Ansichten eines Informatikers

Wirecard und die Villa, direkt gegenüber des russischen Konsulats

Hadmut
24.7.2020 12:00

Liebesgrüße aus Moskau?

Man hört hier relativ wenig zu den Hintergründen der Causa Wirecard.

Allzuviel mehr als ein „wie bedauerlich…” und das, was man sowieso schon weiß, hört man eigentlich in unseren deutschen Mainstream-Medien nicht. Dabei sollte es uns doch am meisten betreffen.

Die englischsprachige Financial Times dagegen hat so eine richtig schöne Räuberpistole über die seltsame Person Marsalek, eine Prachtvilla in einer der teuersten Lagen Münchens, direkt gegenüber des Russischen Konsulats, Grenzanlagen und Migrationsströme in Libyen, etwas rustikal:

On one occasion, he was overheard in a parallel conversation in the same room discussing “equipment” being sent to Libya. He appeared to be watching body camera footage taken from an incursion between unknown groups of gunmen in the country. The footage was extremely violent.

More worrying yet, to some, was a proposal from Mr Marsalek to introduce the Austrians he had assembled to “a Russian who wears a number of hats . . . who could provide security”, as a note taken by one participant records.

The Russian was Andrey Chuprygin — whom Mr Marsalek would often refer to simply as “the colonel”. Mr Chuprygin is a veteran Arabist who teaches at Moscow’s Higher School of Economics. He had a long career serving with the Russian military in the Middle East.

For two of those Mr Marsalek was working with, whose background was in European diplomacy and security, Mr Chuprygin’s involvement rang serious alarm bells about the real purpose of the work.

A western intelligence official said they were correct to be concerned: Mr Chuprygin had been assessed with a high degree of confidence to be a former GRU senior officer with strong links to the agency. […]

In Mr Marsalek’s possession were four highly sensitive, classified reports, from the Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons, containing detailed analysis of the Russian plot in the sedate English cathedral city of Salisbury in March 2018, in which one of the world’s deadliest nerve agents had been used in a botched assassination attempt against a GRU defector, Sergei Skripal.

The sensitive files contained the precise formula for novichok — a poison developed by Soviet scientists in the cold war.

Die österreichische Presse dagegen weiß zu berichten, dass Marsalek ein geheimer Informant der FPÖ gewesen sei:

Einer der größten Börsenskandale der deutschen Geschichte erfasst nun auch die österreichische Innenpolitik. Recherchen der „Presse“ ergeben, dass der untergetauchte Wirecard-Vorstand Jan Marsalek immer wieder über einen Mittelsmann vertrauliche Informationen aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT) und dem Innenministerium an die FPÖ weitergab. Die Informationen schürten das Misstrauen der Freiheitlichen gegen den damaligen Koalitionspartner ÖVP und gipfelten am Ende in einem der größten innenpolitischen Skandale der jüngeren Vergangenheit, dem Skandal um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Jan Marsalek ist einer der meistgesuchten Männer der Welt. Der gebürtige Wiener steht mittlerweile im Verdacht, Strippenzieher des Wirecard-Skandals zu sein.

MMnews schreibt:

Persönliche Textnachrichten des Ex-Wirecard-Vorstandes Jan Marsalek: Im Chat prahlt er mit Kontakten zu Nachrichtendiensten und seinem Millionenvermögen. Er habe „mehrere Pässe, wie jeder gute Geheimagent“.

Persönliche Textnachrichten, die dem Handelsblatt vorliegen, eröffnen eine neue Perspektive auf den Fall Wirecard: Sie stammen aus einer privaten Kommunikation des Ex-Wirecard-Vorstandes Jan Marsalek, derzeit auf der Flucht, mit einem Vertrauten aus den entscheidenden Wochen des Absturzes des Unternehmens aus Aschheim bei München.

Wirecard hatte nach einem mutmaßlichen Bilanzbetrug in Milliardenhöhe Insolvenz angemeldet.

Am Sonntag, 21. Juni, schreibt Marsalek im Messenger Telegram: „Einer muss Schuld haben, und ich bin die naheliegende Wahl.“

Auf die Frage, ob Ex-Vorstandschef Markus Braun vom Absturz überrascht gewesen wäre, textet Marsalek: „Es wäre schlimm, wenn er das nicht gewesen wäre.“ Und weiter: „Es geht zunächst mal darum, die Firma, Mitarbeiter und Kunden zu schützen. Ein vereinfachter Narrativ hilft da“, referiert er. „Also einer muss schuld sein – und ich qualifiziere mich ganz ausgezeichnet dafür. (Zwinker-Smiley)“ Er sei aktuell zwar schwer erreichbar, aber: „Ich dementiere die Vorwürfe auch nicht.“

Im Chat prahlt Marsalek mit Kontakten zu Nachrichtendiensten und seinem angeblichen Millionenvermögen. Das Gerücht, Wirecard stelle Kreditkarten für Agenten aus, sei etwa „nicht ganz falsch“. Auf die Frage seines Chatpartners, ob ihm bei der Einreise in die Philippinen Corona-Quarantäne drohe, antwortet er: „Nicht bei meiner Reiseagentur.“ Er habe „mehrere Pässe, wie jeder gute Geheimagent“.

Er gibt sich zudem gönnerhaft: „Du bist herzlich auf einen Drink am Strand eingeladen. Wobei ich da eher jetzt mal ein paar Monate warten würde, bis sich der Wirbel gelegt hat. Den Privatjet können wir uns jetzt auch leisten. (Ironie-Smiley)

Die zentrale Frage

die ich mir stelle: Stimmt das oder werden wir postinsolvent erst so richtig verarscht? Sind das alles gestreute Legenden um von irgendwas abzulenken, zu verwirren, zu desinformieren?

Einerseits denke ich mir: Also das mit den falschen Kreditkarten für Agenten glaube ich sofort, denn das mit den falschen Professuren für Agenten habe ich ja schon untersucht. Und es wurde ja auch im FT-Artikel beschrieben, dass die Russen immer darauf achteten, dass ihre Unternehmunge nicht aus Moskau finanziert würden, sondern sich finanziell selbst trügen, damit die „plausible deniability” gewahrt bleibe. Moskau hat damit nichts zu tun.

Man könnte sich also die Frage stellen, ob das Wirecard-Ding eine Geheimdienstoperation der Russen war. Dann wäre aber die Frage, warum BND und CIA da nicht reingegrätscht haben – oder ob Wirecard zusammenfiel, weil sie genau das getan haben. Ob die sich das vielleicht eine Weile angeguckt haben, man verrät ja in solchen Kreisen nicht frühzeitig, was man so weiß, und dann irgendwann gesagt haben „Jetzt reicht’s”.

Andererseits denke ich mir bei solchen Artikeln, dass da noch einer aus den USA fehlt, dass Marsalek Kennedy erschossen hat.

Man kann nichts ohne weiteres glauben, man kann aber auch nichts als falsch einstufen.

Irgendwie komme ich mir da als Bürger, Einwohner, Kunde, Steuerzahler komplett tiefenverarscht vor, dessen bin ich mir sicher. Ich weiß nur nicht, von wem.

Zahlungsströme sind ein zentrales Element von Agententätigkeiten und Objekt zur Aufklärung. Je mehr dieser Räuberpistolen ich lese, desto sicherer bin ich mir, dass ich da damals als kleiner, aber sturer Kryptologe so gar nicht ins Konzept gepasst habe.

Inzwischen frage ich mich, ob Bitcoins nicht auch eine Geheimdienstoperation zum Verschleiern von Zahlungssystemen sind.

Es gibt doch dieses islamische Zahlungssystem Hawala, das so schwer zu überwachen ist, weil es dezentral läuft und keine Konten kennt, sondern nur lokale Einzelagenten lokal mit Bargeld hantieren, und verschiedene Schulden, die eigentlich miteinander nichts zu tun haben, über große Distanzen miteinander verrechnen, weshalb trotz Geldtransfers kein Geld über Entfernungen bewegt werden muss.

Manchmal überlege ich, ob Bitcoins nicht der westliche Geheimdienst-Gegenentwurf zu Hawala sind.