Ansichten eines Informatikers

Prüfnummer auf Kassenbon

Hadmut
19.4.2022 19:29

Ein Apotheker schreibt mir.

Ich hatte doch neulich über die Prüfnummer auf dem Kassenbon geschrieben.

Ein Apotheker schreibt mir dazu:

Ich habe für meine Apotheke mal ausgerechnet, wieviel Papier für diese Prüfnummer verschwendet wird. Auf dem Kassenbon belegt die Prüfnummer 4cm. Jedem Kunden muss ein Beleg ausgehändigt werden. Bei durchschnittlich 75.000 Kunden sind das dann 3000 m Papier. Hochgerechnet auf die 18753 Apotheken in Deutschland kommen wir auf 56.259 km Papier. REWE hat ca. 35 Mio. Kunden im Jahr. Da sind es dann 1400 km sinnlos bedrucktes Papier. Der Lebensmitteleinzelhandel hat pro Jahr ca. 15 Mrd. Kundenkontakte und dadurch werden dann ca. 600 Mio. Meter von Bonrollenpapier für diese Prüfnummer verbraucht. Eine reife Leistung.

Ob die Kundenzahlken stimmen, weiß ich nicht. Aber 600 Millionen Meter von Bonrollenpapier für die Prüfnummer auf dem Kassenbon sind schon ein Stück. Das sind 600×106 = 6×108 Meter. Wenn ich das jetzt richtig in Erinnerung habe, ist der Mond so ganz grob und ungefähr eine Lichtsekunde von der Erde entfernt, so irgendwas zwischen 3×108 und 4×108 Metern, oder? Das heißt, dass wir allein für die Prüfnummer auf dem Kassenbon und allein in Deutschland einen Papierstreifen zum Mond und fast auch wieder zurück ausdrucken.

Mal überlegen. Kann das wirklich sein? Kann das von der Größenordnung stimmen? 80 Millionen Menschen in Deutschland, also 8×107. Jeder Mensch, Baby bis Greis, müsste also pro Jahr auf 7,5 Meter Kassenbon nur für Prüfnummern kommen. Wenn das 4 cm pro Bon sind, wären das 187.5 Kaufvorgänge, also jeden zweiten Tag einer. Erscheint mir geringfügig zu hoch, aber jetzt auch nicht so, dass es die Größenordnung ändern würde. Wenn man andererseits Bäckerei und sowas alles berücksichtigt, könnte es hinkommen. Dafür gibt es ja auch welche, die noch den QR-Code mit draufdrucken, und dann mehr als 4cm brauchen.

Noch länger ist natürlich der ganze Kassenbon. Und den müssen wir ja auch bekommen, selbst wenn wir ihn gar nicht haben wollen.

Ich war am Samstag vor Ostern abends noch kurz einkaufen und mich hat’s gegruselt, als ich nach dem Einkauf den Einkaufswagen wieder in die diesen Unterstand für die Wägen gestellt habe. Der ganze Boden unter den Einkaufswägen voll von weggeworfenen Kassenzetteln, die keiner haben wollte. So richtig hoch zum durchwaten.

Und Thermopapier gilt, wohlgemerkt, als umweltschädlich.

Nun erklärten mir aber Leute aus dem Supermarktumfeld, dass das explizit gewünscht wird,

  • dass der Kassenzettel möglichst lang ist, weil die Länge (Size matters, die Länge macht’s…) des Kassenzettels ganz erheblich das Gefühl des Kunden steuert, „wieviel“ er für sein Geld bekommen hat. Es würde als katastrophal angesehen, wenn der Kunde einen größeren Betrag zahlt und dann nur einen ganz kurzen Zettel bekommt.

    Das mag in Apotheken keine Rolle spielen, weil man da oft nur einen oder wenige Artikel kauft, man also direktern Kontakt hat, und das nun wirklich keine Gefühlsrolle spielt, wie lange der Zettel ist, wenn ich zwei oder doch drei Tablettenschachteln kaufe. Ob zwei oder drei Einträge führt auch nicht zu wesentlich unterschiedlichen Zettel-Längen.

    Kauf man aber im Supermarkt einen Einkaufswagen voll Zeug, und hat man das dann eingepackt, dann sorgt der lange Zettel dafür, dass man so ein Gefühl von „Boah, habe ich viel bekommen für mein Geld“ bekommt. Bei IKEA bekommt man auch immer so ewig lange Zettel.

  • Es ist auch gewollt, dass die Zettel unübersichtlich sind. Weil auch das das Gefühl steigert, viel bekommen zu haben. Und weil es einen dann, wenn man auf dem Zettel etwas sucht, dazu zwingt, den Zettel durchzulesen, was günstig ist, wenn man noch Werbung drauf druckt.

Tja.

Da haben wir ja Glück, dass die EU Trinkhalme aus Plastik verboten hat.

Ein Leser beklagte sich neulich, dass man ihm die paar Trinkhalme pro Jahr verbietet, er aber gleichzeitig Gesichtsmasken und Corona-Tests in rau(h)en Mengen verbrauchen muss und ihm noch nie jemand erklären konnte, warum an jedem Corona-Schnelltest ein massives Stück Plastik dran sein muss.

Man könnte es ja digitalisieren. Aber sowas kriegen wir hier nicht hin.