Ansichten eines Informatikers

„Eine Kaderschmiede für Coder“

Hadmut
27.6.2021 12:07

Oder: Die Privatisierung gescheiterter Hochschulinformatikausbildung.

Zum Softwareartikel von vergangener Nacht hat mich ein Leser auf diesen Artikel bei Businessinsider vom 17. Juni hingewiesen: Daimler gründet Software-Akademie zur Ausbildung eigener Entwickler und Weiterbildung tausender Mitarbeiter

Von Deutschland ist mir das in dieser Größenordnung neu, aber aus den USA ist mir das schon lange bekannt, dass die Firmen anfangen, ihre Leute selbst auszubilden, weil die Hochschulausbildung keine brauchbaren Leute mehr liefert. Seit die Hochschulausbildung nur noch teurer Ideologieschrott ist und die Hauptqualifikation der Absolventen darin besteht, in allen Varianten gendern zu können und die Privilegien der Weißen verinnerlicht zu haben, ist die Hochschulausbildung bei vielen IT-Firmen keinen Pfifferling mehr wert und es zählt nur noch, was ein Bewerber tatsächlich kann und auch in Assessments als Fähigkeit tatsächlich nachweist, egal, ob er auf der Uni war oder nicht. Oder, noch einen Schritt weiter, in der konzerneigenen Ausbildung gelernt hat. Google macht sowas, und es gibt ja Gerüchte (und wurde schon in den Simpsons als Zukunftsvision gebracht, als die erwachsene Zukunfts-Lisa sich entscheidet, gar nicht mehr an die Universität zu gehen, weil ihr das nichts mehr bringt).

Daimler plant eine Software-Akademie, die zwei Funktionen erfüllen soll. Sie soll die vielen tausend Angestellten weiterbilden – Programmieren ist dabei ein Grundpfeiler. Außerdem soll die Akademie als Kaderschmiede für Coder fungieren. Das erfuhr Business Insider aus Unternehmenskreisen.

Kader und Coder in einem Satz. Ich bekomme ja immer Krämpfe in den Eingeweiden, wenn ich dieses bescheuerte Wort „Coder“ höre (und bekomme nicht nur der sprachlichen Ähnlichkeit wegen immer die Assoziation Köter, auch weil ich mal einen erlebt habe, der Coder wie Köder aussprach, aber auch, weil ich zuviele erlebt habe, die als Coder arbeiten und kaum über die wirklich rudimentärsten Kenntnisse hinauskommen, dazu dann noch Geisteswissenschaftler als Scrum-Master.) Das Problem ist einfach, dass wir heute viel zu viel „Drecksarbeit“ auf unterer Ebene brauchen, die von Mannschaftsdienstgraden erledigt werden muss, und die Informatiker dann eher die „Offiziere“ sind – zumindest die, wie wissen, wovon sie reden, was ja auch nicht für alle „Informatiker“ gilt.

Volkswagen gründete die Fakultät 73, eine Kaderschmiede für Software-Entwickler. Die Ausbildung an der Akademie dauert zwei Jahre, nach erfolgreichem Abschluss ist die Übernahme „inklusive“. Damit werben die Wolfsburger – und haben neidische Blicke aus Stuttgart provoziert. Hinter vorgehaltener Hand sagen Daimler-Manager, dass man eine vergleichbare Akademie bei dem Unternehmen mit dem Stern auch längst hätte ins Leben rufen müssen. Bei VW soll Gunnar Killian, Personalvorstand, treibende Kraft hinter der Fakultät gewesen sein. Sein Daimler-Pendant, Wilfried Porth, soll in dieser Hinsicht weniger kreativ gewesen sein.

Das ist das Symptom des Problems: Die Motivation kommt vom Personalvorstand.

Der Kern des Problems ist: Die Universität.

Eigentlich nämlich war ja einer der Gründe, warum man das Studium mit Bolognareformen vom Diplominformatiker (der, wie gerade in der Causa Baerbock erläutert, vor seinem Diplom nach außen hin gar nichts hatte und nur Studienabbrecher war) auf Bachelor/Master umgestellt, weil man argumentiert hat, dass die Industrie nicht immer voll ausgebildete Diplomer/Master bräuchte, sondern in vielen Fällen der Bachelor für die allgemeineren Aufgaben reichen und angemessener sein sollte. Die Industrie hatte politisch gemault, weil damals, zu meiner Zeit, Leute das 13-Jahres-Abi machten, dann noch zum Wehrdienst mussten und hinterher noch 12 oder 14 Semester studiert haben, um dann, wie ich, mit 27 das Diplom zu haben und auf den Arbeitsmarkt zu kommen. Nicht konkurrenzfähig zu Ländern wie den USA, wo viele Leute dann mit 21 oder 22 ihren Hochschul(pseudo)abschluss haben (und bis 37, 47 oder 57 brauchen, um die Schulden abzubezahlen).

Politischer Einfluss, und die Folge: 12-Jahres-Abi, Wehrdienst weg, Versuch, das Studium zu straffen, Bachelor eingeführt.

Hat aber nicht viel gebracht, weil die deutschen Unis verblödet sind und man den Gesellschaftsmüll aus Zivilversagern in die Professuren verklappt hat. Seitdem wird gegendert und die Privilegien werden kritisiert. Der Schwachsinn galoppiert auch an den Informatikfakultäten, dafür schwindet deren Befähigung (und deren Wille), ein Lehr- und Prüfungsangebot zu leisten, das dem Prüfungsplan entspricht.

Viele Leute haben mir berichtet, dass die geplanten 6 Semester für den Bachelor und die 8 oder 10 für den Master selbst für den Schlauesten, Fleißigsten und mit Geld ausgestatteten unerreichbar seien, weil viele Fakultäten überhaupt nicht mehr in der Lage seien, den Lehrplan aufrecht zu erhalten, und wenn die Vorlesungen überhaupt noch gehalten würden, irgendwelche Hilfs- und Assistenzidioten oder Juniorprofessoren da stünden und demonstrierten, dass sie weder Ahnung vom Thema, noch irgendeine didaktische Lehrbefähigung haben. Aber ungemein divers muss alles sein.

Daimler bekommt aber noch die Kurve: Die Stuttgarter wollen nun ebenfalls eine Software-School ins Leben rufen. Das erfuhr Business Insider aus Unternehmenskreisen. Sie soll gleich zwei Funktionen erfüllen: Zum einen will sie die vielen tausend Angestellten für die Zukunft weiterbilden – das Programmieren ist dabei ein Grundpfeiler. Außerdem soll die Software-School als Kaderschmiede für Coder fungieren. So viel soll bereits beschlossene Sache sein.

Ich will das jetzt nicht als völlig schlecht abtun, aber es ist eher Folge als Lösung des Problems. Das eine ist, wie schon beschrieben, dieser enorme Umwälzungsdruck, den man keinesfalls mit Innovation verwechseln sollte, weil ständig alles anders, aber nur selten etwas besser wird, nicht selten dagegen etwas schlechter, und man inzwischen enorme Zeit aufbringen muss, um sich permanent „fortzubilden“ (eher: den Moden anzupassen). Es ist so ein bisschen, als habe Daimler eine eigene Großschneiderei gegründet, um die Betriebskleidung immer auf dem Stand der Mode zu halten.

Und es ist natürlich gefährlich: Denn, machen wir uns nichts vor, in zwei Jahren lernt man nicht programmieren. Software entwerfen. Man lernt vielleicht: Coden.

Dinge wie Algorithmentechnik, Komplexität/Aufwand, Sprachen und Automaten, gar IT-Sicherheit können da nicht abgehandelt werden (es hat seinen Grund, warum man Informatik normalerweise so um die 13, 14 Semester studiert), wären aber gerade für Fahrzeugbau recht wichtig.

In zwei Jahren kann man mit Vorkenntnissen – selbstgelernt oder Informatikunterricht in der Schule – eigentlich nur so Grundfertigkeiten erwerben, die Sprache und die Programmierumgebung kennenlernen, aber nicht beherrschen und verstehen, was man da eigentlich tut. Und daraus wird dann Software, die augenscheinlich funktioniert, irgendwann aber anbrennt. Ich habe zu einer Zeit angefangen, als Computer noch 4, 8, 16, 32, im Luxusfall 64 kByte RAM hatten. Kilo, nicht Mega oder Giga. Da musste man sich noch genau überlegen, was man tut, jedes Byte einzeln dengeln und polieren. Heute blubbern da Programm ab 1 MByte aufwärts raus, und wenn man was sagt, wird man wie ein alter Opa angeguckt, weil es heißt, wieso, wir haben doch genug Speicherplatz. Jo. Aber nicht mehr verstanden, was das Programm macht.

Auf offizielle Anfrage von Business Insider sagte eine Unternehmenssprecherin, dass man ein „vielfältiges Angebot an Qualifizierungsmaßnahmen für die Mitarbeiter, unter anderem auch im Bereich Software-Skills“, habe.

Das ist auch so eine Krankheit, die aus der Personalecke kommt: „Skills“. Man hat heute keinen Beruf mehr, sondern ein Sammlung von Mikrofähigkeiten, die „Skills“. Und natürlich ganz wichtig: „Soft-Skills“. Hieß früher: Umgangsformen und Benehmen. Hat sich längst gewandelt. Während man früher noch verlangte, dass die Leute sich freundlich gegenüber anderen verhalten und kooperieren, heißt es heute, „gendersensitiv“ und „minderheitenorientiert“ zu sein und verlangt wird, bei Bedarf sofort loszustänkern. Und dann gibt es die „Hard-Skills“, die aus Kleinfähigkeiten bestehen, wie eben mit der Programmiersprache X, dem Framework Y oder der Bibliothek Z umgehen zu können. Als würde man Mitarbeiter so einkaufen, wie man sich seinen Daimler bestellt und die Sonderausstattung ankreuzt.

Es zeigt aber schon auf, was es mit dem „Coder“ auf sich hat.

Kein breites, dauerhaftes Wissen mehr. Sondern nur noch eine Akkuladung voll Kleinfähigkeiten, die auf irgendeine spezielle Sprache oder ein Framework bezogen sind, so schnell erlernt wie überholt und nutzlos. Das hält dann vielleicht 5 Jahre, aber spätestens nach 10 ist man damit von vorgestern. Es sei denn, es ist Cobol, dann wird man auch nach 60 Jahren noch gesucht. Und bis dahin hat man dann dringend neue Skills nachgelernt, oder man ist raus.

Was man übrigens sowieso ist, denn alte Leute will man eh nicht haben.

Stattdessen passt man sich dem Markt an. Man hat eine Flut aus mindergebildeten Migranten (das mit den Hirnchirurgen, Piloten und Raketenbauern hat sich ja nicht so erfüllt), und für die muss man es auch überschaubar einfach halten. Das Umfeld ist heute jung, divers, mindergebildet, in allen Haut- und Geschlechtsfarben, borniert bis zum Anschlag, kann nur eingeschränkt oder auch gar nicht deutsch, spricht so ein seltsames gruseliges Business-Englisch, ist links, hält sich irrtümlich für „tolerant“ und hat so eine 1- oder 2-Jahresausbildung mit irgendwelchen Oberflächenkursen, nichts verstanden, aber hält sich für die neue intellektuelle Elite.

Sind aber nur Kanonenfutter.

Hieß es nicht neulich, dass die deutschen Autobauer zwar in der Fahrzeugtechnik gut mithalten, was Elektroautos angeht, aber die Software sei so altbacken und schlecht. Naja, deutsch eben. Nun versucht man, das aufzuholen, damit es Tesla-mäßiger daherkommt, indem man Armeen von Leuten anstellt, die all den Tinnef produzieren, den man heute von einer graphischen Benutzerschnittstelle erwartet. Schöne Animationen, bling, bling.

Ich hatte ja erzählt, dass ich gestern mal bei einem Erledigungsgang meine neue Smartwatch im Trainingsmodus ausprobiert habe. Die Leute haben mich ziemlich blöd angeguckt, und wahrscheinlich habe ich selbst noch blöder geguckt, als völlig unerwartet (ich wusste das vorher nicht) meine Armbanduhr auf einmal anfing, mich laut, vernehmlich, englisch und in einem Jubelton, als hätte ich gleichzeitig den Marathon-Rekord gebrochen und das Führungstor im Wembley-Stadion geschossen, dafür zu loben, dass ich jetzt schon einen Kilometer gegangen bin und mein Herzschlag sich erhöht habe, und mir die Einzelheiten meiner körperlichen Verfassung mitzuteilen.

Vermutlich wird es künftig zu den Aufgaben eines Autos gehören, der Frau am Steuer nicht nur beim Einparken zu „assistieren“, sondern sie hinterher auch noch für ihre tollen Einparkfähigkeiten zu loben und ihr Komplimente zu machen, dass die Gewichts- und Figursensoren im Fahrersitz feststellen, dass sie einfach perfekt sei – jedes einzelne ihrer 97 Kilo. Das Auto als Lifestyle-Produkt, das einen zu Freundin X fährt, wo auch immer sie gerade ist, und während der Fahrt über die Cockpit-Cam live auf TikTok streamt und Likes für den Fahrstil und die Fahrzeugfarbe einsammelt.

Vor ein paar Jahren ging es mir schon so, dass ich auf La Reunion kein Navi hatte, weil die Insel zu klein ist, als dass sich das lohnen würde, und die Einheimischen meinen, dass man das sowieso nicht bräuchte, weil man nur im und gegen den Uhrzeigersinn um die Insel fahren kann. Die Details sind für Ortsunkundige trotzdem haarig, weshalb ich ein Android-Handy als Not-Navi einspannte. Und das mich überraschte. Als ich da irgendwo in der Stadt langsamer fuhr und nach einem Parkplatz suchte, erzählte mir das Ding unaufgefordert, wo ich noch Parklätze finden könnte. Als ich mal zu einem Restaurant wollte und nur die Adresse eingegeben habe, winkte das Ding ab, da bräuchte ich erst gar nicht hin, weil die Fahrzeit dorthin doch x Minuten betrage, und bis dahin sei das Restaurant dann geschlossen. Auf der anderen Seite motzte das Ding durch Permanentüberwachung, denn nur weil ich es in der Tasche dabei hatte, stellte das Ding fest, dass ich doch im Restaurant Y gewesen sei, und ich möge doch jetzt bitte innehalten und einen Review verfassen.

Ja.

80% der Fahrer, die an dieser Autobahnabfahrt abgefahren sind, sind an der nächsten Kreuzung links abgebogen.

Wenn sie gerade in die Tankstelle X einfahren, macht ihnen die Tankstelle Y ein Angebot, 0,2 Cent darunter zu bleiben und ein belegtes Brötchen extra zu geben. Möchten Sie, dass das Fahrzeug automatisch zur Tankstelle Y fährt?

Wir schlagen Ihnen vor, auf dem schnellsten Weg nach Hause zu fahren, denn Ihre Frau ist gerade zuhause angekommen und ihr Fahrstil zeigt, dass sie mit einer Wahrscheinlichkeit von 73% schlecht gelaunt ist.

Sie haben seit 6 Stunden nichts mehr gegessen. Entscheiden Sie sich in den nächsten 10 Minuten für die Burgerkette Vegobull und Sie erhalten einen free upgrade auf die XXL-Größe unserer Gerechtigkeits-Sojafritten und 10 Bonuspunkte für den nächsten Besuch.

Die gewählte Route ist bei diesem Wetter und zu dieser Tageszeit nicht otimal in Bezug auf die Aussicht. Möchten Sie eine schönere Route wählen?

Sie können nun 70 Privilegpunkte erwerben, wenn wir Sie an der nächsten Ampel, an der wir 37 Sekunden warten müssen, über die neuesten Qualitätsprodukte der Firma XYZ informieren dürfen.

Mit nur einem Umweg von 4 Minuten kommen wir am Spielzeugparadies vorbei, das heute Rabatttornado hat. Sie erhalten zwei Gutscheine für Softeis, wenn Sie auf den Parkplatz fahren.

Das wird alles so kommen und dazu braucht man … ganz viele Coder.

Als ich meinen Führerschein gemacht habe, ging das alles noch elektrisch und mechanisch. Vergaser. Verteiler. Unterbrecher. Choke. Ein einfaches UKW-Radio. Ein Glühlämpchen zur Innenbeleuchtung. Fertig.

Heute braucht man … Coder. Armeen von Codern. Mit 2-Jahresausbildung.