Ansichten eines Informatikers

Traumschiff Corona

Hadmut
27.12.2020 0:17

Weil wir es neulich doch von neuen Filmtechniken hier hatten…

Auch erstaunlich, dass es tatsächlich mal eine wirklich interessante Traumschifffolge gibt: Im ZDF läuft lief gerade ein Traumschiff-Spezial, in dem es nicht um eine Traumschiff-Story geht, sondern um die Dreharbeiten unter Corona-Bedingungen.

Erst mussten sie Szenen umschreiben, weil Schauspieler nicht an Bord kommen konnten, und tricksen, weil das Schiff im Hafen des Drehortes nicht einlaufen konnte.

Schließlich konnte das Schiff gar nicht mehr auslaufen und liegt hier in der Werft, und sie drehen trotzdem dort, und müssen dann per Kran riesigen Green Screens hinter die Reeling halten, damit sie die Meeres- und Inselaufnahmen, die sie vorher auf See noch im Voraus ohne Schauspieler aufgenommen haben, dann einblenden können. Sie zeigten eine Schauspielerin, die völlig alleine in einer ausschließlich grünen Kulisse spielt, sich an einem grünen Geländer hält, und das dann alles durch Außenaufnahmen von Südseewetter ersetzt werden soll. Und der Regisseur sagte, dass er Angst hat, dass man dann sieht, dass irgendwas nicht passt. Die Schauspieler stehen halt nicht da, wonach es aussehen soll, sondern werden per Green Screen reingepappt, und das ist eben nicht einfach, das kann leicht Bildfehler verursachen, wenn die Perspektive nicht stimmt oder die am Geländer danebengreift. Sie meinten, es wäre mehr Aufwand als ein normaler Dreh vor Ort.

Nun gehört Traumschiff wirklich nicht zu meinem Sehbeuteschema, aber davon abgesehen würde ich es als Zuschauer einer Serie vorrübergehend akzeptieren, selbst wenn es kleinere Fehler gibt, weil das ja nun klar ist, dass sie das nicht real drehen können. Bei anderen Serien und Filmen nehmen ich das auch hin, das ist mir dann schon klar, dass Star Wars und Herr der Ringe nicht völlig echt sind.

Ich habe mir mal – ich weiß gar nicht mehr genau, wo das war, ich glaube Neustadt an der Ostsee, spielte da nicht auch die Serie? – in einer Lagerhalle die Filmkulisse von ZDF Küstenwache angesehen. Anscheinend nicht mal die damals aktuelle, sondern eher die Trümmer einer abgelegten älteren. Das war mir im Fernsehen schon aufgefallen, dass sie das Küstenwache-Schiff nie hatten, sondern immer nur ein paar Szenen aus der Konserve reingeschnitten hatten. Es war zu auffällig, dass sie auf See immer irgendwo anhielten und mit dem „Kontrollboot” fuhren, man sie aber nie beim Einsteigen sah, und auch niemals das Küstenwache-Schiff im Hintergrund. Sie hatten nämlich nur dieses kleine Schlauchboot. Und noch nie hat man dann, wenn sie auf der Brücke standen und kommandiert haben, irgendetwas beim Blick aus dem Fenster gesehen. Das ist immer nur weiß oder Schema oben weiß und unten blau. Weil das nie auf dem Schiff gedreht wird, sondern alles im Studio. Die ganze Brücke steht da als Attrappe rum, die Kajüten auch.

Scheint, als hätten sie Angst, dass die Traumschiff-Zuschauer da irgendetwas für nicht echt halten könnten (Was? Wirklich? Florian Silbereisen ist kein Kapitän? Betrug!) und deshalb vorsorglich so eine Dreharbeiten-Doku rausschmeißen, um zu sagen „ja, ist gelogen, aber doch nur wegen Corona…”.

Trotzdem eine Frage der Zeit, bis man das komplett gegen eine virtuelle Kulisse austauscht wie bei Mandalorian. Denn solche Riesenschiffe sind ja auch politisch gar nicht mehr korrekt.

Dann nämlich müssen die Schauspieler auch gar nicht mehr an Bord kommen. Dann hat man einfach virtuelle Studios mit genau kalibrierten Einstellungen über die Welt verteilt, und jeder steht im nächstbesten Studio. Gab ja neulich schon ein Interview zwischen Barack Obama und Oprah Winfrey, wo es aussah, als ob sie zusammen vor einem Kamin saßen, obwohl sie in getrennten Studios an Ost- und Westküste vor Green Screens saßen.

Allerdings machen die gerade mit den Deep Fakes ziemliche Fortschritte. Am Ende der zweiten Staffel in Mandalorian taucht eine bekannte Person auf (ich sag nicht welche, ich will nicht spoilern), die so nicht mehr schauspielern kann und deshalb der CGI erzeugt wurde. Ein Fan meinte aber, er könne das besser und hat das Gesicht selbst nochmal per Deep-Fake gemacht, und das sieht tatsächlich sogar nochmal deutlich besser als das von den Profis aus.

Man wird also künftig viele Szenen mit anderen Schauspielern spielen und dann nur noch das Gesicht drüberrechnen. Irgendwann sind die dann nur noch Lizenzgeber ihres Gesichts und gehen selbst gar nicht mehr zum Drehort. Irgendwann gibt es dann keinen „Drehort” mehr. Also, keinen physischen. Nur noch einen virtuellen.