Ansichten eines Informatikers

Mehr Hintergrund zum „Hitlerbärtchen“

Hadmut
13.2.2022 19:25

Ein Leser weist noch auf ein anderes Detail hin.

Sein Großvater (Bj. 1901) und ja auch Charlie Chaplin hätten ja auch diesen Toothbrush-Bart gehabt.

Ein Hauptgrund für Schnäuzer und den (auch durch Weltkrieg als Maskenbart gestutzten) Rotzfängerbart sei ein ganz pragmatischer gewesen:

Man habe sich damals nur mit dem großen Rasiermesser rasiert. Und nicht wie heute elektrisch oder dem idiotensicheren Plastikrasierer. Und je nach Gesichtsform kommt man an die Stelle unter der Nase mit dem Rasiermesser nicht dran, schon gar nicht unter Kriegsbedingungen, ohne sich zu schneiden.

Die Rotzbremse ist eben auch der Teil des Gesichts, an den man mit dem Rasiermesser nicht gut drankommt, weil man damit nicht in die Furche unter der Nase kommt, und wo es dann leicht wie Sau blutet und nicht schnell zuwächst, wenn man sich schneidet.

Mal nachgeschaut:

Die Rasierklinge, die man zum Auswechseln in den Rasierer legte, wurde 1901 von King Camp Gillette patentiert, mit der das überhaupt erst möglich werden sollte, dass man sich ohne Barbier selbst rasieren konnte. Als ich selbst mit dem Rasieren anfing und erst mal einen abgelegten elektrischen von Papi probierte, aber nicht mochte, hatte ich auch erst mal so einen Rasierer, den man aufschraubte und dann oben eine Rasierklinge einlegte, die waren in den 80ern und 90ern noch Standard. Aber gruselig, weil schlecht und verletzungsanfällig, damit schnitt man sich ab und zu noch. Ich hatte die noch jahrelang, aber nur, weil ich als Student noch einen langen Vollbart hatte, den aber so alle 4 bis 8 Monate mal komplett abrasierte, weil ich zu fettige Haut hatte und das irgendwann unangenehm wurde, und die kleinen Plastikrasierer davon zu schnell verstopfen. Nur deshalb hatte ich die überhaupt noch.

Übrigens gilt das bei manchen als das erste Wegwerfprodukt der Geschichte: Man kauft die Rasierklinge als ein Produkt, dass man nur wenige Male benutzen kann und dann wegwerfen und kontinuierlich neu kaufen muss. Das war damals neu. Und kam auch erst mal nicht an. Bis (Quelle: Zeitklicks)

Seine Erfindung war nicht von Anfang an erfolgreich, nur wenige Klingen wurden in den ersten Jahren verkauft, doch bald wurden es mehr und mehr. Den Durchbruch erlangte der neue Apparat im Ersten Weltkrieg, als die amerikanische Regierung 36 Millionen Rasierklingen für ihre Soldaten bestellte.

Also sind sowohl das Hitlerbärtchen, als auch die völlig glatte Selbstrasur (ohne Barbier) Auswirkungen des ersten Weltkriegs, eben der unterschiedlichen Rasiertechniken. Das Hitlerbärtchen ist das, was vom Schnauzbart übrig bleibt, wenn man zur Dichtigkeit der Gasmaske soviel wegstutzt, wie man mit einem Rasiermesser selbst wegbekommt, ohne sich zu verletzen.

Die Ganzrasur ist, was man bekam, wenn man einen dieser neumodischen amerikanischen Patentrasierer hatte. Weil die nämlich unter der Klinge eine Leiste hatten, die die Haut glatt zieht, und nicht wie das blanke Messer einfach abschneidet, worauf sie trifft. Deshalb nämlich konnte man damit auch die Stelle unter der Nase rasieren. Mit dem Messer würde man sich die beiden Hautfalten abhobeln.

Aber bekloppt, wie unsere Gesellschaft nun mal ist, denkt sie so weit nicht, assoziiert (Koinzidenz = Korrelation = Kausalität) das Hitlerbärtchen mit Hitler und Nazis, und fertig. Dass man damals noch keine Rasierapparate hatte, kommt den Leuten nicht in den Sinn. Weil sie zu dämlich sind sich vorzustellen, dass nicht schon immer alles so war, wie es heute ist.

Im Prinzip war das Hitler-/Chaplinbärtchen damit sogar die umwelt- und klimafreundlichere Barttracht, weil es ohne diese Wegwerfklingen (und Barbier) auskam. Man hatte ein Rasiermesser, das man immer wieder am Lederriemen oder Stein frisch schärfte.

Wer also wirklich klimafreundlich und links sein will, der würde heute auf Wegwerfklingen und elektrische Rasierer verzichten und wieder wie um 1900 das Rasiermesser verwenden. Und weil man sich damit unter der Nase nicht selbst rasieren kann, einen Schnäuzer tragen. Und, weil der zu Corona-Zeiten die Dichtigkeit der FFP2-Maske genauso verhindert wie damals die der Gasmaske, bliebe also letztlich auch nichts als das Hitlerbärtchen für umweltschonende Linke übrig.

Wenn sie also konsequent wären, müssten deshalb alle männlichen Grünen und Fridays nach Eintritt der Pubertät aus Klimagründen entweder Hitlerbärtchen tragen oder zum Barbier gehen, weil sie auf Elektrorasierer und Wegwerfklingen verzichten.