Ansichten eines Informatikers

Chemie-Prüfungen

Hadmut
10.7.2020 12:32

Ein Chemie-Professor, der mit meinem Blog-Artikeln über Chemiker nicht einverstanden ist, schreibt mir unter anderem

In der Regel schaffen weniger als 50% der Anfänger das Studium, mit in den letzten Jahren deutlich sinkender Tendenz, an machen Standorten sogar unter 25%. Eine Durchschnittsnote von gut und besser erreichen im Bachelorstudiengang dann weniger als 15%. Erst im Masterstudiengang sind die Noten viel besser, da sind fast alle schwachen Studenten bereits verschwunden. […]

Es gibt selbstverständlich noch die Flaschenhalsklausuren! Das sind die Mathematik im ersten Semester (recht hoher intellektueller Anspruch), und die Organische Chemie in den meisten Studienplänen ab dem zweiten Semester (viel Stoff, den man schlecht auswendig lernen kann). In diesen Klausuren ist die Durchfallquote selten unter 50%, nach meiner langjährigen Erfahrung.

Diese nüchternen Zahlen ergeben doch ein deutlich anderes Gesamtbild, als welches Ihr Artikel wiederspiegelt.

Wenn 90% der Studenten zu doof sind und 75% rausgeprüft werden, hat man immer noch 15% der Anfänger, die trotz Unfähigkeit zum Abschluss kommen. Die reinen Prozentzahlen sagen nichts darüber, dass die Studenten befähigt sind, sondern eben nur, dass die 25-50% Besten durchkommen, aber eben nicht, wie gut sie sind. Schon gar nicht im Vergleich zu früher.

Wir hatten früher in der Informatik noch heftigere Prüfungen. Analysis und Algebra hatten im ersten Durchlauf gerne mal Durchfallquoten oberhalb von 90%. Trotzdem wimmelt es in der Informatik von Förderobjekten, die trotz Tiefenunfähigkeit Abschlüsse und Bestnoten machen. Auch weil die Prüfungen heute nicht mehr Wissen und Können, sondern „Bulimie-Lernen” abfragen. Und die Leute dann irgendwann in die Mündliche kommen, wenn sie zweimal schriftlich durchgefallen sind, und spätestens da alles politisch auf Quote gebügelt wird. Ich habe das damals am Institut selbst miterlebt: Als die erste Muslima mit Kopftuch kam, konnte die gar nicht durchfallen, weil sich niemand das Ding anheften wollte, eine Muslima rausgeprüft zu haben. Ich hatte die damals als Tutor in meiner Tutantengruppen. Hat die mir sogar selbst so gesagt. Und dass Frauen in den mündlichen Prüfungen die Blondinenfragen bekommen, war auch bekannt. Und dass man Frauen trotz übelsten Mists in den Dissertationen mit Bestnoten durchgewinkt hat, habe ich auch beschrieben. Also kommt mir nicht mit Durchfallquoten. Mir wurde von Informatiklehrstühlen berichtet, die nur noch mit Quotenfrauen besetzt sind, jede Vorlesung des Informatikcurriculums anbieten, aber nur noch Gender erzählen, egal, wie die Vorlesung heißt, und dann politische Willkürnoten vergeben. Und dann kommt der mir hier mit Durchfallquoten daher. Will mir irgendwer erzählen, dass das in der Chemie noch wesentlich anders oder besser als in der Informatik wäre?

Wie kann das sein, dass die Schüler immer dümmer werden, die Durchfallquoten aber gleich bleiben? Wo bleibt die Prüfung mit 100% Durchfallquote und der Ansage, dass sie heute alle zu doof wären? Wir konnten damals mit unserem Abi direkt losstudierne. Heute müssen sie Brückenkurse machen, um die Leute erst mal halbwegs unitauglich zu machen. Durch 12-Jahres-Abi und Wegfall der Wehrpflicht sind die Studenten heute so jung, dass die Universitäten Elternabende anbieten. Das wäre uns damals im Leben nicht eingefallen.

Es überzeugt mich nicht, wenn ein Professor daherkommt und mir einen von den Durchfallquoten erzählt. Schickt man vorne 90% Idioten rein und hat eine Durchfallquote von 50-75%, heißt das, dass 15-40% der Studenten als Idiot den Abschluss schafft.

Nimmt man umgekehrt mal an, dass nur 20% Idioten wären, wären Durchfallquoten von 50-75% auch wieder faul, weil sie dann nämlich ohne stichhaltigen Grund Leuten den Zugang verwehren.

Überzeugt hätte es mich, wenn man mit qualitativen Argumenten kommen würde. Wenn die sagen würden, dass ihnen die Durchfallquote völlig egal sei, ob nun 0 oder 100% oder irgendwo dazwischen. Wenn die sagen würden, dass das das Curriculum und das der Prüfungsplan ist, und dass der durchkommt, der diesen Stoff beherrscht und in der Prüfung vorturnt, und der nicht durchkommt, der es nicht tut.

Aber von jedem Jahrgang unabhängig von dessen Geistes- und Befähigungszustand einfach eine bestimmte Quote durchzulassen und die dann „Chemiker” zu nennen, das überzeugt mich gar nicht.

Kritisch sehe ich daran vor allem, dass das dann hart an der Planwirtschaft ist. Wenn man nämlich die Schüler alle ins Abitur und die Abiturienten alle ins Studium drückt, die Noten politisch nach Quote und Förderung vergibt, die Studienplätze nach Numerus Clausus oder schlicht nach Verfügbarkeit verteilt, und die Studenten dort dann nach einer konstanten Quote bestehen lässt, egal, was sie können, dann führt das im Ergebnis dazu, dass von jedem Jahrgang, egal, wie die sich anstellen, immer ein gewisser Anteil im Ergebnis „Chemiker” wird – leistungsunabhängig.

Würde man dagegen mal sagen, sorry, aber dieses Jahr gibt es kaum neue Chemiker, der Jahrgang war schlicht zu doof, wie ein schlechtes Weinjahr, dann würde das immerhin dazu führen, den Chemieunterricht in der Schule wieder besser und intensiver zu gestalten. Wir haben noch experimentiert, und zwar jeder. Manche schrieben mir aber, dass das heute nicht mehr oder kaum noch stattfände, weil Haftung und Lehrer unfähig und political correctness, es könnte ja passieren, dass Mädchen dabei doof aussehen, deshalb fänden Experimente immer weniger und nur noch durch den Lehrer – oder als Video – statt. Oder gar nicht mehr. Stattdessen diskutieren sie die politisch-ökologische Dimension der Landwirtschaft bei Einsatz von Kunstdünger und deren Stellenwert in der Klimadebatte.

Um mich zu überzeugen müssten sie aber damit kommen „Chemiker ist, wer das und das und das kann und das in der Prüfung nachgewiesen hat”. Als positive und negative Abgrenzung.

Das ist aber mit linker Politik nicht mehr vereinbar. Da ist man dann gleich Sexist und Rassist und Misogynist und White Supremacist, und der AStA fordert die Entlassung.