Ansichten eines Informatikers

Nikon Z6

Hadmut
27.6.2020 15:40

Ich hatte ja ausführlich und in mehreren Blog-Artikeln beschrieben, warum ich mich kategorisch festgelegt habe, dass die mir nicht ins Haus kommt.

Sie hätte mir ja so gefallen. Aber dass sie nur einen Kartenslot hat und das auch noch XQD statt SD, das ist einfach inkompatibel zu meinen Anforderungen und in meinen Augen eine Fehlentscheidung. Die Karten sind zwar technisch gesehen sehr gut und tatsächlich besser als SD, aber man bekommt sie kaum, es gibt nur wenige Hersteller, in Supermärkten und so weiter werden sie gar nicht angeboten, und wenn man sie bekommt, kosten sie pro GB bis zu etwa 15 Mal so viel wie SD-Karten, und Kartenleser dazu sind auch schwer zu bekommen.

Nett für das Studio oder wenn man abends wieder zuhause ist und die Karte in Ruhe überspielen kann, aber für meine Reisezwecke total unbrauchbar. Sowas kommt mir kategorisch nicht ins Haus. Basta.

Letzte Woche habe ich mir eine gekauft.

Naja, eigentlich wegen Corona. Und von Alters wegen.

Eine Überlegung war, dass ich ja, wie beschrieben, festgestellt hatte, dass die Preise da ganz komisch rauf und runter gehen und mir ein Händler schrieb, nachdem der Preis da um über 30 Prozent angezogen hatte, dass Nikon die Preise stark habe erhöhen müssen. Kurioserweise gab es dann in Deutschland aber doch wieder ein Rabattprogramm. Und noch das Set mit dem 24-70/4, dem FTZ-Adapter für alte F-Objektive an das neue Z-Bajonett und eine 64GB-XQD-Karte.

Die zweite Überlegung war, dass das dieses Jahr wohl nichts mehr wird mit den Fernreisen, das Reiseargument also wegfällt.

Die dritte Überlegung war, dass sich bei den Kartenpreisen doch was tut, denn die Z6/Z7 unterstützen ja seit einem Firmwareupdate auch CFExpress (gleiches Gehäuse, aber entspricht einer SSD mit PCIe und NVMe), und es gibt da inzwischen günstige (allerdings auch als langsamer beleumundete) CFExpress-Karten von Delock, die inzwischen etwa mit 512GB bei 240 Euro liegen, was jetzt immer noch teurer als SD, aber nicht mehr so unverschämt überteuert ist (nur noch etwa Faktor 3), zumal man SD in der Größe schlecht oder nicht bekommt, das aber für Videoaufnahmen günstig ist. So eine habe ich mir noch gekauft – funktioniert mit der Kamera, aber nicht mit dem preisgünstigen XQD-Kartenleser, der nur USB an die Karte durchreicht und deshalb nur mit solchen Karten funktioniert, die USB haben.

Die vierte Überlegung war, dass meinen Objektive gut und teuer sind, aber die Kameras ausgelutscht. Ich habe eine D300s (im kleinen DX-Sensorformat von 2009) und eine D800 (Vollformat FX, ca. 2004 gekauft). Meine besten Bilder habe ich mit der D300s gemacht, die ist/war richtig gut, aber inzwischen hoffnungslos veraltet. Mit der D800 bin ich nie so richtig durchglücklich geworden, weil zwar eigentlich eine sehr gute Kamera, mir die aber besonders anfangs viele Bilder versaut hat, weil vom Spiegelmechanismus Ölspritzer auf den Sensor geraten waren. Weil ich für beide Sensorgrößen, DX und FX, Objektive habe, hatte ich mir letztes Jahr als Ersatz für die D300s eine Z50 gekauft, und war seit langer Zeit erstmals wieder mit einer Nikon-Kamera richtig zufrieden (bis auf ein paar kleine Details wie Micro-USB-Anschluss und wieder mal ein neuer Akkutyp).

Die fünfte Überlegung war, dass ich mittlerweile halt doch so alterssichtig bin, dass ich unter der Armlänge Abstand die Brille zum Lesen brauche, zumindest bei kleiner Schrift. Ich es aber andererseits nicht mag, mit Brille durch den Sucher zu schauen. Das führte bei der D300s und der D800 dazu, dass ich zwar durch den Sucher gut schauen kann (Dioptrienausgleich), aber ständig die Brille auf- und absetzen musste, um im Menü was einzustellen oder Bilder zu kontrollieren. Bei spiegellosen Kameras mit elektronischem Sucher kann ich das aber auch im Sucher und ohne Brille, zumal ich mich bei der Z50 und der Panasonic GH5 an die vielen nützlichen zusätzlichen Informationen im Sucherbild gewöhnt habe, das ist fein.

Und die sechste Überlegung war, dass mir die Knochen auch älter werden und ich auch nicht mehr sooo scharf darauf bin, die schwere Kameratasche kilometerweit mit mir oder um die Welt zu schleppen (in Schardscha bin ich laut meinem Hand-GPS in vier Tagen insgesamt 120 km mit der schweren Tasche rumgelaufen), und hatte schon zu viel Ärger am Flughafen, weshalb kleiner und leichter genehm ist.

Allerdings hatte mir ein Leser geschrieben, der selbst von D800 auf Z6 gewechselt war: Sie ist nicht nur leichter und kleiner, sondern auch weniger stabil. Schlug er seine D800 gegen das Brückengeländer, war eine Beule im Geländer. Schlug er die Z6 genauso dagegen, hat es die Z6 zerlegt. Panzer gibt’s halt nicht im Leichtgewicht.

Die siebte Überlegung war, dass beide Kameras, D300s und D800, zwar eigentlich sehr gut und professionell sind, aber auch schon nachjustiert werden mussten, weil die komplizierte Spiegelmechanik doch durch die Beanspruchung beim Reisen leidet. Die D300s war mal unscharf, und der Nikon-Service hat festgestellt, dass Teile im Mikrometerbereich verbogen sind. Kann man mit dem bloßen Auge nicht sehen, nur messen. Das Bajonett musste ausgetauscht und innendrin alles einmal zerlegt und neu eingebaut und justiert werden. Spiegellose Kameras haben da aber einen ganzen Haufen weniger Mechanik. Der Umstand, dass die Autofokussensoren da nicht im Spiegel bzw. über den Halbspiegel eingeblendet im Boden der Kamera sitzen, sondern direkt im Sensor, ist zwar grundsätzlich der Bildqualität und der Geschwindigkeit etwas abträglich, aber sie können sich nicht gegenüber dem Sensor dejustieren. (Es heißt, Z6/Z7 könnten sich bei der Bildqualität mit der D850 nicht anlegen.) Allerdings liegt der Sensor beim Objektivwechsel auch völlig ungeschützt offen, was, wie mir bei der Z50 auffiel, auch zu schnellerer Verschmutzung führt. Alles nicht so einfach.

Die achte Überlegung war (ich komme mir gerade vor wie in Richter im englischen Sprachraum, die ja in ihren Urteilen auch immer ihre Considerations auflisten, aber das Prinzip ist gut), dass sie ja gerade alle Corona-Jammern und um geschäftsrettenden Konsum betteln, ich mir die Kamera also bei meinem bevorzugten Berliner Fotogeschäft gekauft habe, die in Berlin wegen Corona gerade selbst ausliefern, weil ihnen der Vorteil durch das Ladengeschäft weggebrochen ist. Morgens bestellt, Mittags ruft’s an und sagt die Lieferzeit, um 18:00 klingelt’s exakt pünktlich an der Tür. Ich lege Wert auf den Fortbestand dieses Fotogeschäfts.

Technisch: Keine Überraschungen, ich kannte die Kamera ja schon und habe seit letztem Jahr die eng verwandte Z50, damit jetzt also beide DSLR, die D300s und die D800 ersetzt und den Objektiven weitere Nutzungsjahre beschert. Eine exzellente Kamera, bis auf eben das Problem XQD/CFExpress-Karte. Beide Karten, die mitgelieferte Nikon-XQD-Karte, als auch die CFExpress von Delock funktionieren bisher einwandfrei an der Kamera, Geschwindigkeit habe ich noch nicht geprüft. Die CFExpress funktioniert nicht in dem 22-Euro-Kartenleser für den PC.

Lichtempfindlichkeit auch gut (die Z6 hat gegenüber der ansonsten baugleichen Z7 die niedrigere Auflösung und den niedrigeren Preis, aber die höhere Lichtempfindlichkeit).

Professionell ausgestattet, wenngleich auch solche Dinge wie Synchronanschluss und der alte runde Nikon-Geräteanschluss nicht mehr da sind. Und die älteren Objektive mit mechanischem Fokusantrieb funktionieren daran nicht mehr bzw. nur noch ohne Autofokus. Den ganzen Objektivpark kann man also nicht uneingeschränkt verwenden. Aber wegen der Brillen-Sache für mich eine erhebliche Erleichterung und Verbesserung.

Für den allgemeinen Gebrauch und normale Durchschnittsanforderungen erscheint mir die kleinere und leichtere Z50 eigentlich sogar die bessere Kamera zu sein. Die kann zwar an sich etwas weniger und hat keinen Verwacklungsschutz im Sensor selbst, kann dafür aber ein paar Kunststückchen mehr, die unterwegs und zum schnellen Upload von Vorteil sind.

Damit bin ich jetzt kameramäßig wieder voll bestückt und aktualisiert, was Nikon angeht. Eine FX und eine DX-Sensorgröße.

Drei Tage danach hatte sich allerdings dann das Gerücht verdichtet, dass Nikon in Kürze die Z5 ankündigen werde. Diese sei eine etwas abgespeckte Z6, allerdings nicht so weit abgespeckt, wie manche befürchtet hatten. Angeblich selber Sucher und Sensor wie Z6, dafür aber zwei SD-Kartenslots, so wie früher.

Da hätte ich vielleicht doch noch ein paar Tage länger warten sollen, aber ich bin nicht der Typ, der sich etwas bestellt, auspackt, benutzt und dann wieder zurückschickt, weil er es sich anders überlegt oder was anderes entdeckt hat. Das liegt mir nicht und es ist nicht meine Art, anderen Kosten und Nachteile zuzufügen, weil mir meine eigenen Entscheidungen nachträglich nicht mehr so gut erscheinen, ich bin ja keine Feministin. Ich schicke keine Stiefel zu Zalando zurück und ich zeige meine Bumspartner nicht wegen Vergewaltigung an, weil ich nachträglich irgendwas anderes entdeckt habe.

Zumal man auch erst mal abwarten muss, wie diese Z5 dann tatsächlich aussieht und was die Unterschiede sein werden.

Als Reisekameras halte ich die Z50 und dann vermutlich die Z5 aber für am besten geeignet.

XQD-/CFExpress-Karten halte ich zwar für technisch gut, aber für Reisen schlicht zu teuer und zu exotisch. Das geht einfach nicht (sofern man sich nicht einfach so zwei, drei von diesen 512GB-Karten kauft, aber dann sind auch schon wieder 750 Euro raus, und dafür bekommt man die Z50).

Für die Z50 sollte man sich eine Stativschiene vom Dritthersteller kaufen. Für Selfies. Bei der kappt der Monitor nämlich nach unten, wenn man ihn von vorne sehen will, weil oben der Sucher und auf der Seite die Kabel im Weg sind. Unten ist aber dann das Stativ im Weg. Deshalb gibt es Adapterschienen, mit denen man das Stativ seitlich anschrauben kann.

Fehlt mir jetzt nur noch was zum Fotografieren.

Reisen ist gerade nicht.

Nackte Frauen mache ich nicht mehr, politisch viel zu gefährlich, viel zu leicht könnte man einem Dissidenten und Blogger irgendwas anhängen. Interessiert auch keinen mehr. Aus- und zu Tode fotografiert.

Meine Selfies wurden jetzt auch nicht gerade ob ihrer überwältigenden Schönheit bejubelt.

Ich hab’s. Ich wohne ja in Berlin. Ich werde Kriegsfotograf.

Da muss ich die Ausrüstung nicht weit tragen und haben kein Speicherkartenproblem, weil ich ja abends immer wieder nach Hause komme.