Ansichten eines Informatikers

Die Bedrohung durch die „Dinobabys“ – man will sie aussterben lassen

Hadmut
14.2.2022 21:11

Rente mit 67 – Rausfliegen mit 55.

Golem berichtet, dass IBM ältere Mitarbeiter loswerden will: Altersdiskriminierung: IBM-Führungskräfte wollen “Dinobabys” loswerden

Im Rahmen eines Rechtsstreits sind interne E-Mails veröffentlicht worden, in denen Führungskräfte von IBM eine aggressive Verjüngung der Belegschaft fordern. Das zeigt sich auch in der abwertenden Wortwahl. Es sei von “Dinobabys” die Rede, die zu einer “ausgestorbenen Spezies” werden sollten.

Der Anteil an Millennials, also in den 80er- und 90er-Jahren geborenen Personen, liege im Unternehmen bei 42 Prozent, “wobei die Spanne sehr groß ist und viele Abteilungen weit unter diesem Durchschnitt liegen.” Die “veralteten mütterlichen Arbeitskräfte” seien “keine Digital Natives” und “eine echte Bedrohung für uns”.

Der IBM-Sprecher Adam Pratt sagte der New York Times, dass die Formulierungen “nicht dem Respekt entsprechen, den IBM für seine Mitarbeiter hat” und “nicht die Praktiken oder Richtlinien des Unternehmens widerspiegeln”.

Typische Millenial-Dummheit: Sie glauben, es wäre wichtig, ein „digital native“ zu sein. Sie verstehen aber nicht, dass der ganze Digitalkram von den Babyboomern und nicht von den „digital natives“ erfunden und gebaut worden ist.

Pratt sagt, IBM habe keine systematische Altersdiskriminierung betrieben. “Die Mitarbeiter wurden aufgrund von Veränderungen in der Geschäftslage und der Nachfrage nach bestimmten Fähigkeiten entlassen, nicht aufgrund ihres Alters”, so der Unternehmenssprecher. IBM habe in den USA zwischen 2010 und 2020 mehr als 10.000 Menschen im Alter über 50 Jahren eingestellt. Das Durchschnittsalter der IBM-Belegschaft habe in diesem Zeitraum konstant bei 48 Jahren gelegen.

Aber:

2020 veröffentlichte die Kommission für Chancengleichheit EEOC einen Bericht, in dem sie IBM gezielte Altersdiskriminierung vorwirft. Die Untersuchung der Kommission konzentrierte sich auf den Zeitraum zwischen 2013 und 2018. Manager seien angewiesen worden, “einen aggressiven Ansatz zu verfolgen, um die Zahl der älteren Arbeitnehmer deutlich zu reduzieren, um Platz für Berufsanfänger zu schaffen.” Bei Entlassungen wurden dem Bericht zufolge in 85 Prozent der Fälle Mitarbeiter über 40 Jahren in Betracht gezogen.

Das kommt mir nicht unbekannt vor. Ich bin ja letztes Jahr auch ausgeschieden, was irgendwie so viele Gründe hatte, einige hatte ich ja schon erläutert. Die Firma, in der ich war, war ziemlich jung aufgestellt, gab aber auch noch zwei, drei Ältere als mich (die dann aber auch gegangen wurden, ich war dann schnell der Älteste oder Zweitälteste.)

Das änderte sich aber schlagartig, als die bis dahin selbständige Firma in einen größeren Firmenteil eingegliedert wurde, der nicht nur technisch weiter zurück war, und Softwaretechniken anwandte, die heute als veraltet gelten, sondern auch ein Altersproblem. Man beklagte, dass das Durchschnittsalter bei 55 lag. Kann ich mir zwar eigentlich nicht vorstellen, würde ich bezweifeln, aber das kam halt mal so bei mir an. Und den wolle, müsse man senken. Freilich ohne die Zahl der Stellen zu erhöhen. Könnt Ihr Euch ausrechnen, was das heißt.

Das Fachkräfte-Paradoxon

Es wirkt paradox: Man beklagt sich gleichzeitig über einen Fachkräftemangel und schmeißt die Alten raus.

Wie ich aber schon öfters beschrieben habe, haben wir eigentlich gar keinen so großen Fachkräftemangel, sondern vor allem einen Billigefachkräftemangel.

Es wird nämlich immer so hingestellt, als würden die Alten nicht mehr so mitkommen und die Fähigkeiten nicht mehr aufweisen. Ich war zwar dann der Älteste im Laden, aber immer noch der, der die anderen belehrt und gesagt hat, wo es lang geht, und der erklärt hat, warum wir was nicht machen – weil es schief geht.

Nur gerade deshalb lassen sich die Alten dann auch nicht für alles einspannen, sie erkennen dann halt auch, was nichts bringt oder Firlefanz ist. Scrum zum Beispiel. So ein Management by Hektik machen die nicht mit. Und sagen dann halt auch, warum es schief geht, wenn es schief geht.

Und den ganzen Gender- und Identity-Mist machen die auch nicht mit.

Es hängt aber auch damit zusammen, dass man heute keine voll ausgebildeten Leute mehr haben will, sondern Nischen-Spezialisten, die die Sprache X, die Umgebung Y oder das Tool Z kennen – mehr nicht. Aber dafür gendern und Quoten haben möchten.

Rente mit 67

Eine interessante Frage, wie das gehen soll: Rausschmeißen mit 55, Rente mit 67.

Und dann jammern die immer, dass sie nicht wissen, wie sie die Rente der Boomer finanzieren sollen, schmeißen sie aber vorzeitig raus.

Andererseits kann man durchaus mal die Frage stellen, ob das eignetlich so falsch ist, mit 55 zu gehen – ich nämlich habe die Schnauze sowas von gestrichen voll. Während sich die Berichte mehren, dass immer mehr Betriebe versuchen, die Alten und Rentner nochmal reinzuholen, damit die zumindest ihr Wissen weitergeben. Oder einspringen. Neulich kam irgendwo was im Fernsehen darüber, dass sie in irgendeiner Fabrik irgendwas machen mussten, ich weiß gar nicht mehr, was es war, ich glaube, irgendwas mit Fein- oder Goldschmiedetechniken, wo man entsetzt feststellte, dass das heute keiner mehr kann, und sie noch Rentner fanden, die noch wussten, wie das geht.

Gerade hatten wir das ja von Mecklenburg-Vorpommern: Das Hausshaltssystem von 1995 läuft noch. Das von heute kommt nicht in die Pötte.

Prognose

Das wird noch so drei, vier Jahre weitergehen, und dann wird man einige der Alten zu Höchstpreisen zurückholen. Falls die noch wollen.