Ansichten eines Informatikers

Warum Panasonic nicht professionell ist

Hadmut
15.10.2018 23:50

Nun habe ich einiges auf Nikon herumgehauen, jetzt bekommt dafür mal Panasonic was aufs Dach.

Grundsätzlich sehe ich bei Panasonic eine Reihe guter Eigenschaften, die mir bei Nikon fehlen. Die packen in ihre Kameras halt meist rein, was durch Software möglich ist, und bei den Oberklassekameras gibt es da auch mal Firmwareupdates, die wirklich neue Funktionen enthalten.

Nikon ist zwar technisch exzellent, aber deren Produktmanagement ist ein Krampf und häufig sind deren Kameras an irgendwas kastriert, damit man sich Zubehör oder neue Modelle kaufen muss. Und Firmware-Updates gibt’s höchstens für einen Bugfix oder zur Kompatibilität mit neuer Hardware, die sie verkaufen wollen.

Wobei es bei Panasonic auch da ein paar fragwürdige Punkte gibt. Deren Flaggschiff GH5 ist zwar wirklich gut, aber der Autofokus steht in schlechtem Ruf. Was einerseits damit zusammenhängt, dass sie aus technischen Gründen einen Konstrast- und keinen Phasenautofokus verwenden. Der Phasenautofokus ist schnell und gut, aber er funktioniert, ebenso wie die Belichtungsmessung, über den Spiegel, der beim Fotografieren nur kurz hochgeklappt wird. Herkömmlicher Phasenautofokus funktioniert deshalb nicht a) bei der Videoaufnahme, weil da der Spiegel permanent oben bleiben muss, b) bei Kameras, die keinen Spiegel haben.

Panasonic hat deshalb in der GH5 keinen Phasenautofokus eingebaut, sondern einen Kontrastautofokus, der auch während der Videoaufnahme mit dem normalen Bildsensor arbeitet, aber prinzipbedingt langsamer ist. Die Kamera „sieht” nicht wie bei der Phasenschiebung, wohin sie fokussieren muss, sondern muss rumprobieren und sich ranpirschen. (Kennt Ihr noch die alten Schnittbildindikatoren aus der Analog-Manuell-Zeit? Das ist ein Phasenfokus. Der Rechner in der Kamera korreliert die Bilder und weiß sofort, wieviel er verschieben muss, damit es passt.) Nikon hat das bei der neuen Z6 und Z7 gelöst, indem sie auf dem Sensor Bild- und Phasenpixel zusammen untergebracht haben, handeln sich dadurch aber ein, dass die Bildqualität trotz des eigentlich besseren Sensors etwas hinter der D850 zurückbleibt.

Panasonics GH5 hat in manchen Situationen einen hundsmiseralben Autofokus abgeliefert, mitunter echt peinlich. Kurios daran: Die Kamera kann es eigentlich viel besser. Vor ein paar Monaten hat irgendwer herausgefunden, woran es liegt, und wie man es behebt. Ich kriegs jetzt nicht mehr ganz zusammen, und habe gerade nicht die Zeit, mir das Erklärvideo nochmal anzuschauen, aber es hatte mit dem Timing zu tun. Ein Blogger hatte es herausgefunden und eine Theorie dazu entwickelt: Videokameras simulieren heute bezüglich der Einstellungen immer noch die Parameter alter Filmkameras, die für die Belichtungszeit einen Blendenwinkel einer verstellbaren Rotationsblende verwenden. Daran haben die sich (anscheinend) bei der GH5-Software orientiert und den Standardwert auf 180° gelassen (=50% der Zeit). Darauf beruht die Vorstellung, dass man beispielsweise bei einer Bildwechselrate von 30 Bildern pro Sekunde (Standard in USA und Teilen Asiens) 1/60 Sekunde pro Belichtung verwendet, und dann immer abwechselnd ein Foto für den Film und eines für den Autofokus macht. Und das funktioniert nicht, weil man einen Sensor eben nicht synchron, sondern nur nachlaufend auslesen kann und das im Timing nicht berüksichtigt wird. Fotografieren und zeilenweises Auslesen dauert immer etwas länger (deshalb auch der Rolling Shutter Effekt) und damit reicht die 1/30-Sekunde von einem Bild zum nächsten nicht, um zwei Bilder zu 1/60 zu machen und auszulesen. Stellt man aber tief drinnen in den Einstellungen einen Winkel kleiner als 180° ein (Rotationsblenden hat das Ding ja nicht, als eigentlich nur den Prozentanteil der Belichtungszeit an der Bildrate unter 50%) dann ist die effektive Belichtunszeit zwar etwas kürzer, aber plötzlich reicht es und der Autofokus funktioniert wieder gut, weil er plötzlich wieder mit allen Bildern versorgt wird. Weil nämlich die Videoaufnahme Priorität vor dem Autofokus hat, hat der Autofokus immer über längere Zeit kein Bild bekommen und war damit quasi blind.

Sehr plausibel, stimmt auch, kann man ja ausprobieren. Aber warum kommt da ein Blogger drauf und nicht die Entwickler bei Panasonic selbst? Warum brauche die rund zwei Jahre nach Erscheinen der Kamera, um das endlich in eine Firmware zu bringen?

Der Reparaturservice

Heute aber ist mir Panasonic richtig sauer aufgestoßen.

Ich habe ja einige Kritik an Nikon geäußert, aber eins muss man denen lassen: Der Nikon-Service funktioniert. Der wird zwar auch nicht von Nikon selbst betrieben, aber sowohl in München, als auch in Berlin hat das tadellos und schnell funktioniert. Ich hatte zwar noch nie an einer Nikon einen Defekt, den sich die Kamera selbst zugelegt hat, aber durchaus schon dejustierte Teile oder mal einen einfach durch Belastung verzogenen Rahmen und verzogenes Bajonett. Sah man mit dem bloßen Auge nicht, aber schief im Mikrometerbereich macht die Kamera unscharf. Ich hatte hart daran gearbeitet, dass meine D300s mal so richtig profimässig abgenutzt aussah, so nach Feindkontakt und Globetrotter, und bei der Reparatur haben sie sie gleich neu beledert (heute ist es ja Gummi), und dann sah die wieder aus wie neu. Ich dachte tatsächlich „Mist!”, aber die Reparatur funktioniert da einfach.

Das hängt damit zusammen, dass Nikon viele Profis als Kunden hat, und dann auch dafür sorgt, dass die Profikameras zügig repariert werden. Bei Großveranstaltungen wie olympischen Spielen rücken die mit Containern voller Leihgeräte an, mit denen Fotografen funktionsfähig gehalten werden. Wenn irgendwas ist, dann bekommen sie sofort Ersatzaustattung gestellt. Das funktioniert einfach. Mir wurde berichtet, dass Sony da schwach aufgestellt sei.

Nun habe ich mir vor fast einem Jahr eine Panasonic GH5 gekauft, auch etwas aus Verärgerung über Nikon. Sie allerdings kaum benutzt, nur zu Testen und Lernen, nie außerhalb der Wohung. Mir fehlte die Zeit, mir fehlte das Wissen. Wenn’s was werden soll, muss man sich damit beschäftigen und einiges lernen. Gerade erst Anfang letzter Woche habe ich sie noch mit einem neuem Objektiv probiert, alles prima, alles bestens.

Ab nächster Woche soll sie aber nun in den Einsatz und auch richtig ran. Jetzt mal was arbeiten.

Dabei fiel mir aber mit verschiedenen Objektiven auf, dass da was nicht stimmt: Die hat ja einen elektronischen Sucher und das Bild flimmerte so seltsam. Es lag aber nicht am Sucher, sondern am Fokus. In der Mitte war es einigermaßen scharf, die Kamera aber ständig mit nachregeln beschäftigt, und außen wackelte es richtig. Was am Bildaußenrand lag, wackelte zwischen schwarf und unscharf. Und auch räumlich. Als ob der ganze Sensor wackelt. Und umso stärker sichtbar, je geringer die Schärfentiefe des jeweiligen Objektivs ist. Schaut man in die (ausgeschaltete) Kamera und bewegt sie etwas, schwingt der ganze Sensor über 1 cm hin und her, aber bleibt stehen, wenn man einschaltet. Ich habe mir das nie so geneau angesehen um jetzt zu wissen, ob das normal ist, aber die Bildqualität geht einfach nicht.

Da scheint die Sensoraufhängung im eingebauten Autofokus defekt zu sein.

Das ist jetzt Mist.

Noch 10 Tage Zeit und die Kamera ist kaputt.

Bei Nikon wäre ich direkt zum Nikon-Service gefahren. Bei Panasonic wird’s schwierig. Gestern abend im Web noch entdeckt, dass Panasonic so ein Servicezentrum für alles und jedes in Berlin hat, auch Mikrowelle, aber von Kameras sagen sie nichts. Nehmen sie wohl nur an und schicken das weiter. Anrufbar wieder ab Montag ab 9 Uhr.

Auch ansonsten macht einen die Webseite nicht schlau, außer der Ansage, dass sie Wochentags ab 8 Uhr erreichbar seien, Hotline und so.

Also rief ich heute um 8 an und bekam die Ansage, dass sie erst ab 9 erreichbar sind. Webseite unrichtig.

Um 9 hatte ich dann eine dran, die – weiß nicht mehr genau – in einem Callcenter in Ungarn oder Bulgarien oder sowas saß. Sie sprach zwar gut deutsch, aber sie sprach es nicht gut aus. Wie Piroschka mit Konsonanten auf Speed. Schnarrte da das r in Balkan-Slang bei extrem schnellem Geplapper und miserabler Tonqualität der Verbindung. Ich habe sie unterbrechen müssen (was schon nicht leicht war) um ihr zu sagen, dass sie mal etwas langsamer reden solle, damit man sie bei ihrer Aussprache noch versteht. Da war sie beleidigt. Dafür, dass sie in – weiß nicht mehr, Ungarn oder Bulgarien, so habe ich erfahren, wo die sitzen – arbeite spräche sie sehr gut Deutsch, meinte sie. Sprache ja, aber nicht Aussprache.

Nun, wie auch immer, Piroschka erklärte mir, dass ich dazu auf eine Webseite gehen und da ein Support-Ticket aufmachen müsse und sie mir den Link schickt.

Die Mail kam nicht. Die Seite habe ich aber auch so gefunden.

Ich fand sie sogar bemerkenswert schlecht.

Denn sie war nicht nur in Uralt-HTML-Stil, sondern die Eingaben waren einfach zu kurz. Aus einsatzbedingten Gründen wollte ich eine Firmenanschrift angeben, aber ein Feld für eine zusätzliche Adresszeile gibt’s nicht. Ich musste das c/o zum Nachnamen schreiben. Das ist nicht für andere als Privatadressen gedacht.

Für die Fehlerbeschreibung lassen sie einem nur 90 Zeichen. Also nicht mal Alt-Twitter.

Dann muss man noch auswählen, ob man die Kamera hinschickt oder abholen lässt, was sie Service nennen, aber nur der Paketbote von der Post ist. Weil da angezeigt wurde, dass der erst morgen kommen könnte, wähle ich Selbstversand.

Ja.

OK.

Ich bekomme eine Bearbeitungsnummer und ein Passwort, sonst nichts.

Und immerhin die Anschrift der Reparaturfirma im hohen Norden.

Ich versuche, beim Panasonic-Service in Berlin anzurufen, und nachdem e nun schon nach 9 war, waren die auch zweifellos da, da war nämlich immer nur besetzt.

Also rufe ich bei der Reparaturfirma im Norden an und frage, wie’s jetzt weitergeht und wie lange es dauern wird. Sie sagten, ich müsste mit der Eröffnung des Tickets eine Mail mit einer Paketmarke bekommen haben, damit solle ich es schicken. Nein, da kam keine Mail.

Und es sähe schlecht für mich aus. Denn wenn sie Ersatzteile bestellen müssten, dauere das in der Regel eine Woche, plus natürlich die ganzen Versandzeiten.

Ach Du Scheiße!

Die preisen ihre GH5 als das Profiwerkzeug und beste Video-Spiegellose auf dem Markt an, und haben nicht mal alle Ersatzteile vorrätig?

Plus Versandzeit?

So ein Schrott. Die Kamera kommt zu spät.

Ich versuche es trotzdem, vielleicht haben sie ja die Ersatzteile. Auf die Mail kann ich nicht länger warten, ich kaufe online bei der Post eine Paketmarke. Kostet, aber ich habe es eilig. Gleich auf dem Weg in die Arbeit bei der Post abgegeben.

Als ich bei der Arbeit angekommen bin, kommt auch die Mail mit der Paketmarke an. Der Header sagt, dass die Mail zwar gleich erzeugt wurde, als ich das Ticket aufgemacht habe, aber vor der Auslieferung noch eineinhalb Stunden auf dem Mailserver des Panasonic-Services reifen musste, bevor sie dann auch rausging.

Sorry, wenn ich das mal so direkt sage, aber: Das ist unprofessionell! Das ganze Ding stinkt von vorne bis hinten nach Amateur-Gefrickel.

Dass eine kaum benutzte, effektiv neuwertige und noch nie belastete Kamera schon defekt geht, ist auch kein Qualitätsmerkmal.

Jetzt überlege ich, was ich machen soll:

  • Eine zu mieten geht für den Einsatzweck nicht oder würde teurer als neu kaufen.
  • Einfach auf Verdacht eine zweite GH5 kaufen will ich nicht, denn die sind teuer und zwei brauche ich nicht.
  • Doch – entgegen meines Grolls – eine Nikon Z6? Geht nicht, die kommt frühestens Ende November auf den Markt.
  • Eine Idee wäre eine Blackmagic Pocket Cinema Kamera. Die ist zwar irgendwie grottig, verwendet aber die gleichen Objektive, soll sogar einer GH5s ebenbürtig sein und deutlich weniger kosten. Ist aber auch noch nicht verfügbar, kommt zu spät

Momentan kotzt mich das an. Da hat man eine teure – und eigentlich als robust und profitauglich bezeichnete – Kamera, für die ich gerade noch zwei Objektive gekauft habe, und wenn man sie dann mal braucht, geht sie ohne äußeren anlass kaputt und sie können keinen vernünftigen Support, keine Reparatur in definierter Zeit liefern.

Das ist nun wieder was, was eindeutig für Nikon und gegen Panasonic spricht. Der bessere Service und die robusteren Kameras.

Das ist umso grottiger, als Panasonic ja gerade eine Vollvormat-Version mit Leica-Bajonett angekündigt hat, die ganz sicher nicht billig wird und im Profi-Preissegment liegen soll.

Und dann so’n Scheiß Service?

Jetzt bin ich mal gespannt, ob sie überhaupt diese Woche etwas dazu sagen können. Und wann und in welchem Zustand ich die Kamera wieder bekomme.