Ansichten eines Informatikers

Escape from New York

Hadmut
9.7.2020 1:41

War mal ein dystopischer Film.

Ist jetzt Realität.

Ich war ja letzten Juni noch in New York.

Abgesehen davon, dass ich auf dem Weg zur Unterkunft mal eine völlig nackte Frau voller Drogen bewußtlos auf der Straße habe rumliegen sehen (ich hatte im Blog berichtet, dass ich noch überlegt habe, was man da jetzt macht, dann aber sofort zwei Polizisten gefunden habe) und ich es seltsam fand, wenn es bei starkem Regen in der U-Bahn-Station nahezu genauso regnet wie im Freien, fand ich es eigentlich insgesamt ziemlich aufgeräumt, sicher und unerwartet sauber. Ich habe mich da überhaupt nicht bedroht oder gefährdet gefühlt, und war auch in Queens und der Bronx, und hatte mich an einem Straßenstand mal mit einem Polizisten unterhalten, der zu der Auffassung kam, dass es in den USA immer noch sicherer sei als in Deutschland, und mich fragte, warum ich nicht in die USA umziehe. 9/11 hatten sie auch aufgeräumt, und generell machte das alles einen doch relativ zivilisierten und funktionsfähigen Eindruck, nachdem auch die Straßen nicht mehr so kaputt erschienen, wie bei meinem letzten Besuch 1999. Und die U-Bahnhöfe und -Waggons waren zumindest sauberer als die meisten in Berlin, und weniger angepöbelt und weniger stinkende Leute hatte man dort auch im Vergleich zu Berlin.

Was man halt merkt, und das ist schwer zu beschreiben, das muss man selbst gefühlt und erlebt haben, dass in den USA fast alles, was jetzt nicht reich und vergoldet und aufpoliert ist, so irgendwie abgeranzt und ausgeleiert und abgewohnt wirkt. Was auch damit zusammenhängt, dass sie keinen Krieg hatten, der ihnen das mal wegzerstört und sie zum Neuaufbau gezwungen hat. Infrastruktur und Substanz amerikanischer Städte sind eben zu einem großen Teil zwischen 1900 und 1935 entstanden, und das merkt man eben.

Anscheinend habe ich das letzte ordentliche Jahr erwischt.

Die britische Mail Online meint nämlich, dass New York gerade den Bach runtergehe, weil die Kombination aus Covid-19, Black Lives Matter und linkem Bürgermeister zuviel für die Stadt geworden wären, die Morde stark zunähmen und die Mittelschicht in Scharen davonläuft:

Nightmare in New York: How Covid-19, BLM protests and a liberal mayor are turning the city into a no-go zone as murders skyrocket, shops are looted and 500,000 middle-class residents flee

Murder figures have skyrocketed and a combination of the coronavirus pandemic, Black Lives Matter (BLM) protests and weak political leadership is in danger of achieving what Osama Bin Laden never could: bringing the Big Apple to its knees.[…]

Many blame New York’s liberal mayor, Bill de Blasio, who has slashed police funding by $1 billion (£800 million), ended the NYPD’s controversial ‘stop-and-frisk’ policy (which allowed police to stop and search anyone solely on the basis of ‘reasonable suspicion’) and who last week vowed to paint a huge Black Lives Matter sign outside President Trump’s flagship Trump Tower.

De Blasio has also introduced criminal justice reforms, including changes to bail for dozens of offences, which has meant violent criminals released on to the streets. […]

Parts of Manhattan, famously the ‘city that never sleeps’, have begun to resemble a ghost town since 500,000 mostly wealthy and middle-class residents fled when Covid-19 struck in March. […]

Streets once teeming with tourists are virtually empty. Shops and restaurants are boarded up to protect against looters. Hotels are closed. According to one resident: ‘New York has become a place where the soup kitchens are full and skyscrapers are empty.’

The Broadway theatre district sits in darkness, unlikely to open before next year. The subway, which once carried 750,000 commuters a day, is mainly deserted. In Times Square, a handful of street vendors offer hand-sanitiser and face masks in place of knock-off designer sunglasses and bags.

Na, da bin ich aber froh, dass ich da noch schnell die aktuellen Hauptmusicals abgeklappert habe. Frozen, Aladdin, Lion King, Chicago. Bei Frozen haben sie schon die Besetzung geändert, und die neue kam wohl gar nicht mehr dazu, noch viel zu singen. Eigentlich wollte ich ja nochmal hin, weil ich nicht alle Sehenswürdigkeiten abgerast hatte, aber ich glaube, das hat sich erst mal erledigt.

Vielleicht habe ich da den Broadway noch in seinen letzten Tagen erlebt. Wenn das nämlich so weitergeht, wird der Broadway nicht mehr eröffnet, auch nächstes Jahr nicht mehr. Denn billig sind die Eintrittskarten nicht, da braucht man schon ein Publikum, dass das auch zahlen kann und will.

Joel Kotkin, a leading expert on urban trends, and a native New Yorker who now lives in California, told The Mail on Sunday: ‘This is an unprecedented crisis the likes of which New York has never faced. When 9/11 happened, it was a major disruption but the country and the world rallied in support and there was a great sense of solidarity.’

Back then, Rudy Giuliani was mayor and considered a strong leader. The city was shaken but it was back on its feet in weeks.

But Covid hit when New York had already been in decline. Kotkin says: ‘Under Mayor de Blasio, conditions were perfect for the pandemic to flourish. The subway was filthy. There was a huge disparity in wealth. The rich immediately fled to homes in the country or by the beach. […]

Significantly, Kotkin believes that people being able to work from home will dramatically change the nature of life in New York for ever. ‘When the Twin Towers were hit in 2001, the internet was still in the early stages. Now it is easy for people to work remotely.

‘A city which is perceived as dangerous and dirty doesn’t hold any appeal. It makes sense to locate to suburban regions and smaller towns that are generally safer, cleaner and less expensive.’

Ja, dann sieht das in New York dann wohl wirklich bald aus wie im Kinofilm Escape from New York. Dann kommt statt Hadmut Danisch eben Snake Plissken.

Interessantes Problem.

Die USA haben zwei Wirtschaftszonen, die Ost- und die Westküste. Dazwischen ist nicht viel außer Natur, Landwirtschaft und sozialen Krisen. Wenn die da jetzt sowohl die Ost-, als auch die Westküste kaputt machen, dann wird das da bald finster.

Dann ziehen sich die Weißen in irgendwelche Vororte oder ganz in die Pampa zurück und sitzen an ihren Computern, während die Städte nur noch schwarzes Elend sind.

Sowas habe ich schon mal gesehen.

Johannesburg in Südafrika. Da kann man auch vor verammelten, vergammelten, ehemaligen Luxushotels im Wolkenkratzerformat vorbeigehen, die in Betrieb waren, als es dort noch Weiße als Gäste gab. Die Weißen ist man los, die Jobs aber auch. Danach kam nichts mehr. Nun stehen die verlassen rum und gammeln vor sich hin, weil niemand mehr da ist, der sich noch darum kümmern würde.

So gesehen hatte ich noch ein glückliches Händchen mit der Wahl der New York-Reise letztes Jahr. Eigentlich hatte ich beschlossen, nicht mehr in die USA zu reisen, nachdem ich das letzte Mal … Mmmh, wann war das? 2006, 2007 oder so, Boston … dort war. Das schien mir alles politisch und charakterlich zu kaputt, und ich hatte es einfach gesehen. Aus irgendwelchen Gründen, die ich nicht erklären kann, hatte ich letztes Jahr so einen spontanen Drang, entgegen meiner Entscheidung doch nochmal nach New York zu fahren und zu schauen, wie es da 20 Jahre später so aussieht und was aus Ground Zero geworden ist.