Ansichten eines Informatikers

Die Digitalisierung der Stasi

Hadmut
19.11.2019 23:31

Noch ein Fortsetzungsgedanke zum 33-89-Wiederholungsartikel von eben.

Ich habe ja gerade geschrieben, dass man die aktuellen Geschehnisse auch so auffassen könnte, als würden die Kommunisten/Sozialisten 1933 und 1989 nochmal nachspielen wollen, aber diesmal ohne Kontrollverlust.

Mir sagte jemand, dass die DDR schon lange hoffnungslos pleite gewesen sei, und ein zentraler, wenn nicht der zentrale Grund dafür sei, dass dieser absurde Überwachungsstaat, in dem es zuweilen mehr Überwacher als Überwachte gab, einfach viel zu teuer war. Das Missverhältnis aus der Minderheit von Leuten, die arbeiteten, und diesem riesigen Apparat aus SED und Stasi, die ja zur Wirtschaftskraft und zum Bruttoinlandsprodukt überhaupt nichts beitrugen, aber voll mitgefüttert werden mussten, war einfach nicht tragfähig. Eigentlich seien SED und Stasi selbst der Grund für die Pleite gewesen.

Da wird natürlich der Informatiker in mir wach.

Denn sehr vieles von dem, was die Stasi da so manuell und durch Menschkraft trieb, kann man heute elektronisch und mit Computern. Mir sagte mal vor einiger Zeit jemand, dass bei der Stasi sogar selbst diese speziellen Kassettenrekorder (mir fällt gerade die Bezeichnung nicht ein) knapp waren und auch die Arbeitsleistung, das Zeug hinterher anzuhören, es musste ja alles von einem Menschen abgehört werden, und sie sich deshalb schon überlegen mussten, wen sie abhören.

Mit der heutigen Computertechnik geht das natürlich vollautomatisch, flächendeckend und viel billiger.

  • Die USA haben Google, Facebook, Twitter und Kontrolle über Endgeräte
  • China baut gerade ein gigantisches Überwachungs- und Bewertungssystem, mit Gesichtserkennung, Identifizierung und allem drum und dran, was das Wohl- und Fehlverhalten im kompletten Leben erfasst und bewertet.
  • Bei uns hat man sich jahrelang nicht für IT interessiert, und jetzt auf einmal soll KI ganz wichtig sein und der Datenschutz gesenkt werden, damit man in deutschen Rechenzentren, die wir jetzt sogar selber betreiben wollen/sollen, per KI an big data kommt.

Gerade der letzte Punkt wirft in meinen Augen die Frage auf, ob die gerade eine Neo-Stasi errichten, nur jetzt eben elektronisch mit KI.

In der Konsequenz könnte man die Frage stellen, ob wir nach 1990 ein paar Jahre unbehelligt geblieben sind, weil SED und Stasi das Problem des riesigen Aufwandes erkannt und einfach auf eine Lösung gewartet haben? Jetzt sind wir technisch so weit, und jetzt geht’s wieder los?

Stimmt es eigentlich, weiß das jemand, dass Angela Merkel deshalb keine Stasi-Akte hat, weil sie eine KGB-Akte hat, und Leute mit KGB-Akte damals grundsätzlich keine Stasi-Akte hatten?