Ansichten eines Informatikers

Noch’n Elektronikmarkt

Hadmut
1.9.2022 17:37

Ich war nochmal am Alex.

Zwei Gründe.

Zum einen wollte ich mal wegen des Blogartikels von gestern gucken, wie sie diesen Mediamarkt da umgebaut haben.

Und nochmal zum Decathlon, weil mir ein Leser vorgehalten hatte, ich hätte beim weißen, weil nicht umweltschädlich gefärbten political-correctness-Zelt nicht richtig geguckt, das sei nur außen weiß, aber innen genauso schwarz und dunkel wie die bisher beworbenen Zelte. Stimmt aber nicht, habe extra geguckt. An dem Ding ist gar nichts schwarz oder dunkel, das Ding ist wirklich nur aus einem dünnen, weißen, sehr lichtdurchlässigen (so wie das Milchglas am Klofenster) Stoff. Wie ein anderer Leser schrieb, nicht mehr Form follows Function, sondern Function follows Ideology als Designmethode.

Zurück zum Mediamarkt.

Sehr änliche Umstrukturierung wie bei Saturn (nicht überraschend, selbe Firma). Kassen aus dem Weg, damit einen nichts am Eintritt hindert, die sind jetzt unauffällig am Rand, so dass man sie von außen gar nicht sehen kann. Soll einen vielleicht auch davon abhalten, an den Zahlungsvorgang zu denken und die Kassenschlage zu sehen.

Im Eingang Handys und Lifestyle-Zeugs bis zum Abwinken.

Auch hier die Fotoabteilung, die früher prominent und riesig groß gleich am oberen Eingang war und viele Angebotstische und noch mehr Ausstellungstische zum Ausprobieren hatte, drastisch geschrumpft um im obersten Stockwerk ins hinterste Eck verbannt, wo dann auch nichts los ist und keiner mehr vorbei kommt.

Es ist auch nicht verwunderlich, denn ein „Sonderangebot“ ist mir als ziemliche Frechheit aufgefallen, nur ist mir nicht klar, ob da Mediamarkt oder Sony frech ist. Sony hat doch eine andere Taktik als die anderen Hersteller. Während die anderen Hersteller teure und billige Kameras bauen, letztere mit funktionalen Abstrichen und meist Plastikgehäuse, dass sich auch absichtlich billig anfühlt, verkauft Sony einfach seine alten, technisch überholten Modelle zu günstigeren Preisen weiter. Man bekommt also eine ehemals spitzenmäßige teure Kamera, aber technisch überholt, zu einem günstigeren Preis, oder jedenfalls das, was die darunter verstehen. Ich habe zwei Sonys, ein A6300 und eine A7II, und beide zum Schleuderpreis gekauft, eine bei Saturn und eine bei Mediamarkt, die die damals, als die überholt waren, zum Schleuderpreis rausgehauen haben. Ich bin zwar eigentlich auf Nikon, aber weil ich noch alte Minoltaobjektive habe, es viel lustiges Objektivzeugs nur für Sony E gibt, und ich mir die mal anschauen wollte, habe ich mir die gekauft, als die jeweils gerade billig waren. Also habe ich damals – ich weiß es nicht mehr genau, im Blog hatte ich es mal erwähnt, ist schon so zwei oder drei Jahre her, die A7II mit 24-70/4 für sowas um die 700 Euro gekauft. Die ist zwar technisch veraltet, aber für den Preis wirklich günstig gewesen. Wohlgemerkt: Damals war die A7III aktuell, die A7II also nur das Vorgängermodell der Aktuellen. Inzwischen ist die A7IV aktuell, und obwohl die A7II inzwischen das Vor-Vorgängermodell ist, wollten die jetzt 9xx, weiß nicht mehr, also sowas an die 1000 ran, dafür. Obwohl das Modell jetzt noch stärker veraltet ist, wollen die jetzt mehr Geld. Und die machen nicht mehr die alten billiger, sondern die neuen immer teurer. Die A7III sinkt auch nicht im Preis, dafür ist die A7IV noch teurer. Und dann wundern die sich, wenn da keiner mehr kommt.

Der ganze Laden funktioniert jetzt anders.

Auf allen Etagen haben sie jetzt rundherum so kleine eingelassene Verkaufs- und Ausstellungsräume, die mich an arabische Soukhs (oder Suqs) erinnerten, in denen die Markenhersteller residieren, die jeweils zum Etagenangebot passen. Unten die Handyhersteller, dann die Haushaltsartikel, dann die Notebookhersteller und ganz oben in der allerhintersten Ecke sogar Nikon.

Es zeigt aber sehr deutlich, wie sich das Verkaufsgeschäft ändert.

Früher: Regale voll Zeugs, eins am anderen, Preisschilder, alles nach Produktart sortiert.

Jetzt: Mehr so ein Erlebnis-Ding mit Markenpräsentation, alles was bunt und anfassbar ist, Sitzecken, und eben ganz stark: Die Marken herausstellen. Früher entsandten die Marken sogar eigene Berater, die dann im Laden rumstanden. Heute sind die richtig Untermieter und haben dort ihren eigenen … ja, so quasi Messestand.

Was aber auch zeigt, dass die Leute weniger wissen, was sie eigentlich wollen, sondern dorthin gehen, damit die ihnen dort sagen, was sie wollen.

Vielleicht hat das auch mit der Veränderung der Bevölkerung zu tun. Ich habe den Eindruck, dass sich die Läden auch auf eine blödere, anspruchslosere, stärker auf Darstellung und Lifestyle fixierte Kundschaft einrichten. So Dinge wie Handy, Ohrhörer, Lautsprecher, Fernsehr, noch ein Notebook sind wichtig, die müssen alle schick, neu, schön, ansehnlich sein, und der Rest ist nicht mehr so wichtig.

Es könnte aber auch damit zu tun haben, dass wir mehr und mehr im Internet kaufen, und die Läden wie Saturn und Mediamarkt sich mehr auf solche Produkte verlagern, die man anfassen, in der Hand halten, im Original sehen muss. Ich kann ja auf einem schlechten Monitor im Webbrowser nicht sehen, was für geile Farben der tolle Fernseher XY hat, das kann man nur direkt sehen. Insofern wandeln sich Läden wie Mediamarkt eher zur Dauerausstellungsfläche wie den einer Elektronikmesse mit angeschlossener Erwerbsmöglichkeit.