Ansichten eines Informatikers

Über den Zusammenhang zwischen Huren, dem Meer und dem IT-Fachkräftemangel

Hadmut
31.7.2022 14:31

Eine Leserin schreibt zum Gehaltsmäkeln des Musikers:

Informatiker überbezahlt – Guter Witz

Hallo Hadmut

Ich habe gerade Deinen Leserbrief zu Angebot und Nachfrage von Informatikern gelesen. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen dass Deutschland in Fragen IT inzwischen als Billiglohnland gilt. Ein Grund warum in Deutschland ansässige Arbeitgeber Schwierigkeiten habe, geeignete Informatiker zu finden ist dass die heutige Technik es ermöglicht remote für in der USA ansässige Firmen zu arbeiten und dort werden andere Gehälter gezahlt. Meinen Informationen zufolge benötigst Du inszwischen mindest ein Jahresgehalt von einer halben Millionen Dollar um in Kalifornien über die Runden zu kommen. Das führt dazu dass US Firmen den Deutschen Standort (dh sie haben hier nicht wirklich eine nennenswerte Niederlassung, sie heuern nur Experten an, die dann remote aus dem Homeoffice arbeiten und wenn nötig für Kurzbesuche in die USA einfliegen) endecken.

Gruss

Ja.

Oder noch besser: Es gibt inzwischen viele „digitale Nomaden“, die nirgendwo mehr lange genug bleiben, um steuerlich veranlagt zu werden. Da entwickeln sich gerade viele Unterkünfte speziell für sie, wo man dann für einige Monate bleibt, alles vorfindet, was man zu Arbeiten braucht, natürlich Strom, Internet, Drucker und so’n Zeugs, und die Leute reisen dann im Prinzip nur noch mit Laptop und Badehose in der Welt herum und sind immer da, wo gerade das schönste Wetter ist.

Es gab mal einen Bericht, wonach es in Thailand inzwischen eine ganze Branche gibt, in der Leute solche Informatiker-Unterkünfte anbieten, wo man dann bleibt, mit anderen, gleich arbeitenden Leuten quasi so eine Art WG de Luxe bildet, es sich gut gehen lässt, billige Lebenshaltungskosten und so, und vielleicht ein Konto in Kanada hat, und praktisch so gut wie keine Steuern (außer der Mehrwertsteuer) zahlt, aufgrund der günstigen Unterkünfte und weil man ja auch nur in Shorts und T-Shirt rumläuft, was man dort für Kleinstbeträge bekommt, kaum laufende Kosten hat.

In der Frühzeit der Pandemie habe ich mal einen Bericht über die Situation der Hoteliers auf den Kanaren gesehen, die schon so gut wie pleite waren, aber auf eine neue Geschäftsidee kamen: Langzeitvermietung ihrer Zimmer für mehrere Wochen oder Monate an IT-Arbeiter mit entsprechender Aufrüstung der Zimmer (richtig Internet, Schreibtisch und der ganze Klimbim), und die Leute dort arbeiten und sich zwischendrin direkt am Hotelpool oder der Hotelbar treffen oder sich doch aufraffen, die 200 Meter bis zum Meer zu gehen und im Meer zu baden. Seitdem sind die Hoteliers davon begeistert, was ursprünglich nur eine Notlösung sein sollte, weil IT-Fachkräfte viel angenehmere Gäste sind. Die lassen mehr Geld da, bleiben länger, machen weniger Arbeit und randalieren nicht, die machen nichts kaputt.

Auch von Madeira habe ich so ein Video gesehen, wo sich ein IT-Experte für ein ganzes Jahr in einem Hotel eingemietet hat, entsprechend Rabatt bekam, und dort quasi Bett und Arbeitszimmer hat, und jeden Abend ist dort am Meer so eine Art Informatiker-Party.

Ich hatte sowas schon überlegt, aber vor 10 Jahren ging sowas noch nicht, da war noch Anwesenheitspflicht. Da hat uns die Pandemie mit dem Homeoffice und Online-Arbeiten so richtige Vorteile gebracht.

Dazu kommt die irre Preisentwicklung in den USA. Ich habe da schon mehrfach von Leuten gehört, gelesen oder Videos gesehen, die im Silicon Valley arbeiten, $400,000 verdienen und sich keine Wohnung leisten können, sondern im Wohnmobil, oder noch schlimmer, im hinteren Teil ihres Kombis hausen müssen.

Da kann man durchaus mal sagen, dass man es ihnen auch für $300,000 macht, wenn man nicht vor Ort sein muss.

Und wenn das dann noch steuerfrei ist…

Mich erinnert das so ein bisschen an diese neue Online-Sex-Branche, über die ich auch schon geschrieben habe. Im Zuge der Pandemie sind auf einmal jede Menge dieser Online-Kamera-Sex-Portale entstanden, die – teilsweise – ein Wahnsinnsgeld machen. Hatte das ja schon mal beschrieben. Man holt sich dabei zwar einen Dachschaden, aber wenn man gut und attraktiv ist, und bereit ist, drei Jahre lang vor der Kamera mindestens 8 Stunden am Tag die Beine auf 180° breit zu machen und zu masturbieren, kann man da auf eine oder mehrere Millionen kommen, und wenn man das irgendwo macht, wo man dafür keine Steuern zahlt, und das sorgfältig aufs Depot einzahlt, muss man den Rest des Lebens nicht mehr arbeiten und kann sich am Strand vom Dachschaden erholen.

Und in der Folge dessen gab es bei den Prostituierten die im Prinzip gleiche Entwicklung wie bei den Informatikern: Als das Bordell-Geschäft mit der Pandemie einbrach und die alle nach Hause geschickt wurden und ohne Einkünfte da saßen, fragten sich viele, was man aus dem Lockdown machen könnte. Notebook, Webcam, Beine breit. Und haben dann verblüfft festgestellt, dass das ein viel besserer Job als die Prostitution ist, weil sie a) keinen Kundenkontakt haben, b) keinen Zuhälter, c) keine Gewalt, d) keine Polizeikontrollen, e) keine Krankheitsgefahr, f) besseres Einkommen und g) Arbeitszeiten und das, was sie machen, selbst festlegen. Und h) selbst bestimmen, was sie machen und was nicht. Und außerdem noch i) ihren Aufenthaltsort frei auf der Welt wählen können, weil es überhaupt keine Rolle spielt, wo sie sind. Also auch mit der Zeitzone arbeiten können, um ihre Dienste um Mitternacht anbieten, obwohl es Vormittag ist. und sie vor allem j) die bekloppten Asiaten mit ihren absurden, aber lukrativen Vorlieben bedienen können.

Da hat es eine ganze Branche umgekrempelt.

Und die Veränderungen in der Informatik sind denen in der Prostitution verblüffend ähnlich.

Und wenn ich mir dann anschaue, was ich so in den letzten zwei, drei Jahren am zuvor angenehmen Arbeitsplatz erlebt habe, wie sich das in eine feministische Klapsmühle verwandelte, oder man sich anschaut, was da gerade in München mit der Wahl von „Dr. Laura Sophie Dornheim“ zur „IT-Referentin“ der Stadt München abgelaufen ist – ich habe die ja damals bei den Piraten erlebt. Wer will denn sowas als Vorgesetzte ertragen? Noch dazu zu den Gehältern im öffentlichen Dienst?

Es stimmt. Quaifizierte IT-Dienstleistungen wird man künftig nicht mehr auf dem – ohnehin völlig kaputten und kaputtbesteuerten – deutschen IT-Markt bekommen, sondern zu internationalen Preisen auf dem internationalen Markt einkaufen müssen.

Die Leute werden nicht mehr so dumm sein, sich auf das deutsche System von

  • Steuern
  • Sozialabgaben
  • Gewerkschaften
  • rigiden Vorschriften
  • Gender
  • Frauenbevorzugung
  • Quoten
  • Gleichbezahlung
  • Idiotischen Vorgesetzten
  • Gängelung
  • Mobbing
  • Witzgehälter

einzulassen und hier das Herr der Faulen und Dummen mitzufinanzieren.

Ich hatte oft beschrieben, dass wir eine Globalisierung haben, in der wir uns hier vorgaukeln, wir hätten hier Mindestlohn und Sozialstaat, in Wirklichkeit aber Billiglohnarbeiten, Drecksarbeiten, Energiegewinnung einfach ins Ausland verlagert haben.

Das wird auch in der IT kommen, nur umgekehrt. Qualifizierte Leistungen wird man im Ausland einkaufen müssen. Ohne Steuern, ohne Sozialabgaben, ohne Frauenquoten, ohne dumme Vorgesetzte, ohne lächerliche Gesellschaftstänze.

Und dann sucht man sich ein schönes Plätzchen am Strand, schaltet die Webcam ein, macht drei, vier, fünf Jahre für die Auftraggeber die Beine breit, und hat dann genug auf dem Konto, um nicht mehr arbeiten zu müssen. Und überlässt die Politmüllkippe Deutschland einfach sich selbst.

Und wisst Ihr was? Der Gedanke gefällt mir richtig gut. Wenn ich zehn oder zwanzig Jahre jünger wäre, würde ich meinen Scheiß packen, verkaufen, verschenken, verhökern, mir zwei flughafenresistente Koffer packen, einen mit leichten Klamotten und einen mit IT-Kram, einen dicken Cloud-Account anlegen, und auch als digitaler IT-Nomade durch die Welt ziehen. Und mir dann unterwegs irgendwo, wo es schön und billig ist, unauffällig und so, dass es keiner merkt und es keiner findet, ein hübsches Zuhause am Meer kaufen. Da, wo einen Deutschland und die EU nicht greifen können.

Warum sollte man sich auf so einen Schwachsinn, wie den, den ich zuletzt (oder damals an der Uni) erlebt habe, oder das, was ich gerade in München beobachtet habe, überhaupt noch einlassen, wenn man etwas kann? Um dann noch Steuern zu zahlen wie blöde, sich der Kriminalität und den Nazibeschimpfungen hier auszusetzen und dann noch im Winter frieren zu sollen?