derart manipuliert, dass sie für Insider leicht zu entschlüsseln waren. Verantwortlich für die Camouflage war neben den amerikanischen Geheimdiensten – der BND.

«Es war mein Vater, der als Leiter Beschaffung beim BND für solche Operationen zuständig war», sagt Stephan R. Meier.

Mehr als fünfzig Jahre später bezeichnet er die Manipulation der Schweizer Chiffriergeräte aus dieser Sicht als eine geniale Idee, die neben einigen Kollateralschäden vor allem Gutes gebracht habe. Als Beispiel nennt er die Verhandlungen von Camp David, die 1978 zum Friedensvertrag zwischen Israel und Ägypten geführt haben.

Inzwischen ist bekannt, dass das nur möglich war, weil die amerikanischen Gastgeber dank den manipulierten Chiffriergeräten aus der Schweiz die ägyptische Verhandlungsposition jeweils bereits im Voraus gekannt hatten. Wenige Monate später wurde der Friedensnobelpreis dem ägyptischen Präsidenten Anwar al-Sadat und dem israelischen Ministerpräsidenten Menachem Begin verliehen.

«Aber eigentlich hätte ihn die ‹Operation Rubikon› verdient», wirft Stephan R. Meier ein. Der Satz könnte wohl von seinem Vater stammen.

Ah, ja. Man hat da also auch „Kollateralschäden“ in Kauf genommen. Da falle dann wohl auch ich darunter. Kollateralschaden.

Und was wusste die Schweiz vom Fall Crypto? Im Untersuchungsbericht der Geschäftsprüfungsdelegation heisst es, die Schweiz habe erst ab Herbst 1993 zuverlässige Informationen über die Crypto AG erhalten. Stephan R. Meier schmunzelt. «Sie können davon ausgehen, dass Herr Amstein häufig bei uns zu Gast war.» Und zwar zu einer Zeit, als die Familie noch in München gewohnt habe – also zu Beginn der 1970er Jahre.

War der damalige Chef der Schweizer Bundespolizei also von Anfang an über die manipulierten Chiffriergeräte informiert? Stephan R. Meier antwortet, wie er es von seinem Vater gelernt hat – er sagt nicht Ja und nicht Nein, er lenkt einen aber in eine bestimmte Richtung. «Können Sie sich wirklich vorstellen, dass der Schweizer Geheimdienstchef nicht gewusst hat, was bei der Crypto AG gelaufen ist?» Und er fügt an: «Dann hätte Herr Amstein schlichtweg seinen Job nicht gemacht.»

Davon geht Meier junior aber nun wirklich nicht aus. Amsteins Name sei von seinem Vater stets lobend erwähnt worden.

Nun, an dem Punkt waren wir ja schon, dass es äußerst, äußerst unwahrscheinlich ist, dass die Schweiz von der Nummer nichts wusste. Es gab ja auch den Punkt, an dem sie das dann „offiziell“ herausbekommen haben, und dann das Maul gestopft bekamen, indem man sie einfach an den gewonnenen Erkenntnissen beteiligte.

Die Schweiz war da mit drin. Eindeutig. Die Schweizer sind Heuchler, Lügner und korrupt, aber nicht blöd, jedenfalls nicht alle.

Und dass dieses Gutachten der ETH Zürich gegen mich faul war, war nicht nur offensichtlich, sondern auch noch belegt, weil ich wieder die ETH damals über eine Instruktionsrichterin die Akteneinsicht durchsetze, die unter anderem ergab, dass die Universitätsleitung durchaus darüber informiert war, dass Ueli Maurer ein unhaltbares Murksgutachten erstellt hatte. Wenn man aber weiß, dass Ueli Maurer selbst einen Hintergrund an einer geheimdienstdurchverseuchten US-Uni hat, und es typische Masche der US-Geheimdienste ist, Agenten als Professoren zu tarnen, und die gekaufte Phantomprofessur der Verfassungsrichterin Baer zehn Meilen gegen den Wind danach stinkt, und ich auch die schon in Verdacht habe, für den Geheimdienst zu arbeiten (schon deshalb, weil keinerlei akademische Leistungen zu finden sind, bleibt ja nichts anderes übrig, und die Humboldt-Universität sagte ja selbst vor Gericht, dass sie eigentlich auch nicht wisse, warum die eine Professor habe oder was sie da mache), habe ich so den Eindruck, dass ich von einem inoffiziellen Geheimdienstmitarbeiter zum nächsten zur Hinrichtung weitergereicht wurde: Beth – Maurer – Baer. Und ich denke noch über diesen komischen Verwaltungsrichter nach, der das Verwaltungsverfahren damals monströs manipuliert und die Bänder getauscht hatte – und von dem sich dann herausstellte, dass er vorher selbst Mitarbeiter am Bundesverfassungsgericht gewesen war. Das lief alles irgendwie viel zu glatt und Hand in Hand. Erst hieß es zwei Gerichtsinstanzen lang, man habe und finde keinen Prüfer, und dann hatte man plötzlich von einem Tag auf den anderen einen. Und so weiter und so fort.

Ich habe dazu noch ein anders Pfund im Kühlschrank, das ist aber noch nicht spruchreif.

Der Lauschangriff

Zurück in den «deutschen Herbst», als ein ganzes Land während 44 Tagen unter Hochspannung stand. Es ist die Nacht auf den 18. Oktober 1977, als im fernen Mogadiscio kurz nach Mitternacht alle Geiseln befreit werden können, dank dem Einsatz der Sondereinheit GSG 9. Der Rechtsstaat hat im Kräfteringen mit dem Terrorismus obsiegt. Einzig Hanns-Martin Schleyer ist noch immer in der Gewalt der RAF.

Keine 150 Meter von der Justizvollzugsanstalt Stammheim entfernt, an einer Strasse namens Glühwürmchenweg, knistert es in dieser Nacht in den Kopfhörern der Techniker. Es sind Mitarbeiter des Inlandgeheimdiensts BfV, so schreibt es jedenfalls Stephan R. Meier, die sich in einem Lieferwagen verschanzen. Sie haben eine Funkverbindung nach Bonn gelegt, wo der Geheimdienstchef Manthey und Bundeskanzler Schmidt zugeschaltet sind.

Die Absicht hinter der nächtlichen Abhöraktion ist es, endlich einen Hinweis auf das Versteck von Hanns-Martin Schleyer zu bekommen. Doch dann wird die nächtliche Stille von einem metallischen Klicken durchbrochen. In einer der Zellen im siebten Stock wird eine Pistole durchgeladen.

Den Lauschangriff, an allen gesetzlichen Aufsichtsinstanzen vorbei, hatten Manthey und Schmidt Wochen zuvor per Handschlag vereinbart – einen stillschweigenden Pakt nennt es Stephan R. Meier in «44 Tage». Daraufhin habe der Inlandgeheimdienst Wanzen in die Zellen von Baader, Ensslin, Raspe und Möller einbauen lassen.

Nach dem hörbaren Laden der Pistole schauen sich die zugeschalteten Manthey und Schmidt in einem Sitzungszimmer in Bonn in die Augen. Ohne viele Worte zu verlieren, sind sie sich einig: Manthey und Schmidt unternehmen nichts, heisst es im Roman, sie hören bloss weiter zu. Oder besser: Sie hören weg. Es fallen zwei Schüsse aus unterschiedlichen Waffen. Dann das Röcheln einer Frau. Und noch ein Röcheln. Baader, Ensslin und Raspe sind tot. Möller überlebt schwer verletzt.

Im Lieferwagen am Glühwürmchenweg drücken die Techniker auf die Stopptaste des Tonbands. Sie beschriften die Spule mit einem nichtssagenden Ereignis und einem falschen Datum. So verschwinden die Aufnahmen in den Tiefen des Archivs – und sind wohl, scheinbar mangels Relevanz, längst entsorgt worden.

Hat sich die vieldiskutierte «letzte Nacht von Stammheim» tatsächlich so zugetragen, Herr Meier? «Wie jeder Mensch hat auch jeder Staat das Recht auf Geheimnisse», lässt er die Antwort offen. Für ihn sei aber klar, dass keine Regierung in absoluter Unschuld regieren könne. «Manchmal, in einer Notlage, muss man auch Schuld auf sich nehmen.»

Haben da vielleicht die einen die RAF in Stammheim abgehört, um herauszufinden, wo Schleyer ist, und dabei zufällig und unbemerkt mitgehört, wie irgendwelche anderen die RAF umgelegt haben? Schwierig, unwahrscheinlich, denn eine hat es ja überlebt. Die hätte ja reden können. Aber der Gedanke wäre schon würzig.

Zwei Fronten

Leider führen die da in diesem Artikel der NZZ die zwei Handlungsstränge Rubikon und RAF nicht zusammen, aber da passen dann meine früheren Blog-Artikel direkt dran.

Wir wissen ja bereits, dass Rubikon durch Kommunikationsaufklärung einige politische Entscheidungen beeinflusst hat, beispielsweise den Falklandkrieg. Und auch wirtschaftliche Verhandlungen aller Art.

Wenn die mit der Operation Rubikon aber auch Ägypten in den Gesprächen mit Israel abgehört haben, und Israel seit dem Olympianschlag 1972 mit im Spiel war, und da mehrfach erwähnt wird, dass die Israelis gut mit drin waren, ergibt das alles eine einzige große Suppe. Denn die Entführung der Landshut hat die Verbindung zwischen RAF und Palästinensern belegt. Als ich die Quellen für diesen Blogartikel hier gelesen habe, bin ich noch auf etwas anderes gestoßen, was mir bisher nicht bekannt war: Die entführte Boeing 737 Landshut war damals, 1977, auf dem Rückflug von Mallorca nach Deutschland und auf einen Irrweg geraten über Flughäfen, die ihnen die Landeerlaubnis verweigerten und denen, die sie zum Auftanken kurz landen ließen. Einer der Flughäfen, an denen sie kurz aufditschten, war Larnaca auf Zypern. Dort aber kam es schon ein paar Monate später zu einem neuen Fall, eine ägyptische Maschine, mit Feuerzauber von ägyptischen Spezialkräften.

Offenbar laufen da zwei Fronten ineinander.

Denn bisher nahm ich an, dass die Operation Rubikon über Leiberich im wesentlichen dem Abhören europäischer und großinternationaler Länder aller Art dienten, so eine ungerichtete Sache war, die einfach sammeln sollte, soviele man bekommt. Man hat allerdings durchaus auch gezielte Angriffe vorgenommen, weil man Ländern, die sich die teuren faulen Kryptogeräte finanziell nicht leisten konnten, großzügig sehr günstige Kredite gab, damit sie sich die Geräte kaufen konnten, mit denen man sie dann abhörte.

Dann kam aber über die Verbindung Leiberich-Schäuble die DDR als Gegner hinzu, und es kam nicht von ungefähr, dass die die DDR-Kryptologen sofort eingesammelt haben. Es spricht allerhand dafür, dass Wolfgang Schäuble in Abstimmung mit den USA unter Kohl der Zentralkoordinator gegen die Stasi war, und das alles von dem Politischen Kampf gegen die RAF und damit die Palästinenser nicht zu trennen ist, und auf der einen Seite Deutschland, Kohl, Schäuble, BND, USA, NSA, CIA, Mossad, Schweiz standen, und auf der anderen Seite RAF, DDR, Palästinenser, islamischer Terror. Und des da um die Aufdeckung ging, und der RAF-Terror offenbar eine wesentliche Motivation für die Operation Rubikon war.

Hochbeachtlich ist dann nämlich der schon beschriebene Vorgang, dass der BND eine Nachricht aufgefangen hatte, die den Terroranschlag 9/11 vorab beschrieb, der aber im deutschen Kompetenz- und Zuständigkeitsmorast stecken geblieben und nicht weitergemeldet worden war. Womöglich hätte 9/11 verhindert werden können, wenn der BND es nicht vermurkst hätte. Offiziell heißt es zwar inzwischen, dass der BND Anfang der 90er aus der Crypto AG ausgestiegen sei. Ob das stimmt, ist aber eine andere Frage. Und wenn es richtig ist, dass Rubikon die ganze Operation, Minerva aber nur die Crypto AG bezeichnet, sind sie vielleicht aus Minerva, aber nicht aus Rubikon ausgestiegen. Oder haben was Neues gemacht, denn offenbar waren sie vor 9/11 ja immer noch aktiv.

Und offenbar gehörten zu dieser Operation eben auch die besagten „Kollateralschäden“ wie Wissenschaftler. Während das aber in den USA aufgrund des dortigen Rechtes so läuft, dass man dort einen Brief bekommt, den man Dritten gegenüber nicht erwähnen darf, der einen künftig von der Veröffentlichung abhält, aber als Wissenschaftler nicht erledigt, hatte man hier für so etwas keine Rechtsgrundlage und deshalb andere Methoden angewandt. Kollateralschaden.

Beachtlich ist daran auch, dass Schäuble nach Kohls Wille dessen Nachfolger als Kanzler hätte werden sollen. Offenbar hatte man im Osten aber – wie man es zum Tod von Michael Gorbatschow gerade wieder erläutert hat – wenig Begeisterung für Glasnost, Perestroika und westliche Demokratie, noch weniger für den Untergang der Sowjetunion und der DDR, und so könnte man mal drüber nachdenken, warum eigentlich Gerhard Schröder damals Kanzler wurde, von dem es heute heißt, dass er damals schon russisch-freundlich war.

Und ob es ein Zufall ist, dass dann nicht Wolfgang Schäuble, sondern Angela Merkel den Laden übernahm und in der Folge dan auch Justiz, Verfassungsgericht, Medien und und und von links übernommen wurden, als wäre die Bundesrepublik die Fortsetzung der RAF mit vorrübergehend anderen Mitteln. Denn anscheinend ist die Bundesregierung ja gerade dabei, die Antifa als so eine Art Staats-RAF aufzubauen, nachdem sich Stasi+RAF schon als erfolgreich erwiesen hatte. Die üben ja gerade daran, Leute umzulegen.

Betrachtet man das alles aus einer gewissen Entfernung, erscheint es aber selbstwidersprüchlich: Sollte man Figuren wie die Verfassungsrichterin Baer nun der amerikanischen Seite zuordnen, oder der anderen, der RAF-nahen Seite?

Vermutlich ist die Frage falsch.

Denn nicht etwa direkt die Bundesrepublik wurde übernommen.

Die USA wurden übernommen und links unterwandert. Die sagen ja auch selbst, dass das nicht mehr die Vereinigten Staaten sind.

Und dann hat man über die etablierte, vermeintlich stabile Verbindung USA-Deutschland Deutschland übernommen und auf links gebügelt. Während man sich also noch immer für auf der Seite von USA und Israel hält, ist man längst auf der Seite der Kommunisten, der RAF, der Palästinenser und Israelgegner angekommen. Wir wurden über Schröder und Merkel komplett in die entgegengesetzte Richtung gewendet und haben es kaum gemerkt, schlimmer noch, finden es gut.

Und in die Räder dieser Mühle bin ich da geraten.

Kollateralschaden.