Ansichten eines Informatikers

IT im öffentlichen Dienst

Hadmut
1.11.2019 22:51

Ein Leser, und zwar nicht irgendein Leser, sondern dieser eine, spezielle, einzigartige Leser, der erklärt, dass er mit der besten Ehefrau von allen und überhaupt verheiratet ist, schreibt mir über das unvorstellbare Leid der Frau im öffentlichen Dienst:

Jede Software wird genau einmal programmiert (von irgend so einer Kommunal-IT-Butze). Es gibt keine Updates, niemals. Gibt es ein neues Windows, dann wird eine neu Software, oft von einer anderen IT-Butze programmiert (die alte läuft nicht nicht mehr, da immer sehr Windows nah programmiert wird). Die beiden sind natürlich nicht kompatibel. Auch hier gibt es wieder keine Updates.

Bei meiner Frau wurde Win NT eingesetzt, dazu gab es eine Software. Als auf Win 7 umgestellt wurde, sagte die IT, dass die alte Software nicht mehr laufen würden, sie sollen eine neue anschaffen. Das war dann aber nicht Aufgabe der IT, sondern der Verwaltung. Die hat logischerweise von Verwaltung eine Ahnung (naja, meistens), aber nicht viel von IT. Also hat der Fachbereichsleiter rumtelefoniert, wer eine passende Software anbietet. Der ursprüngliche Hersteller hatte zwischenzeitlich dicht gemacht (machen die immer kurz nachdem sie eine neue Software rausgebracht haben). also wurde ein neuer gesucht. Die EDV wollte auf Win 7 umstellen und drohte damit, dass dann eben keine Software da wäre, wenn sie nicht bis Jahresende soweit wären (waren nur noch ein paar Monate).

Endlich war die neue Software dann da (noch 4 Wochen Zeit!), da war klar, dass die alten Datenbestände nicht übernommen werden konnten (obwohl sowohl die Datenbank der alten als auch der neuen Software im selben Rechenzentrum der Stadt liefen – normalerweise konvertiert man so was). Also mussten alle Leute, die mit dieser Software arbeiten sollten, alle Fälle ausdrucken und nach der Umstellung wieder in die neue Software eintippen. Zusätzlich zu ihrer normalen Arbeit!

So was kannst Du Dir echt nicht ausdenken! Das passiert nur bei der Stadt bzw. im öffentlichen Dienst!

Also ist beim Kammergericht in diesem Sinne alles normal, das ist nichts ungewöhnliches!

Äh … ja.

Ich habe auch nicht so ganz verstanden, warum da eigentlich jede Stadt eigene Software hat, braucht, verwendet (wie es im Fernsehen mal igendwo behauptet wurde).

Eigentlich hätte ich ja gedacht, dass das grundsätzliche Problem in verschiedenen Städten trotzdem das gleiche ist und man da eigentlich überall die gleiche Software einsetzen könnte.

Oder eigentlich gar keine Software einsetzen. Denn wäre der öffentliche Dienst eine Firma, würde man längst landes- oder bundesweite Rechenzentren eingerichtet haben, in der zentrale Datenbanken und Instanzen für jede Stadt und Gemeinde (warum eigentlich? Warum nicht gleich für das ganze Bundesland oder den Staat? Warum muss jede Stadt eine eigene Datenbank führen?) geführt würden, anstatt dass da jeder seinen eigenen Mist rührt.

Obwohl: Nicht ganz. Ich bin noch Kunde bei einer deutschlandweit agierenden Großmarktkette. Als ich aber von Karlsruhe nach München und von München nach Berlin umzog, musste ich mich bei denen jedesmal ab- und neu anmelden, weil man immer bei dem Markt am Wohnort angemeldet sein muss und der eine nicht auf die Datenbank beim anden zugreifen kann (oder damals konnte, vielleicht ist das inzwischen anders). Dass Kunden umziehen war da nicht vorgesehen.

Aber wahrscheinlich geht’s da gar nicht um Effektivität und Effizienz, sondern darum, dass da jeder seine Amigos mit Aufträgen füttert.

Und dann wird’s halt ausgedruckt und wieder neu eingetippt.