Ansichten eines Informatikers

Des SPIEGELS Bekenntnis zur Lügenpresse

Hadmut
11.6.2020 14:48

Mit Galopp in die sozialistisch-bolschewistische Ideologiepresse.

Der Vorteil ist ja, dass man die Presse inzwischen schon nicht mehr als Lügenpresse beschimpfen muss, das machen die längst selbst. Früher waren sie darüber beleidigt, aber seit „Haltungsjournalismus” (wieder ein Doppelwort, die Positiv-Variante von Lügenpresse) betrachtet man es plötzlich als positiv.

Der SPIEGEL schreibt heute: Gegenwart und Zukunft des Journalismus – Die Zeit der Neutralität ist vorbei

Mir persönlich würde zu Journalismus eher „Vergangenheit” einfallen, die Begriffe Gegenwart und Zukunft erscheinen mir da fehl am Platz.

Ursprung des aktuellen Ausbruchs ist ein Vorgang bei der New York Times. Anscheinend hat es dort im Zusammenhang mit den George-Floyd-Gedenk-Plünderungen (aus irgendwelchen, mir als Weißem nicht nachvollziehbaren Gründen meint man dort, einen Menschen ehren zu können, indem man in seinem Namen stiehlt und brandschatzt, irgendwie haben die da seltsame Ehrbegriffe) den Gastkommentar eines hohen Republikaner-Politikers, Tom Cotton, in der New York Times gegeben, der sich da wohl irgendwie dafür ausgesprochen hatte, das Militär gegen die Plünderer einzusetzen.

Das gab Riesen-Ärger, weil die NYT doch links ist, und der Meinungschef, James Bennet, wurde geschasst. Auch, weil er den Text vorher nicht gelesen und verhindert hatte.

Der nun verteidigte sich damit, dass Presse etwas mit Meinungspluralität zu tun habe.

So in dem Sinne von, man sollte darüber informiert sein, was die verschiedenen Parteien so sagen und vertreten. Dafür habe man diese Rubrik für Gastbeiträge schließlich.

Das kam gar nicht gut an.

Meinungspluralität ist mit Linken dort nicht (mehr) zu machen.

Dazu verkündet nun der SPIEGEL:

Man schulde es den Lesern, schrieb Bennet in seiner Verteidigung, “ihnen Gegenargumente aufzuzeigen, besonders wenn sie von Leuten kommen, die Politik gestalten”.

Versteht die Zeitung den Journalismus nicht mehr?

Das klingt auf den ersten Blick einleuchtend.

In Wirklichkeit ist es selbstgefällig und denkfaul. James Bennet ist nicht gefeuert worden, weil er einen Beitrag mit menschenverachtendem und potenziell gefährlichem Inhalt zu verantworten hatte – einen Beitrag, den er selbst vor Veröffentlichung noch nicht einmal gelesen hatte, wie später bekannt wurde. Bennet musste gehen, weil er als Leiter eines der wichtigsten Ressorts der vielleicht wichtigsten Zeitung der Welt offensichtlich den Journalismus nicht mehr versteht.

Gar nicht mal wegen des Beitrags wurde er gefeuert, sondern weil er sich für Meinungspluralität einsetzte. (Vor kurzem haben die Linken hier die Rechten noch wegen Filterbubble und Echokammer beschimpft.)

Das amerikanische Journalismusmodell, das vor 20 Jahren auch mir an der Journalistenschule in New York eingeimpft wurde, basiert auf einer strikten Trennung zwischen Fakten und Meinung. Persönliche Ansichten von Autoren sind grundsätzlich nur auf den dafür kenntlich gemachten Seiten zugelassen, der Rest der Zeitung habe aus quasi objektiven Fakten zu bestehen. Deswegen ist bis heute bei Institutionen wie der “New York Times” das Meinungsressort räumlich und personell vom Rest der Redaktion isoliert wie eine Quarantänestation.

Das finde ich jetzt keine schlechte Idee. Ich finde es sogar sehr gut.

Dem SPIEGEL passt das aber nicht mehr:

All dies soll Neutralität gewährleisten. Neutralität galt jahrzehntelang als Qualitätsmerkmal, als noble Erhabenheitsgeste der seriösen Presse. Die Einsicht, dass hinter jedem Text mit noch so großem Neutralitätsanspruch ein Autor mit eigener Biografie steckt, die sich in der komplizierten Welt von heute mit all ihren vielfältigen und verschränkten Identitäten kaum mehr missachten lässt, hat sich erst in den vergangenen Jahren im Journalismus niedergeschlagen. Der Neutralitätsjournalismus, der scheinbar von einer “Position aus dem Niemandsland” kommt, wie es der New Yorker Medienforscher Jay Rosen bezeichnete, wirkt heute nicht nur uninteressant und unaufrichtig. Er versagt vor allem in seinem Auftrag als “vierte Gewalt”.

So. Aufgrund der zutreffenden Beobachtung, dass kein Autor aufgrund seiner Biografie so ganz neutral sein kann (was man durch eine entsprechende Durchmischung der Redaktionen ausgleichen könnte, aber gerade das können die Diversitätskrieger ja nicht ertragen), meint man, es gar nicht erst versuchen oder anstreben zu müssen, sondern voll ins Gegenteil umschlagen kann.

Also ob ein Chirurg sagt, dass man den Operationssaal ohnehin nie hundertprozentig steril bekommt, und man deshalb gleich jegliche Sauberkeits- und Hygieneanstrengungen unterlassen kann und mit dreckigen Händen auf dem Marktplatz operieren kann, wie im frühen Mittelalter.

Das Zulassen anderer Meinungen und Sichtweisen funktioniert nur so lange, wie man sich innerhalb einer Bandbreite gemeinsamer Fakten befindet. Dadurch ließen sich früher Propaganda, Verschwörungstheorien und Hassreden als Unsinn aus dem öffentlichen Diskurs im Wesentlichen aussperren.

Auf deutsch: Meinungspluralität dulden wir nur so lange, wie alle einer Meinung sind. Erinnert an den Fabrikanten Henry Ford über seine ersten Großserienautos: “You can have it in any color as long as it’s black”. Man bekommt sie in jeder Farbe, solange sie schwarz ist.

Zeitungen bekommt man in jeder Meinung, solange sie ganz links ist.

Die Trump-Regierung mit ihren permanenten Lügen und Fehlinformationen hat diese Grenzen verschoben, und seitdem funktioniert der Neutralitätsjournalismus nicht mehr. Im Trump-Zeitalter gilt das Verbreiten noch so obszöner Verschwörungstheorien – wie zum Beispiel jener, Hillary Clinton betreibe einen Kinderpornografie-Ring aus einer Washingtoner Pizzeria heraus – als Meinungsäußerung.

Man beschwert sich, das Monopol für Lügen und Falschinformationen verloren zu haben.

Dinge wie Gender-Studies, Gender-Pay-Gap, der ganze Geschlechterkram sind noch viel übler verlogen, und die These, dass Frauen nur von fiesen Wissenschaftlern ersonnen und gemacht wären, um sie unterdrücken zu können, die absurdeste Verschwörungstheorie, die mir je untergekommen ist (sofern man Außerirdische mal ausblendet), aber der SPIEGEL fährt voll drauf ab. Schlimmer noch: Linke reiten ja den Poststrukturalismus und meinen, dass es Lüge gar nicht gäbe, sondern man durch den Sprechakt die Realität einfach erschaffe. Für sich beanspruchen sie das, aber ich hätte nie gehört, dass irgendein Linker mal gesagt hätte, dass Trump poststrukturalistisch arbeite. Da holen die Poststrukturalisten dann nämlich das heraus, was es in ihrer Doktrin nicht geben kann: Fakten. Es sind nicht die Maßstäbe, die mich so besonders ankotzen. Es sind die doppelten Maßstäbe.

Das Scheitern der sogenannten Mainstream-Medien an Donald Trump und seinen Anhängern liegt genau darin begründet. Donald Trump konnte überhaupt nur gewählt werden, weil die “New York Times” oder der Nachrichtensender CNN mit ihrem Anspruch auf journalistische Fairness den abstrusesten Faktenverdrehungen immer wieder Raum gegeben haben.

Aha. Kein „fair” mehr.

Als ich im Kindergarten war, wäre man für so eine Ansage aus dem Sandkasten verbannt worden.

Michelle Goldberg, selbst Kommentatorin bei der “New York Times”, schreibt: “Die Trump-Präsidentschaft ist demagogisch und weitgehend faktenfrei.”

Das ist der Feminismus-Genderismus auch, aber da fand man es gut, da hielt man die Forderung nach Belegen und Beweisen noch für patriarchalische Unterdrückungsmethoden.

Für Tom Cotton und die Trump-Leute ist das natürlich ein großartiger Sieg. Der Artikel hat der als “Fake News New York Times” verunglimpften Zeitung offenbar einen neuen Rekord bei der relativen Anzahl an Abokündigungen binnen einer Stunde verschafft. Das könnte ein Zeichen dafür sein, dass die Leser möglicherweise weiter sind als die Journalisten in den Führungsetagen. Sie verlangen, auch von den “Mainstream-Medien”, Farbe zu bekennen. Sie wollen auf CNN nicht mehr den Verdrehungen der immer wieder aufs Neue eingeladenen Trump-Aficionados zuhören. Und sie möchten wahrscheinlich auch keinen Artikel lesen, der zum Einsatz des Militärs gegen die eigene Bevölkerung rät. Wer stets allen Positionen Raum verschaffen will, macht es sich einfach und begibt sich in eine moralische Indifferenz.

Aha. Ein Schuft, wer noch andere als linke Meinungen durchlässt.

Nochmal den Satz:

All dies soll Neutralität gewährleisten. Neutralität galt jahrzehntelang als Qualitätsmerkmal, als noble Erhabenheitsgeste der seriösen Presse.

Gut, da wir keine seriöse Presse mehr haben, hat sich das ja dann auch erledigt.

Statt vorgetäuschter Objektivität brauche moderner Journalismus in diesen Krisenzeiten klare moralische Ansagen, kommentierte am Wochenende ausgerechnet Ben Smith, der Medienkolumnist der “New York Times”.

Es geht nur noch um „Moral”-Verkündung.

Was ist Moral? Wissen sie nicht so genau. Marxismus eben.

Der journalistische Kulturkampf zwischen den alten Neutralitätsfanatikern und einer neuen Generation von Journalistinnen und Journalisten, die die eigene Position stärker deutlich machen will, habe sich zum ersten Mal bei der Berichterstattung zu den Protesten gegen Polizeigewalt in Ferguson 2014 gezeigt, schreibt Smith, wo sich durch subjektive Tweets auf Twitter manchmal ein klareres Bild der Lage zeichnete als in den auf Objektivität bedachten “Mainstream-Medien”.

Das ist keine neue Generation, das ist die Besetzung der Redaktionen mit Leuten, die für Journalismus schlichtweg zu blöd sind. Mit der und zur Durchsetzung der Frauenquote war es mit jeglichen Qualitätsansprüchen vorbei. Da sitzen nur noch Dumme.

Und wie sehr die Meinungen dort verengt werden, sieht man daran:

Am Wochenende, an dem James Bennet gehen musste, kam es zu einer weiteren Entlassung. Dutzende Redakteure des “Philadelphia Inquirer” waren aus Protest nicht zur Arbeit erschienen, nachdem die Zeitung einen Artikel mit der Schlagzeile versehen hatte: “Buildings Matter, too.” Es war eine Anspielung auf “Black Lives Matter” und suggerierte eine Gleichsetzung zwischen der Unversehrtheit von Schwarzen mit der von Gebäuden. Stan Wischnowski, der Chefredakteur, musste die Zeitung verlassen.

Wehe dem, der noch zu sagen wagt, dass man Gebäude (und damit Arbeit und Lebensleistung anderer Leute) nicht zerstört. Wird gefeuert.

Es kommt jetzt darauf an, die Balance zu finden zwischen einem moralisch erstickenden Jakobinertum und einem entschiedeneren Journalismus in unversöhnlichen Zeiten.

Wer kauft solchen Müll noch? Wofür soll das noch gut sein? Was anderes als Marxturbation ist das doch nicht mehr. Nur noch Müllentsaftung, Sondermüll durch den Entsafter gejagt.

Neulich hörte ich mal einen Journalisten, der das alles kritisch sieht, davon reden, dass die modernen „Journalisten” mit dem Leser eigentlich nichts mehr zu tun haben wollen und auch nicht mehr für Leser schreiben, sondern nur noch ihren Wohlfühlsenf aufschreiben und dafür vom Staat alimentiert werden.

Der Journalismus stirbt gerade an Geisteswissenschaftlervergiftung.

Nur noch Sondermüll.