Ansichten eines Informatikers

Notebooks fast nur noch mit verlötetem RAM

Hadmut
21.4.2022 21:32

Geht mir tierisch auf die Nerven.

Vor 10 und in gewissen Grenzen auch noch vor 5 Jahren konnte ich mir beliebig Notebooks kaufen, auch im unteren Preisbereich, die aufschrauben und dann RAM und Platte aufrüsten. Habe ich oft gemacht.

2012 brauchte ich mal ganz dringend auf einer Reise innerhalb Deutschlands einen Notebook gebraucht, weil eine längere Zugfahrt bevorstand und ich unterwegs dringend was arbeiten musste. Zu Mediamarkt gerannt und einen billigen 11,6-Zoll Acer Aspire One 756 in gruselig hässlichem Hellblau für ganz knapp über 200 Euro gekauft. 215 oder sowas Euro.

Das war in Bezug auf Preis/Leistung der beste Notebook-Kauf meines Lebens. Das Ding zwar zwar klein, von der Rechenleistung bescheiden, Auflösung nur 1366×768, aber man musste auf der Unterseite nur eine einzige Sicherungsschraube lösen, konnte dann einen Deckel, der fast über den ganzen Boden ging, herausziehen, und da ganz normale SO-DIMM-RAM-Riegel und eine 2,5-Zoll-Platte austauschen. Ansonsten normale Ausstattung mit Ethernet, WLAN, guter Tastatur, Wechselakku (!), HDMI-Ausgang. Einfach prima, das Ding. Ganz klein, ganz flach, winziges Steckernetzteil, auch noch mit drehbarem Stecker, weil es mal so und mal nur so in die Steckdose passt (obwohl man den Euro-Stecker zum Drehen rausnehmen konnte, sind sie nur leider nicht auf den Trichter gekommen, gleich internationale Stecker beizulegen.) Ich war von dem Ding so begeistert, dass ich zwei Jahre später bei einer günstigen Gelegenheit noch das äußerlich identische, aber etwas neuere Modell (in Schwarz) nachgekauft habe, das ich als Restposten und Ausstellungstück aus dem Schaufenster ohne Verpackung für 150 Euro, aber unbenutzt bekommen habe. Die Rechner auf 8 und 16 GB RAM aufgerüstet, erst größere Festplatten von 1TB für die Reise, dann nochmal durch SSD ersetzt. Wunderbar. Hat mir viele Jahre auf vielen Reisen beste Dienste geleistet, und passte obendrein an jeden Beamer, weil normaler HDMI und normaler VGA-Ausgang.

Ewig hielten die natürlich nicht, weil die Auflösung und die Rechenleistung irgendwann nicht mehr reichten, und die Akkus irgendwann am Ende sind und man sie nicht mehr als Ersatzteil bekommt. Mit dem Älteren bin ich auch wirklich sehr viel über mehrere Kontinente gereist, aber irgendwann ist der Rahmen des Bildschirms am Scharnier gebrochen, weil da irgendwie eine Schraube oder ein Bauteil nicht richtig eingebaut war und von innen merklich gegen das Gehäuse gedrückt hat. Aus dem normalen Gebrauch habe ich sie zwar längst ausgemustert, aber nicht weggeworfen. Beide sind noch im Gebrauch um für Videokonferenzen, Videoaufnahmen und sowas als Zuspieler für Hintergrundbilder oder Vortragsfolien zu dienen, weil zwar der eingebaute Bildschirm nur 1366 Auflösung hat, sie am HDMI als zweitem Bildschirm aber FullHD können und so klein sind, dass sie auf dem Tisch nur sehr wenig Platz wegnehmen.

Machen sie heute nicht mehr.

Wohin man schaut, nahezu alles im unteren bis mittleren Preisbereich hat inzwischen fest verlöteten RAM, den man nicht mehr aufrüsten kann, dafür aber fast immer eine Bodenklappe, um die NVMe-SSD, die heute die Festplatte ersetzt, auszutauschen.

Es gibt Leute, die sagen, dass fest verlöteter RAM von Vorteil sei, weil er weniger anfällig gegen Kontaktschwierigkeiten durch Erschütterungen oder Korrosion ist. Das Problem hatte ich aber noch nie.

Ich könnte mir ja noch vorstellen, dass man bei den heuten ultraflachen Notebooks einfach keinen Platz mehr für die Sockel hat und deshalb flach einlöten muss, weil der Platz für einen Sockel nicht mehr reicht. Warum aber dann können sie Sockel für die SSD einbauen? Die brauchen auch nicht wesentlich weniger Platz. Und wenn man ohnehin eine Klappe einbaut, könnte man sie auch größer machen.

Bei manchen kommt man auf die Idee, dass sie damit Geld machen wollen, weil man den RAM dann zu Mondpreisen bei ihnen kaufen muss, wenn die Geräte in verschiedenen Ausstattungen zu haben sind. Aber auch das ist nur begrenzt möglich. Ich täte ja durchaus ein Stück Geld auf den Tisch legen, wenn ich dafür das Gerät mit 16 oder 32 GB RAM bekäme. Bekomme ich aber nicht.

Schon 8 ist schwierig.

Verblüffend viele Geräte werden nur mit 4GB RAM angeboten. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel.

Ich weiß nicht, was in diese Leute gefahren ist, den Markt mit Geräten zu fluten, die oft auf 4GB RAM, manchmal auf 8GB RAM begrenzt sind. Wieder so bekloppte Produktmanager?

Ich habe einen Verdacht.

Könnte es an Microsoft liegen?

Die haben ja früher schon mal den Preis für die Windows-Lizenzen von der RAM-, Platten- und CPU-Ausstattung abhängig gemacht. Kann das sein, dass die das immer noch oder wieder machen? Dass das Windows, das fast immer mit dabei ist, für die Hersteller deutlich billiger ist, wenn sichergestellt ist, dass nie mehr als 4GB RAM in dem Rechner ist?

Man könnte auch mehr rein tun. Ich hatte neulich mal einen Rechner für ziemlich billiges Geld gekauft, an dem eigentlich alles prima war, guter Bildschirm, flach, die ungewöhnliche Speichergröße von 12GB, um die 300 Euro. Dumm nur: Angeboten hatte man den mit deutscher Tastatur. Tatsächlich hatte der aber eine amerikanische Tastatur und kam mit einem Satz hauchdünner, fast kondomgummiartiger Silikontastaturmatten für die verschiedenen Länder, die man über die Tastatur legen sollte. Das sah so gut aus, dass man das auf den ersten Blick nicht sah, aber fühlte sich an, als läge da eben ein Tuch dazwischen (war es ja auch), und man wusste genau, das hält vielleicht ein, zwei Monate und hängt dann in Fetzen. Außerdem war dem Hersteller nicht zu erklären, dass eine deutsche Tastatur nicht einfach nur anders belegt ist, sondern zwei Tasten mehr hat. Und die da einfach fehlen. Zurückgegeben. Schade drum, war ansonsten sehr gut.

Heißt aber: Man kann auch Rechner mit 12 oder 16 GB günstig bauen. Oder konnte es zumindest vor der großen Pandemie.

Wenn den Herstellern aber nun die Speicherchips zu teuer oder zu knapp sind – warum baut man dann kein Sockel ein, mit denen der Kunde dann selbst aufrüsten kann, nach Bedarf, Geldbeutel und besserem Zeitpunkt?

Ich kann mir das nur so erklären, dass da wieder Microsoft mit nach Leistungsfähigkeit des Rechners gestaffelten Windows-Preisen dahintersteckt.

Heißt aber auch:

Vor 10 Jahren war ich in der Lage, mir einen kleinen, preisgünstigen, praktischen Rechner billig zu kaufen und auf 16GB RAM aufzurüsten. Im nächsten Laden um die Ecke.

Heute kann ich es nicht mehr. Heute bin ich auf 4 oder 8 GB begrenzt, wird nur noch Schrott verkauft. Und das nennen die dann Fortschritt.

Das ist natürlich auch eine Frage der geplanten Obsoleszenz. Einen Rechner, an dem nichts kaputt ist, aber bei dem der Speicher für die nächste Betriebssystemversion nicht mehr reicht, den muss man ersetzen und wegwerfen. Einfach Klappe auf und zweiten oder größere RAM-Riegel rein, das geht nicht mehr.

Ethernet-Buchsen haben sie meist gar nicht mehr, HDMI, wenn überhaupt, nur als Mini-HDMI oder über USB-C, was wieder erforderlich macht, irgendwelche Adapter mitzuschleppen. SD nur als Micro-SD. Speicherkartenleser muss man bei Bedarf auch noch mitschleppen. Mit dem Rechner von 2012 habe ich gar keine Adapter gebraucht.

Und mit einem 11,6-Zoll-Rechner kann man übrigens auch prima auf dem Tisch eines Touristenklasseflugzeugsitzes arbeiten. Größe passt, Stromversorgung reicht, selbst bei Langstreckenflügen kann man da wunderbar arbeiten. (Höllisch nur, wenn der Vordermann dann ruckartig und ohne Vorwarnung den Sitz zurückklappt, wie viele das machen. Dann nämlich wird das Display zwischen Klapptisch und Sitz des Vordermanns eingeklemmt und bricht, wenn man nicht blitzschnell reagiert und den Rechner schnell genug zu sich zient.) Und zum Essen oder Schlafen passt er in die Tasche am Sitz vor einem.

Warum ging das vor 10 Jahren und heute nicht mehr?