Ansichten eines Informatikers

Buhrows Rache? Billigstmüll im ARD-Programm

Hadmut
12.12.2020 23:41

Es ist schlimm.

Ich war vorhin unterwegs und hatte deshalb den Fernseher erst so – weiß nicht mehr genau – 21 Uhr eingeschaltet und wie so oft nichts erträgliches gefunden. Schon wieder mal nichts, was man freiwillig würde sehen wollen.

Im Ersten schon wieder mal eine dieser unsäglichen Quiz-Shows. Jörg Pilawa mit ein paar B-, C-, D-Promis. Ich habe halt umgeschaltet und statt zu gucken in der Küche was umgeräumt.

Inzwischen erreichen mich schon Leserbeschwerden über die Pilawa-Show.

Da wird nur mit Minimalpersonal und Standardpersonal überwiegend der ARD (dazu noch Lanz vom ZDF) ein völlig belangloses Dünnschissquiz veranstaltet, das man mit allen Mitteln in die Länge zieht und auf 3 Stunden 15 Minuten zieht, obwohl die eigentlich nur Mist labern. (Muss Pilawa 3 Stunden lang nicht einmal pinkeln? Oder hat der eine Flasche an seinem Pult?)

Ein Leser beklagt, dass man Publikumsbeifall hört, aber nie ein Publikum sieht. Das muss nicht unbedingt vom Band kommen. Das könnte ich mir noch erklären, denn das gab es ja in Corona-Zeiten schon oft, dass das Aufnahmepersonal, die Kameraleute, Maskenbildner, Feuerwehrleute, Kandidaten, die gerade nicht im Bild sind und was so rumspringt, mit Corona-Abstand ein bisschen Geräusch machen und mal lachen und mal klatschen sollen.

Welke hat sich ja mal in der heute show darüber lustig gemacht, indem er zeigte, dass bei ihm gerade auch nur der Hausmeister, die Feuerwehr und die Putzfrau im Publikum sitzen.

Ich hatte das allerdings in Vor-Corona-Zeiten schon beschrieben, dass ich das in Berlin von Fernsehshows erfahren habe, dass die notfalls die ganze Verwandschaft ihrer Mitarbeiter heranholen, damit genug „Publikum” im Saal ist, und einmal habe ich sogar mit den Statisten gesprochen, die vor dem Studio saßen und warteten, dass sie Publikum oder sogar Kandidaten ersetzen müssen, wenn jemand ausfällt oder einfach geht.

Das mit dem Klatschen würde ich hier und auch sonst nicht überbewerten.

Die Realität ist aber, dass sie einfach nichts zu senden haben.

Deshalb kommt da immer öfter Kindergeburtstag für Erwachsene in Form endloser Quizsendungen, die vergleichsweise billig zu produzieren sind. Da gehen halt ein paar Leute aus dem Fernsehumfeld in ein Studio, das sowieso rumsteht, und lassen die Kamera mitlaufen.

Mit ein paar guten alten Filmen wären sie besser dran gewesen. Die Kosten kann ich nicht vergleichen.

Ich habe mich früher mal gewundert, warum das Privatfernsehen in seiner Anfangszeit soviel Sex-Klamauk gesendet hat, Tutti-Frutti, Softpornos und sowas, bis ich mal dahintergekommen bin und von Insidern was dazu erfahren habe. Das waren Sparmaßnahmen, weil es billigste zu produzierende oder einzukaufende Zeugs war. Nicht, weil die Sex senden wollten, sondern weil es so billig wie möglich sein musste. Tutti Frutti haben die damals in dem italienischen Studio gedreht, ganze Staffeln an zwei, drei Tagen runtergerissen, eine nach der anderen bis zum Umfallen. Deshalb gab es die „Länderpunkte”, weil sie nicht mal die Schilder mit Preisgeldern in Lire gegen solche für D-Mark austauschen konnten und Geld für Preisgelder ohnehin nicht hatten. Deshalb haben auch manche der Beteiligten nie etwas gesagt, nämlich weil sie kein Deutsch konnten und nichts verstanden. Die haben einfach genau das gleiche nochmal gemacht, was sie gerade vorher in der italienischen Sendung schon mal gemacht haben.

Irgendwann kam man aber dahinter, dass Verkaufsshows noch „billiger” sind, weil die Herstellung praktisch nichts kostet, man aber noch Verkaufsprovision bekommt. Seitdem kamen Verkaufsshows statt Sexfilme in den Zeiten, in denen der Werbemarkt nichts hergab.

Ich hatte mich neulich mal über die hohen Kosten von Musikshows mokiert und geschrieben, dass doch eigentlich eher die Künstler dafür bezahlen müssten, wiel das doch Werbung für sie ist und die dann Platten oder Konzertkarten damit verkaufen.

Daraufhin schrieben mir diverse Insider aus dem Fernseh- und Musikgeschäft, dass das in den meisten Fällen tatsächlich so laufe, solche Musiker nämlich – wider Erwarten – keine Gage bekämen, sondern nur die Spesen ersetzt. Dass viele da wirklich gratis auftreten, um die Publizität und für sie kostenlose Werbung zu kriegen. Faktisch seien Musikshows schon ein Sparprogramm. So ganz glaube ich das nicht, weil da ja oft reichlich Tänzer auftreten, Kulissen gebaut werden und sowas, aber so die Richtung könnte stimmen.

Wir geben rund 8 Milliarden Euro pro Jahr für ein Fernsehen aus, das nicht mehr in der Lage ist, noch ein brauchbares Samstagabend-Programm zu senden.

22 Millionen Euro pro Tag.

Und dann kommt Quizschrott oder Talk-Trash.

Als ich noch Kind war, war der Samstag Abend etwas, wo man einfach vor der Kiste sitzen musste, weil die wichtigste Sendung der ganze Woche kam. Das war zwar dann auch oft sowas wie „Am laufenden Band” mit Rudi Carrell, „Auf los geht’s los” mit Joachim Fuchsberger, „Der große Preis” mit Wim Thoelke oder „Einer wird gewinnen” mit Hans-Joachim Kuhlenkampf. Andere Brüller wie „Dalli Dalli” mit Rosenthal oder das nervenaufreibende „Was bin ich” mit Robert Lembke kamen aber unter der Woche, wenn ich mich recht erinnere, ebenso wie das damals furiose „Aktenzeichen XY ungelöst”.

Schaut man sich das rückblickend an, war das meist auch eher dröge, Quizshow halt oder das extrem biedere und ereignislose „Was bin ich” als die vermutlich billigste Sendung, die überhaupt je produziert wurde, bevor Schulkinder Videohandys bekamen. Eine Sendung, in der der Kandidat 5-Mark-Stück-weise maximal 50 Mark und ein Sparschwein gewinnen konnte und als Show-Event eine Handbewegung machten.

Aber: Das waren noch Familien-Events. Da saß man noch geschlossen in der Familie vor dem Fernseher. Da waren die Straßen leer, so, wie es dann nur noch Dallas schaffte.

Sowas wird heute nicht mehr möglich sein, aber doch wenigstens ein Programm, dass man wenigstens freiwillig anschaut und nicht nur angewidert hin- und herzappt.

8 Milliarden Euro im Jahr, es kommt fast nur noch Schrott, und sie wollen noch mehr Geld.