Ansichten eines Informatikers

Noch ein Doppelbegriff für die Sammlung

Hadmut
30.4.2022 1:10

*Tätää*

Wir haben eine Premiere. Heute habe ich mal einen Doppelbegriff „von rechts“.

Irgendjemand, dessen Pseudonym ich mal als ungefähr weiblich interpretiere, schreibt mir:

Ach Hadmut, halt dich doch mal aus Sachen heraus, von denen du nichts verstehst…

Rußland droht nicht, Rußland warnt.

Rußland hat bereits zu Beginn des Jahres gewarnt, Washington hat den Stinkefinger gezeigt.

Konzentriere dich auf Kameras und Aktmodelle, das sind deine Domäne, die Amydala nicht zu vergessen…

Und schon sind wir wieder im wunderbaren Reich der Doppelbegriffe. Zwei Begriffe für dieselbe Sache, einer gut, einer schlecht.

Es ist positiv, nennt man es „Warnung“. Wie nett, sie warnen vor.

Ist es negativ, dann nennt man es „Drohung“.

Nun ist es zwar nicht generell deckungsgleich, so gibt es beispielsweise Wetterwarnungen, Hochwasserwarnungen, Gurtwarner. Wetterdrohungen bisher eher nur von Fridays for Future. Und Nachrichtensendung, die sagen gerne, dass ein Hochwasser droht. Auch Hunger- und Dürrekatastrophen drohen gerne, obwohl ich eigentlich nicht weiß, womit sie drohen. Deutschland droht eine Rezession, weshalb man vor derselben warnt, indem man davon spricht, dass sie droht.

Andererseits gibt es Drohgebärden, aber Warnwesten. Die Straßenverkehrsordnung dagegen kennt nur Warnschilder, und das auch dann, wenn Strafen und Verderben drohen.

Beachtlicherweise kennen unsere Gesetze eine Strafandrohung, und nicht die Strafwarnung.

Wenn allerdings A zu B sagt, „wenn Du x machst, mache ich y“, um den B davon abzuhalten, x zu machen, dann ist die Sache ziemlich deckungsgleich.

Ich halte solche Begriffsaustauschversuche für sehr fragwürdig, für so eine Art Kosmetik an fremden Schriften, auf dass sie wohlklingend daherkommen mögen.

Wenn ich aber genau darüber nachdenke, sehe ich doch einen Unterschied zwischen Warnung und Drohung.

Denn meines Erachtens bezieht sich eine Warnung eher auf ein kausal eintretende Folge. Wenn Du nicht aufpasst oder zu schnell fährst, fällst Du hin.

Eine Drohung dagegen würde ich eher als die Ansage einer auf Entscheidung beruhenden Handlung. Wenn Du das machst (oder nicht machst), dann mache ich das. Es folgt nicht kausal, sondern ist eine bewusste Reaktion.

Ich sehe deshalb keinen Raum dafür, Putins Aussage als Warnung einzustufen.

Wenn er sagt, dass Politiker, die in die Ukraine fahren, beim Beschuss verletzt werden könnten, dann würde ich das noch als Warnungen durchgehen lassen. Wenn Putin aber sagt, dass Ländern, die da irgendwas machen, Vergeltungsmaßnahmen auf deren Boden blühen, dann ist das nach meiner Auffassung eine Drohung.

Etymologie

Um Begriffe und deren Unterschiede zu verstehen, hilft oft ein Blick (Ha, gerade ist mir wieder einer dieser typischen Schreibfehler passiert, die ich so oft beschrieben habe, bei denen die Finger die Bewegungsabläufe gegen solche austauschen, die ähnlich klingen, aber völlig anders geschrieben werden, weil die 10-Finger-Bewegungen in der anderen Hirnhälfte offenbar nach Klang zugeordnet werden und die Verbindung zwischen den Hirnhälften in der Kapazität offenbar begrenzt ist: Ich hatte eben Blieg statt Blick geschrieben, obwohl ich natürlich Blick gedacht habe. Würde mir handschriftlich nie passieren. Richtig gedacht, aber die Finger machen was anderes.) in die Etymologie.

Warnung (von Wiktionary):

mittelhochdeutsch warnunge „Vorbereitung, Zurüstung, Schutz, Vorsicht, Achtsamkeit, Hinweis“, althochdeutsch warnunga, belegt seit der Zeit um 1000, heutige Bedeutung ab 16. Jahrhundert[1]

Warnung (von dwds):

warnen Vb. ‘von einer drohenden Gefahr unterrichten, zur Vorsicht mahnen’, ahd. warnōn (8. Jh.), warnēn, warnen (9. Jh.), mhd. mnd. warnen ‘sich vorsehen, vorbereiten, rüsten, behüten, schützen’, mnl. warnen, waernen, aengl. war(e)nian, wearnian, engl. to warn, anord. varna stellen sich als Bildungen mit n-haltigem Suffix zu den unter wahren (s. d.) dargestellten Wortformen mit einer Ausgangsbedeutung ‘(sich) vorsehen’. Der heutige Gebrauch entwickelt sich aus bereits ahd. anklingendem ‘auf etw. (eine Gefahr) hinweisen und (zur Verhinderung) ermahnen’. Warnung f. ‘Hinweis auf eine drohende Gefahr’ (16. Jh.), ahd. warnunga (um 1000), mhd. warnunge ‘Vorbereitung, Zurüstung, Schutz, Vorsicht, Achtsamkeit, Hinweis’. verwarnen Vb. ‘mit Strafe drohen’ (2. Hälfte 18. Jh.), älter ‘zurechtweisen, auf eine Gefahr hinweisen’ (16. Jh.).

Drohung (von DWDS):

drohen Vb. ‘Unangenehmes, Böses ankündigen’. Ahd. throuwen (8. Jh.), threwen (um 800) ‘drohen, tadeln’, mhd. drouwen, drewen, dröuwen, dröun setzt sich fort in nhd. dräuen Vb. (noch in poetischer bzw. historisierender Sprache, während die unumgelauteten Formen im älteren Nhd. untergehen). Daneben steht kontrahiertes (in Anlehnung an die Substantive ahd. thrōa, mhd. drō, s. unten) mhd. drōn, nhd. drohen (mit h als orthographischem Längezeichen). Im Germ. entsprechen asächs. githrōon, mnd. drouwen, mnl. druwen, nl. drouwen, afries. þrūwan, aengl. þrēagan, þrēawian ‘tadeln, züchtigen, strafen, bedrohen, angreifen’ (westgerm. *þrawjan), außergerm. sind aslaw. traviti ‘verzehren’, russ. travít’ (травить) ‘vernichten, hetzen, jagen, verdauen’ und griech. trȳ́ein (τρύειν) ‘aufreiben, erschöpfen’ verwandt. Alle Formen gehen zurück auf ie. *treu-, *trū-, eine Erweiterung der unter drehen (s. d.) angeführten Wurzel ie. *ter(ə)-, wobei eine Bedeutungsentwicklung ‘drehend reiben, quetschen, bedrängen, drohen’ vorauszusetzen ist. Drohung f. ahd. throuwung(a) (8. Jh.), mhd. dröwunge, drowung, anders gebildetes ahd. throuwa, thrawa, threwa (9. Jh.), mhd. drouwe, drō verdrängend. Drohbrief m. ‘schriftliche Ankündigung von Gewalttätigkeiten’ (Anfang 15. Jh.). bedrohen Vb. ‘Unheil, Gewaltanwendung ankündigen’, mhd. bedröuwen, nhd. bedräuen und daneben (seit 15. Jh.) bedrohen. Bedrohung f. (16. Jh.).

Demnach würde ich die Aussagen der Russen eindeutig als Drohung einstufen.

Erst wenn ein drittes Land uns sagen würde „Wenn Ihr Euch da einmischt, würden Euch die Russen angreifen“, dann würde ich das als Warnung einstufen.

Denn eine Warnung hat die Eigenschaft, dass das Unheil und die Warnung nicht vom selben ausgehen. Ein wohlwollender Dritter spricht sie aus.

Bei einer Drohung gehen Drohung und Unheil vom selben aus.