Ansichten eines Informatikers

Quantitative Erwägungen der Migration

Hadmut
24.12.2020 20:02

Ich will mal zwei Meldungen gegenüberstellen.

Migration

Dass die Grünen „alle” Migranten und Asylbewerber aufnehmen wollen, wer (oder wieviele) auch immer „alle” sein mag, hatten sie schon selbst diverse Male geäußert. Und dass man unbegrenzte Migration – vor allem aus Afrika – zulassen will, wurde auch wiederholt gesagt.

Die WELT plädiert auch gerade dafür, genauer gesagt deren Autor Alan Posener. Dabei sollte man sich in Erinnerung rufen oder zur Kenntnis nehmen, dass der 1949 geboren und damit 71 ist, der also über Dinge redet, die er selbst dann nicht mehr ertragen oder bezahlen muss. Der stirbt weg, bevor es richtig kritisch wird.

Seltsamerweise heißt es in Sachen Klimapolitik immer, die Alten mögen sich doch heraushalten und das Feld allein den Jungen überlassen, weil nur die noch mit dem künftigen Klima leben müssten, während bei der Migration diese Argumentation nicht auftaucht, obwohl die Situation effektiv gleich ist. Kommt immer drauf an, ob und welche Alten etwas sagen, was in linke Politik passt.

Und so heißt das nun bei der WELT:

Einwanderung ist keine Gutmenschen-Marotte. Sondern Zukunftspolitik

SPD und Grüne wollen den Klimawandel als Fluchtgrund anerkennen. Der falsche Ansatz: Menschen, die wegen Umweltkatastrophen, Hunger oder Armut fliehen, muss auf andere Weise großzügig geholfen werden. Auch, weil Europa Einwanderung braucht.

Man könnte es für Demenz halten, aber es ist Journalismus. Es entzieht sich schon einfachsten logischen Gesichtspunkten. Denn den Klimawandel als „Fluchtgrund” anzuerkennen, heißt faktisch, Fluchtgründe gänzlich abzuschaffen und die Grenzen und Migration einfach für alle aufzumachen, denn sie behaupten ja gleichzeitig, die Klimaerwärmung beträfe alle und jeden. Damit wird jeder zum Klimaflüchting, und Eigenschaft, die jeder hat, verliert ihre Eigenschaft, Eigenschaft zu sein, weil sie keinen mehr auszeichnet, kein Prädikat mehr ist, keinen Informationsgehalt mehr trägt. Ein gewisses Mindestmaß an Verstand würde hier sofort erkennen, dass das nur noch Rabulistik ist und keine inhaltliche Substanz mehr hat, dass das effektiv darauf hinausläuft, dass einfach jeder hierher kann. Man muss nach wie vor nur ein einziges Wort lernen und sagen. Früher musste man „Asyl” sagen, heute muss man „Klima” sagen. Macht hoch die Tür, die Tor macht weit…

Einige Politiker der Grünen fordern die Anerkennung des Klimawandels als Asylgrund. Nun haben sich einige SPD-Experten angeschlossen.

Doch wo liegt der Unterschied zwischen dem Klima- und dem Wirtschaftsflüchtling? Wenn man den Klimawandel als Asylgrund anerkennt: Warum nicht endemische Krankheiten oder das Fehlen eines guten Gesundheitssystems? Warum nicht Kriminalität und Korruption? Warum nicht die Armut?

Unter all diesen Dingen leiden Menschen. Vor all diesen Dingen fliehen Menschen. Zu Recht aber wird das Asylrecht beschränkt auf Menschen, die von Menschen verfolgt werden.

Den „Iren unserer Zeit“, die vor den Folgen des Klimawandels, vor Hunger, Krankheit und Armut fliehen, muss geholfen werden. Aber das Asylrecht ist dafür das falsche Mittel. Wenn es den Verfolgten helfen will, für die es gedacht ist, muss es restriktiv gehandhabt werden. Wer es missbraucht, so verständlich der Missbrauch auch sein mag, muss zurückgeschickt werden.

Da könnte man nun meinen, dass er die Einwanderung kritisiert. Denn er schreibt ja, man solle Asyl auf bestimmte Fälle beschränken und Missbräuchlinge – oder politisch korrekt Missbrauchende – zurückschicken. Aber dann das:

Daneben muss aber eine großzügige und geordnete Einwanderungspolitik Bestandteil eines Konzepts der Hilfe zur Selbsthilfe für den globalen Süden sein. Zu den Pilzflüchtlingen von damals zählten die Vorfahren des US-Präsidenten John F. Kennedy.

Einwanderung ist keine Gutmenschen-Marotte. Sie ist angesichts schrumpfender Bevölkerungen in Europa Zukunftspolitik.

Dieses Argument habe ich noch nie verstanden: Wir bräuchten unbedingt Zuwanderung, weil unsere Bevölkerung schrumpft. Gleichzeitig behauptet man seit mindestens 40 Jahren, oder eigentlich 170, seit Marx, dass die Produktivität ansteigt und wir deshalb unsere Arbeitszeit verkürzen müssten. Schon in meiner Jugend hieß es, wir müssten die Arbeitszeit dringend von 40 auf 35 Stunden pro Woche senken, weil wir vor lauter Effizienzsteigerung gar nicht mehr wüssten, wohin mit all der Arbeitsleistung. Und inzwischen heißt es sogar, wir müssten gar nicht mehr arbeiten, weil Roboter alle unsere Arbeit übernähmen.

Wo ist dann das Problem einer schrumpfenden Gesellschaft? Wir dürfen dann halt nur nicht schneller schrumpfen, als unsere Produktivität steigt. Genaugenommen wäre sogar das möglich, weil eine schrumpfende Gesellschaft ja auch weniger verbraucht, also mit einer schrumpfenden Produktion klarkäme. Man darf nicht so schnell schrumpfen, dass die Produktion selbst mit gesteigerter Produktivität unter die Bevölkerungsgröße rutscht.

Insofern widersprechen sich die beiden linken Argumente „wir brauchen Arbeitszeitverkürzung und Grundeinkommen wegen gesteigerter Produktivität und weil KI und Roboter unsere Arbeit übernehmen” und „wir brauchen Migration, weil die Bevölkerung schrumpft” gegenseitig. Das passt aber nicht mehr in die sehr schmale Lücke zwischen Demenz und Journalismus.

Auch rein sprachlich widerstrebt mir das, denn wie schon so oft angesprochen, können Begriffe wie „brauchen” und „müssen” nicht für sich allein stehen. Grammatikalisch zwar schon, in einem Satz. Aber gedanklich können sie nicht alleine stehen, es gehört immer ein „um zu…” dazu, ein Ziel. Man muss sich klarmachen (um das Geschwätz zu verstehen), dass dieses ständige „wir müssen” und „wir brauchen” ohne Zielangabe einfach nur politisches Geschwätz, Rabulistik ist, die keinerlei geistige Substanz transportiert, sondern den anderen täuschen soll.

Wozu also brauchen wir Migration?

Letztlich also verwendet er die Beschränkung des Asyls nur als rhetorischen Kniff, Täuschungsmanöver, denn eigentlich sagt er nur, dass wir Einwanderung statt Asyl brauchen. Als ob wir den Leuten an der Grenze sagen, tut mir leid, aber Asyl können wir die dafür nicht gewähren. Du musst einfach einwandern, das darf jeder. Es reicht, wenn es Dir hier besser gefällt. Vergiss das mit Krieg und Klima. Komm einfach so.

Quantität

Die EU meint, das schreibt übrigens ebenfalls die WELT: „Mehr als jeder dritte Erdenbewohner wird 2070 aus Afrika stammen“

In den kommenden Jahrzehnten wird die Bevölkerung Europas schrumpfen, während die Afrikas weiter wächst. EU-Kommissions-Vizepräsidentin Suica erklärt, wie die EU dennoch weltweit führend bleiben kann. Und warum Europas neue Grenze nicht mehr zwischen Ost und West verläuft. […]

Dubravka Suica: Ein wichtiger Trend ist: Die Lebenserwartung ist in den vergangenen 50 Jahren um zehn Jahre gestiegen. Das ist erfreulich, aber es stellt auch die Gesundheits- und Rentensysteme vor enorme Herausforderungen. Es geht dabei auch um Fairness zwischen den Generationen: Wie können wir sicherstellen, dass die jungen Menschen bei tendenziell steigenden Sozialbeiträgen über ausreichend finanzielle Ressourcen verfügen, um sich eine eigene Zukunft aufzubauen? Und wie können wir gleichzeitig garantieren, dass die Älteren nach einem langen Arbeitsleben in Würde leben können? Es geht dabei nicht um Alt gegen Jung. Jedes Alter bietet Chancen und Herausforderungen.

Also die Lebenserwartung steigt, aber die Bevölkerung schrumpft? Widerspricht sich das nicht?

Und löst nicht Corona gerade unser Rentenproblem? Irgendwo stand doch gestern oder heute, dass irgendein Bestatter gerade gesagt habe, dass die Krematorien gerade hoffnungslos überlastet seien, sie faktisch die Altersheime gerade „abräumen”.

WELT: Der Anteil der älteren Menschen in der EU wird immer größer. Gleichzeitig schrumpft die Bevölkerung. Verliert Europa weltweit an Gewicht?

Suica: Das liegt zuerst an uns selbst, an unserer Produktivität, an unserer Innovationskraft und an unserem gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Fakten sind aber eindeutig: In den 60er-Jahren betrug der Anteil der 27 EU-Länder an der Weltbevölkerung noch zwölf Prozent, heute liegt er bei sechs Prozent und 2070 wird er bei nur noch vier Prozent liegen. Gleichzeitig werden die Europäer im Vergleich zu anderen Kontinenten am ältesten sein und die Afrikaner am jüngsten. Mehr als jeder dritte Erdenbewohner (32 Prozent) wird im Jahr 2070 aus Afrika stammen.

Da wäre jetzt meine Anmerkung, dass das mit der Innovationskraft nichts mehr wird, so wie die gerade unsere Schulen und Universitäten demolieren. Was nützt uns eine große Zahl von Köpfen, wenn nichts mehr drin ist?

Damit meine ich nicht mal solche Feinheiten der Bruch- und Prozentrechnung wie „Mehr als jeder dritte Erdenbewohner (32 Prozent) wird im Jahr 2070 aus Afrika stammen.”, wo die 100 Prozent wohl so ähnlich schrumpfen wie Sparguthaben. Oder dass Europa nicht schon deshalb schrumpft, weil in Afrika die Bevölkerung explodiert und deshalb unser relativer Anteil an der Weltbevölkerung von 12 auf 6 und demnächst 4 Prozent schrumpfe. Wollten wir nicht eben noch das Klima retten?

Manchmal komme ich mir bei deren Innovationsversprechungen vor, als priesen sie einen Adventskalender an, der jetzt mit 52 Türchen daherkommt, aber hinter den Türchen keine Schokolade mehr ist.

Apropos Ausbildung:

WELT: Sind Sie zuversichtlich?

Suica: Eigentlich ja. Unsere gemeinsame Wirtschaftskraft ist sehr stark. Aber einige Dinge bereiten mir Sorgen, die müssen wir dringend angehen. Zehn Prozent der 18- bis 24-Jährigen in der EU haben eine schlechte oder gar keine Ausbildung. Und jeder dritte EU-Bürger hat nur völlig unzureichende digitale Kenntnisse. 15 Prozent verfügen sogar über gar keine Kenntnisse.

Wie soll das dann gehen mit der Innovation, wenn wir verblöden und die Migration das Problem verschlimmert und nicht verbessert?

Wäre es nicht viel wichtiger, linke Bildungspolitik, Analphabetismus und Geisteswissenschaften zu bekämpfen, wenn man die Zukunft retten will?

Mehr Wert auf Mathematik zu legen? Bruch- und Prozentrechnung?

Der zentrale Schwindel daran ist, dass sie nur mit relativen Zahlen als Anteilen an der Weltbevölkerung arbeiten und damit suggerieren, dass wir geradezu beängstigend schrumpfen und dahinschwinden, wir dringend Infusionen mit Menschen bräuchten, um als Kontinent oder kommunistischer Großstaat überleben zu können.

Die Realität ist aber, dass wir eine groteske Bevölkerungsexplosion erleben und Afrika als „schneller Brüter” Milliarden von Menschen produzieren wird. Und die werden per Definition alle „Klimaflüchtlinge” sein.

Ich habe immer stärker den Eindruck, dass die Leute, die die offene Migration in dieser Weise das sind, wofür man früher den Begriff „zahlenblind” prägte.