Ansichten eines Informatikers

Die dummen Aspekte des ZDF

Hadmut
16.6.2018 1:44

Wenn Political Correctness und die Hatz auf Kolonialismus zu dummem Geschwätz führt.

Eben kam im ZDF wieder Aspekte, ein nie versiegender Quell zeitgeistiger und mainstreamiger Propaganda und Dummheit, gemacht von Leuten, die alles für wahr halten, was linker Zeitgeist ihnen so diktiert.

Gegen Ende geht es um Namibia und den Mord an den Nama und Herero, und einen Fotografen „Fotokünstler” namens Marc Erwin Babej, der dort eine Bilderserie gemacht hat (ziemlich gut, Fotografieren kann er), und meint, was ihn besonders betroffen gemacht habe (im Video ab 27:20) , sei das Massengrab in Swakopmund.

Die Gräber toter Schwarzer seien nur kleine Hügelchen, unter denen man sie einfach verscharrt habe. Noch schlimmer mache es aber, dass auf dem gleichen Areal ein gepflegter, schöner Friedhof für weiße Menschen sei.

„Das symbolisiert genau, worum es in dieser Arbeit geht. Das Überlegenheitsprinzip.”

[Stimme aus dem Off:] „Ein Prinzip, das mehr als 100 Jahre nach dem Völkermord noch immer seine Schatten wirft. Sollte es nicht endlich, so fragt der jüdische Fotokünstler Babej in seiner Arbeit, mit einer unmissverständlichen Geste überwunden werden?”

Was sagt man dazu?

Fake News.

Oder: Reisen bildet. Meistens jedenfalls.

Der Mann hat sich zwar damit beschäftigt, gutaussehende Frauen in knapper oder militärähnlicher Kleidung aufreizend vor Gräbern zu fotografieren, aber mit den Leuten vor Ort hat er offenbar nicht gesprochen.

Ich habe es im Blog schon unzählige Male erwähnt: Ich war zweimal in Afrika, einmal in Kapstadt und rund um Namibia, und einmal rund um Südafrika. Während der Namibiareise 2011 war ich auch einige Tage in Windhuk, bevor es mit der Busrundreise losging. Wie schon so oft erwähnt, habe ich während dieser Reisen mehr als ein halbes Dutzend Townships der Armen und Ärmsten dort besichtigt, und ich lege Wert auf die Feststellung, dass das nicht wie im Zoo ist, sondern dass die erstens davon leben, man wird nämlich immer nur von Bewohnern dieser Townships herumgeführt (und die wissen dann auch alles, können alles erklären, und das eben sehr authentisch), und zweitens von ihrer Mentalität ganz anders drauf sind als wir hier. Bei denen steht nämlich nicht die Scham über Armut im Vordergrund, sondern der Wille, zur Kenntnis genommen zu werden. Hier wären die Leute beleidigt, wenn man sie in ihrer Armut besucht. Dort sind sie beleidigt, wenn man sie nicht besucht, ihnen die Kenntnisnahme verweigert, und meint, man wäre etwas Besseres und hätte es nicht nötig, das zu betreten, wo sie leben müssen. Die Leute zu besuchen und auch ihre Häuser zu betreten, und seien sie noch so ärmlich, gilt dort als ein Akt der Anerkennung, des Beachtens und Zur-Kenntnis-Nehmens. Außerdem ist es für viele die einzige Einnahmequelle. Deshalb ist es eben üblich, dass wenn man einen der improvisierten Läden betritt, man irgendetwas kauft (gut und beliebt: Süßigkeiten, die man dann den Kindern schenkt, weil die sonst keine Chance haben, sowas zu bekommen) und beim Besuch von privaten Behausungen kommentarlos und so, dass die Leute ihre Würde wahren, etwas Geld auf den Tisch legt. Außerdem ist es eine willkommene Abwechslung, besonders die Kinder freuen sich unglaublich, wenn sie mal komische Fremde sehen oder einfach mal fotografiert werden.

Ich hatte also ein drei Tage in Windhuk, hatte das aber überschätzt, denn mehr als ein oder – mit Museen – zwei Tage kann man da auch nicht so wirklich spannend verbringen, in ein, zwei Tagen hat man gesehen, was es in der Innenstadt an wichtigem zu sehen gibt. In der – von einer Deutschen geführten – Herberge hing aber ein Flyer, auf dem jemand Township-Touren anbot, die so ungefähr einen dreiviertel Tag dauerten, mit Abholung direkt an der Unterkunft. Die Stadt ist kriminell und man kann sich nur sehr bedingt ungefährdet bewegen, aber die Herbergsmutter sagte, dass sie den kennt, und der sei völlig vertrauenswürdig. Ein Mann aus den Townships (und damit auch völlig außer Verdacht, deutschen Kolonialismus zu betreiben.) Also gebucht und am nächsten Tag holte der mich mit seinem Geländewagen ab, in dem schon zwei andere Touristen saßen. Der Mann war vertrauenswürdig, das Auto war es nicht. Ein Schrotthaufen, der genügt hätte, um hier 20 Autos durch den TÜV fallen zu lassen, aber dem Township eben angemessen. Und die Tour war gut und interessant (bis auf den Umstand, dass ausgerechnet ich auf dem Platz saß, an dem man die stark vom Staub verschmutzte Scheibe nicht mehr runterkurbeln konnte). Ich habe an diesem Tag Dinge gegessen (einschließlich gerösteter Larven und Insekten), die gruselig und eklig aussahen, von teils unangenehmer Konsistenz waren, unter nicht sehr überzeugenden hygienischen Umständen dargeboten wurden (man versicherte mir aber, dass es viel besser sei als es aussieht, weil die medizinischen Kontrollen bei ihnen streng seien und häufig, mindestens zwei bis dreimal pro Woche stattfänden), und die verblüffend gut geschmeckt haben. Ich hätte mir fast ein paar Schuhe gekauft, die aus alten, abgefahrenen Reifen und selbst direkt von der Schlachterei hergestelltem Leder gemacht worden waren, aber sie hatten gerade keine in meiner Größe.

Und auf dem Weg von der Herberge in dieses Township machten wir halt an einem Friedhof, der direkt neben der Hauptstraße lag. Um ihn zu besichtigen, und weil der Fahrer uns einiges erklären wollte. Vor diesem Friedhof saß übrigens die Herero-Frau, deren Portrait ich hier jahrelang im Blog hatte, das habe ich am Eingang des Friedhofs auf dem Weg vom Auto zu den Gräbern gemacht.

Ich würde diesen Friedhof beim besten Willen nicht mehr finden, zumal das inzwischen 7 Jahre her ist, die Orientierung dort schwer fällt, weil alles gleich aussieht, ich da ja noch nie war, und mich außerdem mit dem Fahrer unterhalten habe, statt auf den Weg zu achten. Ich führe aber auf Reisen stets einen GPS-Empfänger mit Tracker mit mir, damit ich auch Jahre später noch genau weiß, wann ich wo war und wo ich welches Foto gemacht habe. Ich habe gerade mal nachgesehen, es war der „Old Cemetery”, und ich bitte den Leser, sich den in der Satellitenansicht auf GoogleMaps anzuschauen.

Der Fahrer nämlich hatte uns mit Absicht auf diesen Friedhof gebracht. Er sagte, dass es ein Friedhof nur für Schwarze und nur von Schwarzen betrieben sei, eben „ihr” Friedhof, und er uns den Unterschied zu den Friedhöfen der Weißen zeigen wollte.

Wir standen da etwas irritiert herum, denn auf dem Friedhof gab es nichts zu sehen. Ich treibe mich gelegentlich auf Reisen auch mal auf Friedhöfen herum, weil es in manchen Ländern überaus interessante und imposante Grabsteine gibt, manchmal aber auch das Morbide des Verfalls seine Bildwirkung hat.

Nur da: Da gab es nichts. Im Prinzip eine Sandwüste, etwas Geröll, einige wenige Bäume, die auch eher zufällig herumstanden, so ein paar leichte Andeutungen von Wegen und Einteilungen in rechteckige Bereiche, aber so in direkter Sichtweite, wenn ich mich jetzt recht erinnere, nur ein Grabstein und ein vergammeltes Holzkreuz. Sonst nichts. Einfach nur so eine unebene Sand- und Schotterebene. Keine Grabsteine, keine Blumen, einfach nichts. Als wäre da seit 500 Jahren niemand mehr begraben worden.

Doch, doch, meinte der, der sei noch in Betrieb und Gebrauch, hier würden ständig neue Tote begraben.

Ja, aber wo sind denn die Gräber?

Hier sind die Gräber. Wir stehen mittendrin.

Der hatte uns da nämlich zu einem Zwischenstopp abgeladen, um uns kulturelle Unterschiede zu zeigen. Er meinte, die Weißen würden ihre Toten mit allem Gedöns bestatten, Gräber pflegen, teure Grabsteine, Friedhofsgärtner und so weiter, und das dann jahrelang besuchen.

Sowas gäbe es bei ihnen nicht. Sie würden den Tod völlig anders betrachten als Weiße und überhaupt nicht damit hadern, ihn anzuerkennen oder jemand im übertragenen Sinne nicht sterben zu lassen. Wenn bei ihnen jemand stirbt, ist die Verbindung zu dem beendet. Man behält ihn in Erinnerung, aber die Leiche ist völlig uninteressant, wird als wertloser Abfall, von manchen Hexereigläubigen auch als etwas Schlechtes angesehen. Man geht als Verwandter oder sehr enger Freund vielleicht noch zur Beerdigung, aber auch die ist schmucklos und nüchtern, die Leute werden vergraben und das war’s. Ende und aus. Die Angehörigen und Beerdigungsgäste würden da nie wieder auftauchen, kein Mensch wüsste, was er dort solle. Und obwohl es ein großer Friedhof war, der noch voll in Betrieb war, war da außer uns einfach niemand. Deshalb legten sie da auch keine Gräber an, hätten keine Gärtner, keine Grabsteine, schon gar kein Wasser zu vergeuden, das wäre für sie alles nur Verschwendung. Niemand interessiere sich dort für Gräber, und er würde auch nur hinfahren, weil er eben Rundfahrten für Weiße anbietet und den Anspruch hat, ihre Lebensweise vorzustellen, besonders eben die Unterschiede. Der Tod sei für sie etwas anderes als für Weiße, sie gingen damit völlig anders um. Wenn jemand stirbt, ist die Leiche wert- und bedeutungslos. Ein Friedhof hat für sie einen Stellenwert ähnlich wie eine Müllhalde, und niemand hätte außerhalb des Beerdigungsvorgangs einen Grund, sich darum zu kümmern oder ihn zu betreten. Sie hätten einfach keinen Totenkult. Tot ist tot, fertig und aus. Wenn einer stirbt, hat es sich einfach erledigt. Ihnen fehle es schlicht an der religiösen Komponente, sich mit Toten zu befassen. Sie würden sich nur um die Lebenden kümmern.

Eine meiner Auffassung entsprechende Sichtweise.

Und jetzt kommen die von ZDF Aspekte mit ihrem komischen Fotografen, und erklären nun, die unterschiedliche Friedhofsgestaltung sei Ausfluss eines seit über 100 Jahren bestehenden „Überlegenheitsprinzips” und des Kolonialismus, das endlich überwunden werden müsse.

Ist das nicht strunzdumm? Oberflächlich? Verlogen?

Vor allem: Ist es nicht kolonialistisch zu unterstellen, dass Afrikaner unsere Bestattungskultur zu übernehmen hätten, dass wir sie ihnen aufdrücken müssten, dass sie sich uns gleich zu benehmen hätten um gleichgestellt zu sein?

Der Kolonialismus lebt, er besteht fort. In Form der Dummheit, Ignoranz und der Kulturdiktate des ZDF. Die Arroganz und Überheblichkeit zu glauben, dass ein nach europäischen Sitten Begrabener eine gute Leiche, und ein nach afrikanischen Gepflogenheiten Bestatteter eine schlechte Leiche sei.

Dass also ein nach europäischer Sitte Bestatter besser und wertvoller als ein nach afrikanischer Sitte Bestatter sei. Deshalb will man im Jahr 2018 den Namibiern europäische Bestattungssitten aufzwingen.

Und die wagen es, andere als Kolonialisten hinzustellen und ihnen ein „Überlegenheitsprinzip” vorzuwerfen?

Dumheit im ZDF, aus Zwangsgebühren bezahlt. Und sie kommen sich überlegen, moralisch erhoben vor.